Das große Buch vom Räuber Grapsch
Grapsch!"
Zugleich donnerte ein Schuss aus der Bordkanone und riss ein großes rundes Loch in die Hauswand, genau über der Tür. „Schweinerei!", brüllte Anton.
„Habt ihr das auch gehört?", flüsterte Olli im Schilf. „Anton hat geredet!"
Aber niemand konnte sie hören, denn schon dröhnte Stolzenrücks Lautsprecher von neuem: „Sie haben keine Chance mehr, Grapsch! Wir landen. Ergeben Sie sich! Wir sind in der Überzahl!"
„Wie viele seid ihr denn?", erkundigte sich Grapsch. „Fünf", kam die Antwort. „Mit mir und dem Piloten."
„Dann sind wir in der Überzahl", brüllte Grapsch, „denn ich bin so stark wie zwölf. Kommt nur herunter. Ihr werdet herzlich empfangen !"
„Rechne nicht mit mir", sagte Max zu Grapsch. „Ich kann auf die Polizisten nicht eindreschen. Ich kenne sie ja alle. Wir Feuerwehrleute haben oft mit ihnen zusammengearbeitet. Wir waren gute Kumpel."
„Ich werd schon allein mit ihnen fertig", fauchte Grapsch wütend. Er griff nach seinem Messer und stürzte an den Rand des Sumpfes, wo die Ofentür lag. Denn dort wollte der Hubschrauber landen. Aber als Olli ihren Mann so mit dem Messer herumfuchteln sah, hängte sie sich an seinen Arm und rief: „Wirf das Messer weg! Du wirst noch jemanden verletzen!"
Schon war der Hubschrauber so tief herabgekommen, dass der Wind, den seine Rotorblätter erzeugten, Grapschs Bart und Ollis Rock flattern ließ.
Und dann geschah das Unerwartete: Die Rotorblätter gerieten beim Landen zu nah an einen Fichtenwipfel. Zweige, Zapfen und Hubschrauberteile, zwei Polizeihelme und ein Gummiknüppel wirbelten durch die Luft. Die Maschine sackte ab und stürzte in den Sumpf, nur zwei Meter von der Ofentür entfernt.
Nun war es wieder ganz still im Wald. Nur eine Krähe krächzte, die im Fichtenwipfel genistet hatte.
„Auf!", schrie Max. „Jetzt wird gerettet!" Er rannte zur Unglücksstelle. Von der anderen Seite kamen Grapsch und Olli gelaufen. Gemeinsam hievten sie Polizisten und Hubschrauberteile aus dem Sumpf. Auch Anton hangelte sich vom Dach herunter und half mit. Bald lagen fünf schlammtriefende Männer nebeneinander auf der Ofentür, schlapp wie tote Hühner. „Sind sie hin?", fragte Anton bestürzt.
„Da kennst du die Polizei schlecht", meinte Max. „Die hält was aus."
Er nahm allen fünfen die Pistolen ab und schleuderte sie in den Sumpf. Grapsch zog dem Hauptmann die Stiefel von den Füßen, fuhr aus seinen eigenen Stiefeln, die schon aus den Nähten platzten, wischte die schönen neuen mit seinem Bart aus und zog sie an. Dann hob er einen Mann nach dem anderen an den Füßen hoch, so lange, bis der Schlamm aus ihren Mündern herausgelaufen war, und lud sich schließlich auf jede Schulter zwei Polizisten. Den fünften trug Anton. Während Olli einen ganzen Kessel Tee kochte, wusch Grapsch mit seinen Leuten die Polizei unterm Wasserfall. Er legte die Gefangenen zum Trocknen auf die Wiese vor der Höhle, und Olli goss ihnen so lange heißen Tee ein, bis sie wieder zu sich kamen und ziemlich betreten herumstanden. Als der Hauptmann Stolzenrück einen Blick auf seine Füße warf, sah er nur Socken.
„Die Gelegenheit war günstig", sagte Grapsch seelenruhig, „mich wieder mal mit neuen Stiefeln zu versorgen. Und jetzt kommt ihr mit rüber auf das Dach und helft es decken. Denn wir haben durch euch viel Zeit verloren."
Die Polizisten zogen säuerliche Gesichter, aber es half ihnen nichts: Sie mussten mit Anton aufs Dach. Grapsch und Max trugen das Schilf herbei und reichten es hinauf. Nur widerwillig reichten es die Polizisten weiter und stellten sich absichtlich ungeschickt an. Aber da fing Anton an zu singen. Er sang aus voller Brust, während er das Schilf, Lage um Lage, auf den Sparren ausbreitete und befestigte. Was für eine schöne Stimme er hatte! Hauptmann Stolzenrück, der auch einen kräftigen Tenor besaß und im gleichen Juckenauer Männerchor sang, in dem früher auch Anton mitgesungen hatte, fiel fast vom Dach.
„Ein Wunder!", rief er. „Herr Specht hat seine Stimme wieder!" Er kannte das Lied, das Anton sang. Und so konnte er nicht anders, er musste mitsingen. Da fielen auch die übrigen Polizisten und Max und Olli ein. Sogar Grapsch röhrte mit, dass es weithin schallte. Nun flog das Schilf nur so. Auch Grapsch und Max kletterten aufs Dach. Alle arbeiteten Hand in Hand und im Dreivierteltakt. Und als Olli zum Essen rief, war das Dach fertig gedeckt. Freunde und Feinde kletterten mit mächtigem Hunger herunter. Aber
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