Das große Buch der Lebenskunst
Doch viele wollen ihn nur möglichst schnell wieder funktionstüchtig machen. Wer dagegen jeden Tag sensibel hinhört auf das, was
sein eigener Leib ihm sagt, der lebt besser – und gesünder.
Ansteckend
S exualität kann – als Energie des Lebens – eine Quelle der Spiritualität sein. Sexualität möchte uns
über uns hinaustreiben in die Ekstase. Wir können gut mit ihr umgehen, wenn wir uns mit ihr anfreunden und sie als Antrieb nehmen, über uns
hinauszuwachsen, uns in Gott hineinfallen zu lassen, unsere tiefste Sehnsucht auf Gott zu richten und uns von ihr auf die Menschen verweisen zu
lassen.
Sexualität ist eine wichtige Lebenskraft. Sie will verwandelt werden in Sinnlichkeit, Lebendigkeit, Lust am Leben, Fruchtbarkeit, Kreativität.
Je intensiver wir leben, desto mehr wird Sexualität integriert in unsere Spiritualität. Wenn wir positive Lebensenergie ausstrahlen, wenn um uns herum
etwas aufblüht, dann ist es immer ein Zeichen, dass die Sexualität zu einem inneren Antrieb zum Leben für uns geworden ist, dass sie uns Lust am Leben
schenkt und dass diese Lust am Leben auch andere ansteckt.
Leben in Fülle
W ir definieren uns nicht bloß über Leistung und Erfolg, Gesundheit und Krankheit, Anerkennung oder
Ablehnung. Und auch wenn wir Probleme haben, wir sind nicht unser Problem. Wir haben zwar – immer wieder – Angst, aber wir sind nicht unsere Angst. In
uns ist eine besondere und unzerstörbare Qualität von Leben, das uns niemand rauben kann: Nichts anderes ist ewiges Leben. Ewiges Leben ist erfahrbar, im
Alltag und im täglichen Umgang mit den Menschen: Nicht die Erwartungen und Urteile anderer sind entscheidend, sondern eine Beziehung zu einer
transzendenten Wirklichkeit, die die Bibel als Liebe beschreibt und die die Kraft hat, unser Leben zu verwandeln, wenn wir uns darauf einlassen. Biblische
Bilder, die von einem solchen Leben in Fülle, von neuer Weite und Freiheit sprechen, sind ganz konkret und unmittelbar einsichtig: Vom neuen Geschmack des
Lebens etwa ist da die Rede. Unser Leben, das schal geworden ist wie Wasser, unser Leben, das hart und kalt geworden ist wie ein steinerner Krug, das sich
in festgefügten Normen festgefahren hat, wie in leeren Gefäßen, dieses unser Leben wird zu Wein, der das Herz des Menschen erfreut. Ein anderes Bild
spricht davon: Unser Leben kann werden wie die Hochzeit zwischen Gott und Mensch. Es ist in vielen Bildern davon die Rede, was es bedeutet, von Neuem
geboren zu werden und neue Lebendigkeit in sich zu erfahren. »Leben in Fülle« heißt auch , dass wir mit einer inneren Quelle in Berührung kommen können,
von der wir aber oft genug durch unsere Sorgen und Probleme abgeschnitten sind. Der Weg zu diesem Leben führt in das Gelobte Land, in das Land, in dem wir
ganz wir selbst sein dürfen, in der wir das einmalige Bild erfahren, das Gott sich von jedem von uns gemacht hat. Auf dem gemeinsamen Weg durch die Wüste
müssen wir uns immerwieder daran erinnern, wer wir eigentlich sind: dass wir mehr sind als Menschen, die ihre Pflicht zu erfüllen
haben, dass wir Menschen sind mit einer unantastbaren Würde, dass wir aus Gott geboren sind und von ihm her wahre Freiheit und wahres Leben haben. Leben
in Fülle heißt auch, dass wir andere zu ihrer inneren Quelle führen, dass wir denen, die die Augen verschließen vor der Wahrheit ihres Herzens, die Augen
öffnen, damit sie die blinden Flecken erkennen, die sie vom Leben abhalten. »In Fülle leben« heißt: Durchblicken, das Eigentliche sehen. Das schließt
durchaus ein, dass ich mit neuen Augen auch das Schmutzige in mir sehen und mich damit aussöhnen kann. Wir können alles Gott hinhalten, damit Er es in
Fülle des Lebens verwandelt. Wenn ich mit neuen Augen durch das Leben gehe, werde ich mitten in der Banalität des Alltags Leben in Fülle als etwas
erfahren, was auch durch den Tod nicht vernichtet werden kann. Es ist das Leben der Liebe, aus der wir auch im Tod nicht herausfallen werden. Der
französische Philosoph Gabriel Marcel hat es einmal so umschrieben: »Lieben, heißt, zum andern zu sagen: Du, du wirst nicht sterben.« Leben in Fülle heißt
also auch, wieder lieben lernen, so lieben können, dass wir uns auch hingeben und verlieren können, ohne auf Nutzen zu starren. Es ist Leben aus einer
Liebe, die wir wieder denen schenken können, die uns begegnen, ohne dass wir dabei selbst leer ausgehen, weil wir zuerst geliebt sind. Gerade
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