Das große Doppelspiel
stehen. Ei nige Namen werden Sie
überraschen.«
Rossmann überflog die Liste, die zuoberst lag, und sah ver blüfft hoch. »Rommel?«
»Ja, der gute Feldmarschall persönlich. Der Volksheld.«
»Unglaublich«, sagte Rossmann.
»Aber wahr«, erwiderte Himmler. »Wie
der Führer sehr rich tig gesagt hat, würden wir unsere
Pflicht vergessen, wenn wir nicht einkalkulierten, daß diese
Konferenz auf Schloß Voin court in Wirklichkeit nur eine
Tarnveranstaltung für etwas an deres ist.
Atlantikwall-Konferenz. Was für ein Unfug!« Himm ler
lachte zynisch. »Eine Tarnung, Rossmann. Rommel wird selbst
dabeisein. Warum sollte er wegen einer solchen Lappalie die weite Reise
in die Bretagne machen?«
Rossmann, der es immer für opportun hielt, seinen
Vorge setzten zuzustimmen, nickte eifrig. »Sie haben sicher
recht.«
»Zum Beispiel dieser General Ziemke, der der
dortige Standortkommandant ist. Ich bin sicher, daß er etwas
damit zu tun hat.«
Rossmann, der angestrengt überlegte, wie er
selbst etwas damit zu tun bekommen könnte, sagte: »Daß
die Konferenz hi Voincourt ist, hat ein Gutes für uns,
Reichsführer.«
»Und das wäre?«
»Für die Sicherheit dort ist die Waffen-SS zuständig.«
»Wirklich?« Himmler sah interessiert auf. »Sind Sie sicher?«
»O ja, Reichsführer.« Rossmann
blätterte in der Akte. »Da, der Offizier, der für alle
Fragen bezüglich der Sicherheit und des Geheimdienstes
verantwortlich ist. Sturmbannführer Max Priem.«
Himmler studierte Priems Personalaktenauszug. »Ist ja ein kleiner Held, dieser Mann.«
»Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern,
Reichsführer. Er scheint nur deshalb nicht an der Front zu sein,
weil er in Rußland schwer verwundet worden ist.«
»Das sehe ich selbst.« Himmler trommelte
mit den Fingern auf die Tischplatte, während Rossmann nervös
wartete. »Ja«, sagte er dann. »Ich denke, dieser
Sturmbannführer Priem wird uns nützen. Lassen Sie sich mit
ihm verbinden, Rossmann. Ich werde selbst mit ihm reden.«
In diesem Moment lief Max Priem durch den Wald, der
den See auf der einen Seite des Schlosses säumte. Er war 1,80
Me ter groß und hatte kurzgeschnittenes schwarzes Haar, das
jetzt ganz zerzaust war; über sein Gesicht lief der Schweiß
Er trug einen alten Turnanzug und hatte ein Halstuch um. Neben ihm
trottete einer von den Schäferhunden des Wachpersonals.
»Ein Rat für die Zukunft«, hatte der
Chirurg ihm am Tag seiner Entlassung aus dem Krankenhaus gesagt.
»Für jemanden mit einer silbernen Platte im Schädel
haben Sie sich bemer kenswert gut gehalten, aber von nun an
dürfen Sie nur noch gehen. Gehen, nicht laufen. Verstehen Sie? Das muß Ihr neuer Wahlspruch sein.«
»Hm, verdammter Mist«, sagte Priem sich,
als er den See er reichte und mit Karl, dem Schäferhund, zum
Schlußspurt über den großen Rasen zum Hauptportal des
Schlosses ansetzte.
Er ging an den salutierenden Posten
vorbei in die große Hal le, bog in den rechten Korridor und
betrat die Garderobe, wo er ein Frotteetuch nahm und sich das Gesicht
trocknete. Dahinter waren die Büros, zuerst das seines Adjutanten,
Hauptsturmfüh rer Reichslinger. Er eilte daran vorbei, da er
hörte, daß das Te lefon in seinem Büro klingelte.
Als er die Tür aufmachte, sah er, wie Reichslinger, der durch die
Verbindungstür zwischen den beiden Räumen gekommen war, den
Hörer abnahm.
»Ja, dies ist das Büro von
Sturmbannführer Priem. Nein, aber er ist gerade
hereingekommen.« Er hielt inne, drehte sich dann um und reichte
Priem mit verblüffter Miene den Hörer. Er hielt die
Sprechmuschel zu und sagte leise: »Mein Gott, der
Reichsführer persönlich.«
Priems Gesichtsausdruck verriet nichts, als er den
Hörer nahm. Er deutete zum anderen Büro. Reichslinger ging
hinein, machte hinter sich die Tür zu und lief zu seinem
Schreibtisch, wo er vorsichtig den Hörer abnahm.
Er hörte, wie Himmler sagte: »Priem?«
»Ja, Reichsführer.«
»Ich kann mich auf Ihre Hilfe und Diskretion verlassen?«
»Selbstverständlich, Reichsführer.«
»Sie haben eine bemerkenswerte Akte. Wir sind alle sehr stolz auf Sie.«
Was führt der Kerl im Schilde? fragte Priem sich.
»Hören Sie genau zu«, fuhr Himmler
fort. »Das Leben des Führers könnte in Ihren
Händen liegen.«
Priem kraulte den neben ihm sitzenden Schäferhund
am Hals. »Was soll ich also tun, Reichsführer?« fragte
er, als Himmler ausgeredet hatte.
»Die Konferenz am Wochenende
überwachen. Ich nehme an,
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