Das große Doppelspiel
die neben ihm standen, sagten leise etwas, und
Hare rief von der Brücke: »Gratuliere. Und jetzt nichts wie weg hier.«
Die Motoren dröhnten los. Craig kletterte
über die Reling und reichte Geneviève die Hand. Sie sagte
zu dem Großen Pi erre: »Vielen Dank für
alles.«
»Zerdrückte Rosenblätter, Miss Trevaunce. Ich habe Sie ge warnt.«
»Werde ich je fertig mit dem, was ich eben getan habe?«
»Alles geht vorbei. Und jetzt an Bord mit Ihnen.«
Sie langte nach Craigs Hand. Als sie auf das Deck gesprun gen war, wurden die Leinen losgemacht, und die Lili Marlen glitt durch das Dunkel auf die See hinaus.
16
Himmler verbrachte die Nacht oft in einem kleinen
Arbeits zimmer unmittelbar neben seinem Büro in der
Prinz-AlbrechtStraße. Es war vier Uhr morgens, als
Hauptsturmführer Ross mann sich mit einem unguten Gefühl
der Tür näherte, einige Sekunden zögerte und dann
klopfte. Als er hineinging, hatte der Reichsführer eine kleine
Tischlampe angeknipst und sich in seinem schmalen Feldbett aufgesetzt.
»Was gibt’s, Rossmann?«
»Reichsführer … Eine schlechte
Nachricht, fürchte ich.« Rossmann hielt ein Telegramm hoch.
»Die Sache mit Schloß Voincourt.«
Himmler setzte seinen Kneifer auf, rückte ihn zurecht und streckte die Hand aus. »Geben Sie her.«
Er las den Funkspruch rasch, gab ihn dann zurück.
»Ein Nest von Verrätern, dieses verdammte Schloß. Wie
Sie sehen, hatte ich recht, Rossmann. Es war nicht so, wie es schien.
Und Priem ist von der Bildfläche verschwunden?«
»Offenbar, Reichsführer.«
»Sicher für immer. Die französische Terroristenbewegung: Bestien, die vor nichts haltmachen.«
Rossmann fragte: »Aber was bedeutet das alles? Was be zwecken sie damit?«
»Ich dachte, das läge doch auf
der Hand. Sie hatten es auf Rommel abgesehen. Es wäre ein
großer Coup für sie gewesen, aber nach dem Bericht über
ihn, den Sie mir vorhin zeigten, verließ er den Ball
frühzeitig und fuhr in derselben Nacht zu rück nach
Paris. Damit war ihr Zeitplan im Eimer, das ist al les.«
»Natürlich, Reichsführer. Jetzt
verstehe ich. Die Truppen in dem Gebiet sind in Alarmbereitschaft
versetzt worden. Die ganze Umgebung wird abgesucht. Haben Sie noch
Befehle?«
»Ja. Geiseln. Ich denke, hundert, aus allen
Dörfern im Um kreis. Exekution um zwölf Uhr mittags. Wir
müssen diese Leu te wirklich eine Lektion lehren.« Er
nahm den Kneifer ab und legte ihn auf den Nachttisch.
»Zu Befehl, Reichsführer.«
»Wecken Sie mich um sechs«, sagte Himmler gelassen und knipste das Licht aus.
Als Dougal Munro vom Herrenhaus nach Cold Harbour
hi nunterging, war es noch dunkel. Er hatte eine alte
Tweedmütze auf, hielt mit einer Hand einen aufgespannten
Regenschirm und zog mit der anderen den Kragen seines Kavalleriemantels
enger. Zwischen den geschlossenen Vorhängen des »Gehenk
ten« drang Licht hervor, und das Wirtshausschild schwang im Wind
und quietschte unheimlich.
Als er die Tür öffnete und hineinging,
saß Julie Legrande mit einem Glas in der Hand am brennenden
Kamin.
»Oh, da sind Sie«, sagte er, den
Regenschirm im Freien ab schüttelnd. Dann machte er die
Tür zu und stellte den Schirm in den Ständer. »Sie
können nicht schlafen, stimmt’s? Genau wie ich.«
»Gibt es etwas Neues?« fragte sie.
»Bis jetzt noch nicht. Jack sitzt in der
Funkzentrale und war tet.« Er zog den Mantel aus, nahm die
Mütze ab und hielt die Hände dicht an die Flammen. »Was
trinken Sie?«
»Whisky«, sagte sie.
»Mit ein bißchen Zitronensaft, etwas Zucker und
kochendheißem Wasser. Als ich klein war, hat meine
Großmutter es mir immer gegen Grippe und Erkältungen
gegeben. Jetzt ist es gut gegen alles.«
»Ein bißchen früh am Tag.«
»Für vieles, General.«
»Fangen Sie nicht wieder damit an, Julie. Ich
habe bereits gesagt, daß ich bereit bin, Ihre Rolle bei dieser
leidigen Ange legenheit zu vergessen. Bitte keine Vorwürfe.
Sprechen wir nicht mehr davon. Ob es hier eine Tasse Tee gibt?«
»Sicher. Auf dem Herd steht ein Kessel Wasser,
und daneben werden Sie die Teekanne und eine Flasche Milch fin
den.«
»Meine Güte, so ist das also.«
Er ging hinter die Theke und trat in die Küche.
Julie schürte das Feuer, ging dann ans Fenster, zog den Vorhang
ein Stück zur Seite und spähte hinaus. Es wurde schon
merklich heller. Bald würde der Morgen grauen. Sie schloß
den Vorhang, ging zurück zum Kamin, und Munro kam wieder in den
Gastraum, in der Hand eine
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