Das große Doppelspiel
Land.
»Ausgezeichnet, Geneviève. Gut wie ein
Film. Erlauben Sie, daß ich Ihnen Captain Robert Shane vom
Special Air Service vorstelle.«
Shane grinste breit und sagte: »War mir eine
Freude, mit Ih nen zu arbeiten.« Er legte die Hand an seine
zerkratzte Wange. »Jedenfalls die meiste Zeit.«
Julie bahnte sich einen Weg zwischen den Umstehenden
hindurch, und René folgte ihr dichtauf. »Ich finde,
wir waren alle sehr gut. Aber jetzt sollten wir ins Haus, sonst holen
Sie sich noch eine Lungenentzündung. Scotch für alle, denke
ich.«
Sie wandten sich um und gingen zum
»Gehenkten«. Craig legte ihr den Arm um die Schultern.
»Nur ein kleiner Vorge schmack der Dinge, die auf Sie
zukommen könnten«, bemerkte er. »Sie haben die Probe
bestanden.«
»Sagen Sie jetzt bloß nicht, daß Sie
stolz auf mich sind«, entgegnete sie mit klappernden Zähnen.
»Das wollte ich gerade.« Dann öffnete er die Tür des Pubs und schob sie sanft hinein.
9
Am Morgen danach stieg Heinrich Himmler wenige Minuten
nach sieben Uhr aus seinem Dienst-Mercedes und betrat das
Gestapo-Hauptquartier in der Prinz-Albrecht-Straße, Berlin. Er
hatte die für seine Mitarbeiter unangenehme Gewohnheit, zu
ungewöhnlichen Zeiten zu kommen, aber das bedeutete unter anderem
auch, daß sein Erscheinen in gewisser Hinsicht nie ganz
überraschend war. Posten nahmen Haltung an, als er das
Gebäude betrat, Beamte drehten sich verstohlen nach ihm um. Er
trug die schwarze Paradeuniform des Reichsführers SS, und die
Augen hinter dem silbernen Kneifer waren so ausdruckslos wie immer.
Er schritt die Marmortreppe hoch, bog in den breiten
Korri dor und betrat seine Bürosuite. Seine Sekretärin,
die im Vor zimmer am Schreibtisch saß, stand auf. Himmlers
Büroperso nal arbeitete in Schichten rund um die Uhr.
»Ist Hauptsturmführer Rossmann im Haus?« fragte er.
»Ich habe ihn vorhin beim Frühstück in der Kantine gesehen, Reichsführer.«
»Er soll sofort zu mir kommen.«
Himmler ging in sein Arbeitszimmer, legte seine
Aktenta sche und seine Mütze auf den Schreibtisch und trat
ans Fenster, wo er eine Weile mit hinter dem Rücken
verschränkten Händen stand und hinausschaute. Dann klopfte
es. Der junge Haupt mann, der eintrat, war in schwarzer Uniform,
und auf den Manschettenstulpen standen die silbernen Buchstaben RFSS,
das Kürzel für »Reichsführer SS«, das
Himmlers persönlichem Stab vorbehalten war. Er schlug die Hacken
zusammen.
»Melde mich zur Stelle, Reichsführer.«
»Ah, Rossmann.« Himmler setzte sich an den
Schreibtisch. »Sie hatten Nachtdienst? Sie machen jetzt
Schluß?«
»Jawohl, Reichsführer.«
»Ich würde es begrüßen, wenn Sie blieben.«
»Selbstverständlich, Reichsführer. Ist mir ein Vergnügen.«
»Gut«, sagte Himmler und nickte.
»Ich bin gestern abend beim Führer gewesen. Er kam auf die
Konferenz zu sprechen, die am Wochenende auf Schloß Voincourt in
der Bretagne stattfinden soll. Haben wir eine Akte darüber?«
»Ich glaube, ja, Reichsführer.«
»Bringen Sie sie mir.«
Rossmann ging hinaus. Himmler öffnete seine
Aktentasche, nahm einige Papiere heraus und betrachtete sie. Einen
Augen blick später kam Rossmann mit der Akte zurück. Er
reichte sie über den Tisch, und Himmler nahm den Inhalt heraus und
ging ihn durch. Dann lehnte er sich zurück.
»Atlantikwall-Konferenz?« Er lachte
spöttisch. »Der Führer hat sich gestern besorgt
über diese Geschichte gezeigt, und mit Recht, Rossmann. Da ist
eine Schurkerei im Busch.« Er blickte auf. »Ich habe mich
immer auf Ihre uneingeschränkte Loyalität verlassen
können?«
»Bis zum Tod, Reichsführer.« Rossmann sprang auf und stand stramm.
»Gut, dann werde ich Ihnen jetzt ein paar Dinge
erzählen, die ich sehr vertraulich, sehr privat behandeln
mußte. Es hat schon viele Anschläge auf das Leben des
Führers gegeben, aber das wissen Sie ja.«
»Selbstverständlich, Reichsführer. «
»Die Vorsehung fügte es,
daß sie alle fehlschlugen, aber das ändert nichts daran,
daß Vaterlandsverräter unter uns sind.« Himmler nickte
langsam. »Generäle unseres eigenen Ober kommandos,
Männer, die einen heiligen Eid auf den Führer geschworen
haben, sind in eine Verschwörung verwickelt, die das Ziel hat, ihn
umzubringen.«
»Mein Gott!« entfuhr es Rossmann.
»Ich habe unter anderem Generäle wie
Wagner, Stieff und von Hase überwachen lassen.« Er holte
einen Stoß Papiere aus der Aktenmappe. »Und andere, die auf
dieser Liste
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