Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
grauenvolle, perverse Art unvollständigwaren … diese und noch andere schreckliche Wesen -jene vierfüßigen Chimären mit den Affengesichtern und dem vorspringendem Hörn… und bislang noch kein Laut in dieser salpeterverkrusteten unterirdischen Hölle …
    Doch dann kam ein Geräusch, ein Schlurfen, ein Tappen, ein stumpfes, sich näherndes Geräusch, das ohne Zweifel von einem Wesen herrührte, das ebenso handfest und stofflich sein mußte wie die Spitzhacke und die Schaufel, etwas, das ganz anders war als die Schatten, die mich umringten, das aber ebenso weit vom Leben entfernt war, vom Leben, wie man es auf der Oberfläche der guten alten Erde kannte. Mit den kläglichen Resten meines Verstandes versuchte ich, mich auf das vorzubereiten, was da kam, doch ich konnte mir kein Bild davon machen. Ich konnte mir nur immer wieder sagen: »Es kommt aus dem Schlund, aber es ist
    nichtentmaterialisiert.« Das Tappen wurde deutlicher, und die monotone
    Gleichmäßigkeit sagte mir, daß es sich um ein totes Ding handelte, das da im Dunkeln schlich. Und dann, oh Gott, sah ich es im Licht meiner Taschenlampe, sah es umrahmt wie einen Wächter in dem schmalen Gang zwischen den NachtmahrBildern der Schlange Yig und des Kraken Tulu …
    Ich muß mich erst fassen, um hier anzudeuten, was ich sah, um zu erklären, warum ich Lampe und Tasche fallenließ und mit leeren Händen in die pechschwarze Finsternis floh, eingehüllt in barmherzige Bewußtlosigkeit, die erst verschwand, als die Sonne und das ferne Rufen aus dem Dorf mich weckten, als ich keuchend auf dem verfluchten Hügel lag. Ich weiß noch immer nicht, was mich wieder an die Erdoberfläche führte. Ich weiß nur, daß die Zuschauer in Binger mich wieder
    auftauchen sahen, drei Stunden, nachdem ich verschwunden war, mich
    herauftaumeln und wie von einer Kugel getroffen zu Boden stürzen sahen. Keiner von ihnen wagte es, mir zu Hilfe zu kommen, aber sie wußten, daß ich in einem schlechten Zustand sein mußte, und so versuchten sie, mich zu wecken, indem sie im Chor schrien und ihre Revolver abfeuerten.
    Sie hatten schließlich Erfolg damit, und als ich zu mir gekommen war, ließ ich mich fast den Abhang des Hügels hinunterrollen, so eilig hatte ich es, von dieser immer noch klaffenden, Schwarzen Öffnung wegzukommen. Meine Taschenlampe, meine Werkzeuge und die Tasche mit dem Manuskript waren unten geblieben, aber man wird verstehen, warum weder ich noch sonst jemand sie heraufholen wollte. Als ich ins Dorf gewankt kam, wagte ich niemandem zu sagen, was ich gesehen hatte. Ich stammelte nur zusammenhangloses Zeug über Reliefs und Statuen und Schlangen und zerrüttete Nerven, aber ich wurde nicht mehr ohnmächtig, bis irgend jemand erwähnte, daß der geisterhafte Wächter ungefähr zu der Zeit wieder aufgetaucht sei, als ich den halben Weg bis zum Dorf zurückgelegt hatte. Ich verließ Binger noch am selben Abend und bin nie mehr dort gewesen, aber wie ich höre, erscheinen die Geister dort immer noch wie gewohnt auf dem Hügel.
    Aber ich habe mich entschlossen, hier nun endlich anzudeuten, was ich den Leuten von Binger an jenem schrecklichen Augustnachmittag nicht sagen wollte. Ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll und falls Sie hinterher meine Zurückhaltung für merkwürdig halten, sollten Sie daran denken, daß es zweierlei ist, ob man sich solch entsetzliche Dinge vorstellt oder sie mit eigenen Augen sieht.Ich sah sie. Ich denke, Sie werden sich erinnern, daß ich zu Beginn der Erzählung einen vielversprechenden jungen Mann namens Heaton erwähnte, der eines Tages im Jahre 1891 auf diesen Hügel ging und des Nachts als Dorfidiot wiederkam und acht Jahre lang von schrecklichen Dingen faselte und dann in einem epileptischen Anfall starb. Was er immer vor sich hin stöhnte, war: »Dieser Weiße — oh, Gott, was sie dem angetan haben …«
    Nun, ich sah dasselbe Ding, das der arme Heaton gesehen hatte,und ich sah es, nachdem ich das Manuskript gelesen hatte und deshalb mehr über seine Geschichte wußte als er. Das macht es noch schlimmer, denn ich weiß auch, was es
    bedeutet,was dort drunten noch alles brütet und schwärt und wartet. Ich sagte, das Ding sei mit mechanischen Schritten aus dem schmalen Gang auf mich zugekommen, und unter der Pforte, zwischen den schrecklichen Bildern von Yig und Tulu, wie ein Wächter stehengeblieben. Das war ganz natürlich und unausweichlich, denn das Ding war ein Wächter. Es war zur Strafe zum Wächter gemacht worden, und

Weitere Kostenlose Bücher