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Das große Buch der Lebenskunst

Titel: Das große Buch der Lebenskunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün
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selbst sorgt. Was heißt
     das – in einer Gesellschaft, die sich selbst als »Risikogesellschaft« bezeichnet und in der die Versicherungsbranche mit ihren »Rundum-sorglos-Angeboten«
     boomt? Und ist nicht alles auch eine Frage der Verantwortung? Der Familienvater muss für seine Familie sorgen, damit die Kinder studieren können oder eine
     Ausbildung bekommen. Jeder muss für das Alter vorsorgen. Ist die Forderung Jesu also unrealistisch? Jesus will sicher nicht, dass wir nur in den Tag
     hinein leben und keine Verantwortung für unser Leben übernehmen. Aber er lädt uns zu einer anderenSichtweise ein, wenn er einlädt,
     unser Leben in Dankbarkeit zu verbringen und im Vertrauen, dass Gott für uns sorgt. Als Grund gibt er an: »Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein
     Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern?« (Mt 6,27) Lebe dein Leben im Einklang mit dir und mit Gott. Dann wird es ein gutes Leben.
Durch das Schlüsselloch
    V erdrängen hilft in der Regel nicht. Man kann zwar versuchen, die Tür hinter den Problemen zuzumachen,
     aber das nützt nichts. Goethe hat das sehr genau gesehen: »Die Sorge, sie schleicht sich durchs Schlüsselloch ein.« Es ist nicht so leicht, sich vor der
     Sorge zu schützen. Ich kann versuchen, mit dem Verstand die Sorgen, die ich mir etwa um die Reise meines Freundes mache, zu vertreiben. Ich kann die
     Kinder loslassen und mit ihnen die Sorgen um sie. Doch die Sorge lässt sich nicht so leicht wegwischen. Wenn ich glaube, ich hätte die Türen meines
     Lebenshauses vor der Sorge gut verschlossen, so schleicht sie sich durchs Schlüsselloch wieder ein. Ich überlasse am Abend meine Sorgen Gott. Doch wenn
     ich morgens aufwache, ist die Sorge wieder da. Sie hat sich vielleicht heimlich im Traum in mich ein geschlichen. Es gibt solche Einfallschneisen oder
     »Schlüssellöcher, durch die unsere Seele zugänglich und offen ist. Ich kann die Sorge nicht ein für alle mal aussperren. Ich muss sie immer wieder bitten,
     mein Haus zu verlassen. Aber ich weiß, ich werde sie nie ganz los. Vielleicht hilft es, die Perspektive zu wechseln?
    Goethe zeigt in folgendem Doppelvers eine andere Sichtweise über die Sorge:
    »Willst du mich nicht glücklich lassen,
    Sorge, nun so mach mich klug.«
    Dahinter steht die Erfahrung: Die Sorge lässt mich mein Glück nicht genießen. Da ich sie nie ganz ausschließen kann aus dem Haus
     meiner Seele, soll sie wenigstens eine positive Aufgabe in meinem Seelenhaushalt übernehmen. Sie soll mir Klugheit schenken. Die Sorge kann mich lehren,
     gut aufzupassen, dass meinLebensglück nicht zerstört wird. Wenn die Sorge mich zur Klugheit führt, dann hat sie ihre Lebensaufgabe
     erfüllt. Sie erinnert mich immer wieder daran, mein Lebenshaus auf festen Grund zu bauen und nicht auf den Sand von Illusionen. Das ist übrigens für Jesus
     der Sinn der Klugheit. Der kluge Mann baut sein Haus auf den Felsen und nicht auf den Sand. Die Sorge war für Goethe offensichtlich die Lehrmeisterin der
     Klugheit. Wir können von ihm lernen, wenn die Sorgen wieder einmal vor unserer Tür – oder schon mitten in unserem Haus – stehen.
Wo liegt das Problem?
    I nnere Unruhe ist der tiefste Grund und nicht nur eine Begleiterscheinung der Sorge. Die stoische
     Philosophie strebte deswegen danach, den Menschen zur inneren Ruhe zu führen. Sie wollte den Menschen auch von unnützen Sorgen befreien. Epiktet, ein
     wichtiger Vertreter der stoischen Lehre, der auch gerne von den frühen Mönchen zitiert wurde, stellte die Behauptung auf: »Was uns Menschen beunruhigt,
     sind nicht die Dinge, sondern unsere Urteile über die Dinge.« Wir sorgen uns zum Beispiel, ob es morgen beim Ausflug regnet. Doch der Regen muss uns nicht
     beunruhigen. Es kommt auf unser Urteil über den Regen an. Wenn wir ihn positiv sehen, dann kann ein Ausflug auch im Regen gelingen. Oder wir sind voller
     Unruhe, ob die Entscheidung, die wir getroffen haben, richtig war oder nicht. Doch nicht die Entscheidung ist das Problem, sondern unsere Deutung. Wenn
     wir uns von einem Ideal her definieren, nämlich dass unsere Entscheidungen immer absolut richtig sein müssen, dann sind wir ständig in Sorge. Wenn wir
     aber nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden und alles andere Gott überlassen, verliert sich die Sorge.
Der Türöffner
    D ie Angst ist die Schwester der Sorge. Wir machen uns viele Sorgen, weil wir Angst haben, es könnte etwas
     eintreten, was uns überfordert. Ein

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