Das große Heinz Erhardt Buch
nun tatsächlich gezogen
gen Rom - oder ob er gelogen
(wir wollen nur das erste hoffen!),
bleibt offen …
Hero und Leander *
oder Falsche Sparsamkeit
1
Die Ansichtskarte
Der Hero und auch die Leander,
die hatten gar nichts miteinander.
Das lag hauptsächlich an der Länge
und Breite jener Meeresenge,
die man, hat man nicht grad gepennt,
als Hellespont von früher kennt.
Doch war der Hero ja schon immer
bekannt als Sportler, nämlich Schwimmer,
weshalb er eines Mittwochs rief:
»Ich schwimme zu ihr, ist’s auch tief!
Ist auch die Strecke naß und lang -
was macht das schon, mir ist nicht bang!
Ich arbeite bis Freitag bloß,
dann schwimme ich nach Dienstschluß los!«
Drauf schrieb er eine Ansichtskarte:
»Ich komm ganz früh am Samstag, warte!
Doch weil du, liebe Lea, faktisch
direkt am Ufer wohnst, was praktisch,
so zünde eine Kerze an
und stell sie in dein Fenster dann,
damit sie leuchte und midi leite
zu dir, bis auf die andre Seite!
In sechs bis sieben Stunden höchstens
bin ich dann da! - Leb wohl! Bis nächstens!
Ich geb dir’n Vorschußkuß, hier hast’n … !«
und warf die Karte in den Kast’n. -
Und Freitag nacht, wie vorgesehn,
sprang er - die Uhr war kurz nach zehn -
bekleidet nur mit einer Hose,
im Munde aber eine Rose,
und mit Salatöl eingerieben,
ins Wasser, mit dem Ziel nach drüben …
2
Der Untergang
Das Meer geht hoch, die Winde wehn …
Die Nacht ist schwarz, er kann nichts sehn -
den Mond und auch die Sterne nicht,
doch auch nicht seiner Liebsten Licht…
Wie sehr er die Pupille weitet,
wo ist die Kerze, die ihn leitet?
»Pardon, geht’s hier zum andern Ufer?«
brüllt er, doch niemand hört den Rufer …
Nur schwer noch kann er sich im kalten
Gewässer über Wasser halten,
und er verliert im Meergetose
die Orientierung und die Rose …
Er murmelt paarmal: »Junge, Junge …!«
dann dringt ihm Wasser in die Lunge …
Er nimmt noch zwei, drei Schluck, drauf sinkt er
bis auf den Grund … Und hier ertrinkt er … -
So endete das Sein für ihn
durch eine Kerze, die nicht schien …
3.
Die Erläuterung
Nun fragen Sie wohl unterdessen:
»Weshalb hat sie das Licht vergessen?«
Weil sie, wie so das Schicksal spielt,
die Post erst Montag früh erhielt -
und da war es zu spät zum Leuchten,
da lag er schon im Grab, im feuchten …!
Hätt er ein Telegramm geschickt,
wär ihm das Vorhaben geglückt!
* Schon der österreichische Dichter Parzer, der nebenbei auch den Grill erfand und deshalb meist Grillparzer genannt wird, hatte obiges Liebespaar in seinem Lustspiel »Des Meeres liebe Wellen« zum Vorwurf genommen, ohne daß man ihm einen solchen machen könnte …!
Das hat sie nun davon *
1
Die Verhaftung
Schwarzes Haar und schwarze Kleider,
Kraft im Blick und in den Armen,
das war - man muß sagen: leider! -
sie, die Jungfrau namens Carmen.
Ihre Lage war das »mezzo«
und auch sonst recht unerfreulich,
aber mancher Spanier hätt so
gern mit ihr mal–! Grade neulich
kam da einer aus Sevilla
mit dem Hut aus schwarzem Lacke,
doch sie rief: »Sein Sie bloß still, ja?!!«
und sie schlug ihn auf die Backe.
Darauf mußte Don José sie,
Leutnant und Tenor, verhaften -
als er aber aus der Näh sie sah,
könnt er das nicht verkraften:
Heimlich machte er den Strick los,
welchen er um sie gebunden,
tauschte mit ihr einen Blick bloß -
und schon waren sie verschwunden …
2
Die Flucht
Im Gebirge, ganz im Freien,
lebten beide ihrer Liebe;
doch bald gab es Streitereien,
und nicht das nur, nein, auch Hiebe!
Einzeln durch die Pyrenäen
sah man sie dann schmutzig kriechen,
konnten sich nun nicht mehr sehen
und vor allem nicht mehr riechen …
Er wurd aus der span’schen Wehrmacht
in absentia ausgewiesen,
sie sprach: »Dumm, wer es sich schwer macht,
es gibt andere als diesen!«
Und schon eilte sie zu Tale,
um hier unten in dem raschen
Bache oder auch Kanale
endlich sich den Hals zu waschen.
Das hätt sie nicht machen sollen,
denn sie kriegte Schwierigkeiten …
Wenn Sie Nähres wissen wollen,
lesen Sie die nächsten Seiten!
3
Der Stierkampf
Spanier sind fromme Christen,
gegen Satan sind immun sie,
trotzen mancherlei Gelüsten -
aber Tiere quälen tun sie.
»Tiere haben keine Seele«,
so wird nämlich dort gepredigt,
»drum ist’s gut, daß man sie quäle
bis sie tot sind und erledigt!« -
Heute gab es wieder so ‘nen
bösen Tag, um froh zu morden.
Männer, Mütter und Matronen -
und auch Kinder - kam’n in Horden.
Carmen saß auf der Empore
nach den Wochen der Entbehrung,
und
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