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Das Grauen in den Bergen

Das Grauen in den Bergen

Titel: Das Grauen in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Ink
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Meter, dem Rind hinterher. Ich kam an Mrs. Pickman vorbei.
    »Sie? Was woll’n Sie denn hier? Verschwind’n Se, rasch!«
    Ich ignorierte sie. Das dort vorne … es sah aus wie die Mauer einer Burg. Geschichtete Steine, unterbrochen von Erkern und Zinnen … und da, dort glänzte Messing. Wie eine seltsame Antenne stach mir aus mehreren Metern Höhe ein Metallgebilde entgegen. Weiter hinten … noch mehr Mauern. Und Wände. Winzige Fenster, scheinbar wahllos verteilt. Dazwischen Metallpfeiler und Stangen, als habe jemand mit eisernen Zahnstochern Kastanientiere bauen wollen. Ich sah eine Treppe, die mehrere Meter über mir im Nichts begann und ein Stück links von mir im Nichts endete. Türen, an den unmöglichsten Stellen hineingesetzt. Terrassen, die sich ohne Ordnung übereinander türmten. Schiefe Winkel, soweit der Nebel einen Blick gewährte.
    So etwas konnte es nicht geben. Während ich mit offenem Mund diesen kleinen Teil des Konstrukts begaffte, erreichte die Kuh ihr Ziel: Eine Toröffnung auf Bodenhöhe. Sie trottete hinein, worauf hinter ihr ein Fallgitter herabschoss. Mit lautem Getöse prallte es auf die Steine und sperrte das Tier ein.
    Plötzlich lag eine Hand auf meiner Schulter. Ich erschrak und schrie laut auf.
    »Sie können’s einfach nicht lassen, wie? Dann seh‘n Se eben zu, beobachten Se, wozu Sie und ihre Ahnen mich getrieb’n ham!«
    »Was geschieht mit dem Tier?«
    »Schau’n Se einfach hin, Mister, dann sehen Se’s.«
    Die Kuh war beinahe außer Sicht, als sich hinter dem Fallgitter eine Art Schleuse öffnete. Grüne Flüssigkeit flutete den Gang und spülte über das Rind hinweg. Nun blökte es wieder. Oh ja, es blökte. Dampf stieg von der triefenden Gestalt auf, während sie wie rasend brüllte. Ich musste an Verbrennungen durch heiße Flüssigkeiten oder Säure denken und unterdrückte nur mit Mühe ein Würgen. Es stand außer Zweifel, dass die Kuh fürchterliche Qualen litt.
    »Um Gottes willen, was geht dort vor?«
    »Is‘ Ihnen das denn nich‘ klar? Seh‘n Se denn nicht, was das Ding tut? Immerhin geht’s diesmal recht schnell. Ich hab schon Viecher geseh‘n, die’s ganz langsam zerlegt hat, über Tage.«
    Nebel und Dampf vermischten sich zu einem blickdichten Schleier. Ich glaubte, darunter an manchen Stellen Knochen und Muskelfleisch zu sehen, war mir dessen aber nicht sicher. Dem Geschrei des Tiers ging alles Natürliche ab. Hätte ich nicht gewusst, dass es von einer Kuh stammte, ich hätte es niemals zuzuordnen vermocht.
    Voller Entsetzen lauschte ich dem Todeskampf. Ich war unfähig, mich zu rühren. Stattdessen bewegte sich mit einem Mal das Konstrukt. Unter lautem Knirschen und Quietschen kippte die Mauer von mir weg. Ich dachte zuerst, sie würde umfallen, doch dann kam darunter die nächste Wand aus Stein zum Vorschein. Der Raum wurde nach hinten gedreht, als würde man einen Holzklotz umstoßen. Staub wirbelte auf, als sich mit ohrenbetäubendem Getöse weitere Bauteile in mein Blickfeld schoben. Das obere Ende eines Turms rotierte gemächlich vorbei, angetrieben von metallischen Stützen. Türen öffneten und schlossen sich, während sie an mir vorbei transportiert wurden, als wolle mir das Ding eine Botschaft im Morse-Code übermitteln. Als sich etwas von oben her näherte, gab mir der Überlebensinstinkt die Befehlsgewalt über den Bewegungsapparat zurück. Schnell sprang ich zwei, drei Sätze zurück und riss Mrs. Pickman mit mir. Eine Sekunde später bebte die Erde, als dort, wo ich eben noch gestanden hatte, ein Gebäudeflügel mit dem Boden kollidierte. Er stand schief, hatte nur mit einer Kante Kontakt zum Untergrund. Und dennoch stand er. Ein einzelnes Tor starrte uns entgegen. Während ich den Blick erwiderte, öffnete es sich und eine hölzerne Zugbrücke klappte rasselnd herab. Sie war ebenso schief wie der Rest des Gebäudeteils, doch man konnte sie betreten. Und dahinter, im Inneren, lag … etwas.
    »Boxer!«, rief Mrs. Pickman aus und riss sich los. »‘s lässt ihn geh’n!«
    Sie rannte die Zugbrücke empor. Es grenzte an ein Wunder, dass sie das Gleichgewicht wahrte und sich nicht sämtliche Knochen brach. »Boxer! Boxer! Mein Gott, was hat’s dir angetan?«
    Ich musste es sehen. Nun war ich so weit gekommen, da würde ich diesen Schritt ebenfalls wagen. Angst und fiebrige Erregung rangen in mir, als ich über die Holzbohlen eilte.
    Hinter dem Tor begann ein steinerner Bogengang. Die Alte kniete darin und weinte. Vor ihr lag das, was von

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