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Das Grauen in den Bergen

Das Grauen in den Bergen

Titel: Das Grauen in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Ink
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Knurren vernehmen. Er musste ganz in der Nähe sein.
    Die Zunge wollte mir nicht recht gehorchen, als ich fragte: »Was … was haben Sie … vor?«
    Langsam klärten sich meine Sinne und mir wurde klar, dass ich an ein Bett gefesselt war. Die Möbel und Wände ringsum waren mir unbekannt, daher schlussfolgerte ich, dass ich mich im Schlafzimmer der Alten befand.
    »Is‘ das nicht off’nsichtlich?« Sie lachte schrill und kratzig. »Zu Ende bring’n, was Sie nich‘ tun konnten, das werd‘ ich. Das Haus verbrenn’n, damit‘s endlich vorbei ist.«
    »Ich … ich dachte, Sie … können nicht …« Jedes Wort glich einem tonnenschweren Stein, den ich emporstemmen musste.
    Mrs. Pickman lächelte schief. In ihren Augen war ein ungesundes Glimmen, das mich schaudern ließ. »Ja, Se ham recht, junger Mann. Nur zu recht. Ich darf nix mach’n, was der Sache hier schadet. Aber ich hab schon so viel verloren, so viel hat’s mir genommen … und seit Sie im Dorf sind, singt’s wieder zu mir! Ich hatt‘ gehofft, ‘s wär ausgestand’n, aber jetzt weiß ich, dass es nie zufrieden sein wird. ‘s wird weiterfressen, bis es alles gehabt hat, und das werd‘ ich nicht zulassen. Die Sache endet heut Nacht, dafür sorg‘ ich! Und wenn’s getan ist, lass ich Sie geh‘n.«
    »Mrs. Pickman … bitte … nicht …«
    »Sie könn‘ jammern, soviel Se woll’n. Ich weiß, dass Se mir später noch dafür danken werd’n. Ich werd‘ alles vernichten – und hiermit fang‘ ich an!«
    Sie wandte sich ab, ging ein paar Schritte, hob etwas auf und kehrte ans Bett zurück.
    »Sagen Se lebwohl zu dem Ding.«
    »Nein!«, brüllte ich, als mir klar wurde, dass sie das Buch meines Vaters in Händen hielt. »Nein, Sie … haben geschworen …«
    »Hier sind Ding‘ gescheh‘n, die so schlimm sind, dass ein gebroch’ner Schwur dagegen nicht schwer wiegt.«
    Sie umfasste das Buch fester und schlurfte aus dem Raum hinaus. Ich wusste, dass sich hinter der Tür die Wohnstube mit dem Kamin anschloss und schrie verzweifelt: »Nein, Mrs. Pickman! Tun … Sie das nicht! Ich … ich flehe Sie an!«
    Ein dumpfes Geräusch antwortete mir; der Klang von etwas Großem, das zwischen brennende Holzscheite fiel.
    »NEEEEEIN!«
    Siedend heiße Tränen schossen mir in die Augen. Ich schrie wie von Sinnen und gebärdete mich wie ein Besessener. Wut gab mir die Kontrolle über meine Zunge zurück: »Ich bring‘ Sie um, Sie verdammtes Hexenweib! Ich werde mich befreien und dann sind Sie es, die im Feuer landet!«
    Ich bäumte mich auf, zerrte an den Fesseln. Die Stricke schnitten mir schmerzhaft in die Handgelenke, Holz knarrte, ein angestrengtes Zischen entstieg meiner Kehle. Doch die Seile gaben nicht nach.
    Mit einem Satz sprang der Hund auf das Bett. Er landete auf mir, bellte mich an und schnappte nach meinem Gesicht.
    »So ist’s recht, Boxer«, lobte ihn die alte Vettel von der Tür her. »Zeig‘ ihm, wer das Sag’n hat, wenn er aufmüpfig wird.«
    »Nehmen Sie dieses Monster von mir herunter«, forderte ich, während ich versuchte, den zubeißenden Kiefern auszuweichen.
    »Er geht ganz von allein, wenn Se sich beruhigt ham. Mein Boxer is’n guter Hund, und er tut, was ich ihm sag. Also sei’n Se vernünftig, dann passiert Ihnen nix. Ich werd‘ jetzt geh‘n. ‘s gibt noch mehr anzustecken in diesem Dorf.«
    Speichel tropfte mir ins Gesicht, als sich Mrs. Pickmans Schritte entfernten. Ich bäumte mich noch zwei-, dreimal auf, dann sah ich es ein und ergab mich in mein Schicksal. Boxer beruhigte sich und stieg vom Bett herunter.
    Tränen rannen über meine Wangen. Der Geruch von brennendem Papier verteilte sich im Haus.
     
    ***
     
    Es wurde dunkel, während ich, zur Untätigkeit verdammt, auf die Rückkehr der Alten wartete. Zu meiner Linken befand sich ein Fenster, durch das die letzen Reste trüben Tageslichts zu mir herabsickerten. Schon bald versiegte dieses Rinnsal und hinter der Scheibe breitete sich neblige Nacht aus. Von der Tür her floss etwas flackernder Schein in den Raum, doch der Großteil meines Gefängnisses war stockfinster. Einzig die Augen des Hundes hingen wie bedrohliche Elmsfeuer inmitten der Schwärze.
    Ich war dermaßen aufgewühlt, dass ich unmöglich sagen kann, welche Zeitspanne verstrich. Doch irgendwann fand eine Veränderung statt, die Dunkelheit wurde zurückgedrängt. Meine Gedärme krampften sich zusammen, als mir klar wurde, dass Mrs. Pickman ihren abscheulichen Plan tatsächlich in die Tat umgesetzt

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