Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
hier im braunen Lederboden ist das kleine Auge für die Kamera und hier der Knopf zum Ein- und Ausschalten.“
„Geht doch“, lobte Herr Schweitzer.
Maria nahm den Sack in die Hände und begutachtete ihn von allen Seiten. „Toll. Mit dem stabilen Boden fällt er auch nicht um. Geradezu ideal für unsere Zwecke.“
Doch Mischa war noch nicht fertig. „Hier, Simon, sind noch zwei Chips. Falls die wieder so uninteressantes Zeug babbeln wie gestern, kannst du die selbstständig austauschen. Da können wir uns den Weg zu dir zum Wechseln gleich sparen.“
„War da wirklich nicht Interessantes drauf? Wir haben ja nicht alles mitbekommen.“
„Wie man’s nimmt. Wenn man sich für die Hessischen Rudermeisterschaften kommendes Wochenende interessiert …“
„Nö, lass mal“, stoppte ihn Herr Schweitzer. „Sag mir lieber, wie ich die Chips austausche.“
„Nö“, begann auch Maria. „Besser, du zeigst es mir. Simon ist noch imstande, das wertvolle Zeug zu Schrott zu verarbeiten. Hat er dir schon erzählt, wie er letzten Frühling an seinem Twingo die Winterreifen …“
„Pst“, intervenierte Herr Schweitzer. Sein Kumpel musste ja nicht wirklich wissen, dass der Wagenheber die Verankerung am Bodenblech für immer unbrauchbar verzogen hatte, nur weil irgendwer – er selbst? – vergessen hatte, vorher die Handbremse zu ziehen. Schon komisch, wie wenig es braucht, damit sich so ein Auto selbstständig in Bewegung setzt. „Mischa interessiert sich bestimmt nicht für meine Winterreifen.“
„Och“, flötete der Oberkommissar mit gespitzten Ohren, „wenn ich selbst entscheiden könnte …“
„Nein, kannst du nicht“, entschied Herr Schweitzer stattdessen.
Doch Maria schickte mit einem maliziösen Lächeln „Ich sag nur Handbremse“ hinterher.
Nach drei Sekunden fügte sie noch schelmisch „Hihi“ hinzu.
Und erntete hierfür einen bitterbösen Blick seitens ihres Liebsten.
Schmidt-Schmidt: „Du willst doch nicht allen Ernstes behaupten, du wolltest die Reifen wechseln, ohne vorher …“
Doch Herr Schweitzer war einer der gewieftesten Taktiker weltweit, wenn es um unauffällige Themenwechsel ging: „Wusstet ihr schon, dass bereits die Inkas so eine Art Fußball spielten, bei der alle Spieler der Verlierermannschaft nachher geköpft wurden?“
Ganz schön clever, der Herr Schweitzer.
Doch nicht clever genug.
Denn Maria und Mischa unisono: „Was hat das mit der Handbremse zu tun?“
„Ist mir gerade so eingefallen“, verteidigte sich der Sachsenhäuser Detektiv.
„Du hast also die Handbremse nicht angezogen“, streute derOberkommissar noch eine Prise Salz in die offene Wunde. „Ich schätze mal, dein Auto hat dann einen Satz nach hinten gemacht und alles verbogen. Richtig?“
„Falsch.“ Das Auto hatte einen Satz nach vorne gemacht. Der Twingo stand nämlich in der Garageneinfahrt mit der Schnauze zur Straße. Und war dann noch bis auf die Fahrbahn gerollt, die zum Glück – im Unglück – frei von Verkehr war. Aber man musste dem Herrn Oberkommissar ja nicht alles auf die Nase binden.
„Dann halt nach vorne. Von mir aus. Das Rad ist dir dabei nicht zufällig auf die Füße geknallt?“
„Pah“, beendete Herr Schweitzer das Thema.
„Übrigens, so ganz sollten wir die Rudermeisterschaften nicht außer Acht lassen. Dieser Mike Chavez, der war gestern nicht mit von der Partie, ist für Sebastian deWitte in den Vierer aufgerückt. Letztes Jahr haben die den ersten Platz nur um eine Zehntel verpasst. Mord aus sportlicher Rivalität. Wäre ein Motiv, zum Beispiel.“
Froh, sich nicht weiter mit vernachlässigten Handbremsen auseinandersetzen zu müssen, sagte Herr Schweitzer: „Meinst du? Gibt es so was überhaupt?“
„Mein lieber Simon. Du bist doch inzwischen alt genug, um zu wissen, dass es nichts gibt, was es nicht gibt.“
„Na ja, bei einer Goldmedaille bei Olympia, okay, aber doch nicht bei so popeligen Regionalwettkämpfen.“
„Ich wollt’s nur gesagt haben“, erklärte Schmidt-Schmitt. „Nicht dass es später wieder heißt, du wüsstest von nix.“
„Okay, ich behalt’s im Hinterkopf.“
Eine neue Spur
Anglo-Sports. Derselbe Tisch. Dieselbe Uhrzeit. Maria wollte heute nichts vom Alkohol wissen.
Auch wenn viele Hessen meinen, Ebbelwoi sei kein Alkohol, sondern ein Grundnahrungsmittel, dessen Verweigerung oder künstlicheVerknappung den ansonsten eher gemütlichen Einheimischen schon mal an den Rand eines Aufstandes bringen konnte.
Das sah auch
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