Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
Schweitzer hatte seine Kochkünste in puncto Rindergoulasch mit Semmelknödeln zum Gelingen des Abends beigesteuert, während seine Liebste eine ausreichende Portion – er hatte sehr zu seinem Gusto zwei Mal Nachschlag bekommen – Zimt-Natilla gezaubert hatte. Der Pinot Grigio war vollständig geleert, nur vom Rosso Veneto war noch ein kleiner Rest übrig. Als Dessert zum Dessert hatte es noch Jubiläumssex gegeben. Nicht zu wild, denn die Alterszipperlein verhinderten allzu Akrobatisches.
Hernach hatten sie sich noch ein Weilchen erholt und dann ein Taxi bestellt. Ihr persönlicher Stammchauffeur Ferdi S. kutschierte sie runter zum Weinfaß, ihr gemeinsames Stammlokal seit vielen Jahren.
„Du kommst doch nachher auch noch“, sagte Herr Schweitzer beim Bezahlen. „Wir feiern unser 10-Jähriges und alle Getränke gehen auf uns.“
„Au fein, ich mach nur die 200 noch voll, dann stell ich die Kiste ab. Wie lange soll’s denn gehen?“
„Bis Bertha uns rausschmeißt.“
„So lange? Dann kann ich ja danach direkt zur Frühmesse.“
„Logo, bis später dann.“
Was sofort ins Auge sprang: Die feuchtfröhliche Gesellschaft musste schon länger zugange sein. Und fast alle waren der Einladung gefolgt. Weizenwetter, beim Trinken stets ein Aktivposten, dem anzusehen war, dass er schon mehrere Weizengläser trockengelegt hatte. Buddha Semmler, der skurrile Ebbelwoi-Wirt mit dem kleinen Bäuchlein. Odilo und Frederik, die beiden Streifenpolizisten, im Stadtteil bekannt wie bunte Hunde. Oberkommissar Schmidt-Schmitt. Felix Melibocus, auf der Jagd nach den neuesten Informationen direkt neben Mischa. Moni und Adam vom Bembelparadies. Helmut vom Eichkatzerl. Selbst Giorgio-Abdul, Herrn Schweitzers Dealer, hatte sich das erste Mal hierher verirrt. Und Bertha natürlich, die wohl älteste Wirtin Sachsenhausens, die mit dem großen Schlappmaul. Diese allerdings war mächtig im Stress und kam mit dem Nachschenken kaum nach. Nur sporadisch konnte sie nebenbei mal an ihrem Weinchen nippen. Allerdings hatte sich Buddha Semmler bereit erklärt, zu späterer Stunde den Ausschank zu übernehmen, so dass auch Bertha noch auf ihre Kosten kommen sollte. Dem Ebbelwoi-Wirt eilte der Ruf voraus, egal in welchem Zustand, keine Bestellungen zu vergessen. Eigentlich fehlte nur Marias Freundin Karin, die man aber vor drei Wochen, und das war absehbar, in die Klapse eingeliefert hatte, nachdem sie in lila Spitzenunterwäsche und einer Nikolausmütze mitten auf dem Schweizer Platz den nahenden Weltuntergang prophezeit hatte. Komisch war sie schon immer gewesen, die Karin, aber wer ist das nicht? Trotz intensiver Bemühungen konnte Maria den überbordenden Tabletten- und Alkoholgenuss ihrer Freundin nicht eindämmen, so dass es zwangsläufig zum Desaster kommen musste. Doch Karin war in guten Händen. Maria besuchte sie oft in dieser renommierten Privatklinik im Odenwald.
Natürlich, wie sollte es auch anders sein, war das große Thema des Abends die dahingemeuchelte Schrumpelleiche aus Monis Backofen. Da sich Schmidt-Schmitt diesbezüglich wortkarg und bedeckt gab, schossen die Vermutungen nur so im Raum herum.
„Sag mal, Mischa“, fragte Melibocus. „Kann man bei einemToten in diesem Zustand eigentlich noch den Todeszeitpunkt bestimmen? Leichenstarre geht ja nicht bei all der Hitze.“
Mischa schwieg.
Buddha Semmler: „Klar geht das. Die Leiche kann ja trotzdem hart gewesen sein und hätte somit gar nicht komplett in die Bratröhre gepasst. Das ist wie mit Spaghetti.“
„Wie? Spaghetti?“ Herr Schweitzer war irritiert.
„Na ja, wenn dein Topf zum Beispiel zu klein ist, kannste die Spaghetti nicht reintun, ohne sie zu zerbrechen. Und jetzt nimm mal eine Leiche mit Starre und versuche, sie in einen zu kleinen Ofen zu schieben. Siehste, geht nicht. Es sei denn, du schiebst erst die Beine rein und wartest, bis sie warm und geschmeidig sind. Dann kannst du sie quasi knicken, ohne dass sie gleich zersplittern. Und dann peu à peu den ganzen Rest hinterher. Aber immer schön vorsichtig. Wie bei Spaghetti eben.“ Buddha Semmler pustete auf seine Fingernägel.
„Interessanter Aspekt“, knurrte der Oberkommissar. „Muss ich gleich morgen beim Statusmeeting erzählen. Die von der Gerichtsmedizin werden auch begeistert sein.“
„Der Finger“, ließ Melibocus nicht locker, „ist doch ein Glücksfall. Ich meine, es hätte ja auch die Nase abgequetscht …“
„Oh“, meldete sich nun Weizenwetter zu Wort. „Von der Nase
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