Das große Heinz Erhardt Buch
nicht gegeben,
den eignen Tod zu überleben. —
Wir wollen nur das eine hoffen:
du hast es oben gut getroffen!
Pappis Wiegenlied
Schlafe ein, mein Schätzchen,
und träum von einem Kätzchen,
von Püppchen, bunten Steinchen,
schlafe ein, schlaf, Kleinchen!
Schlafe ein, mein Bübchen,
ein Engel geht durchs Stäbchen
ganz leis auf nackten Beinchen,
schlafe ein, schlaf, Kleinchen!
Während nun der gute Mond am Himmel lacht,
sitzt dein Pappi hier am Bettchen und bewacht
dich, mein holdes Schätzchen.
Es schlafen schon die Kätzchen,
die Püppchen und die Steinchen,
schlafe ein, schlaf einchen!
Sehnsucht
Ich sehne mich nach einem Häuschen
in Bayern oder an der Spree,
ein Zimmer braucht es nur zu haben,
dazu ein Bad und ein W. C.
Im Zimmer würde ich notieren,
was ich beim Baden grad gedichtet,
und im W. C. würd dann das Machwerk
von mir gleich hinterrücks vernichtet.
Gedanken an der Ostsee
Wie war die Welt so wunderbar,
umspült vom blauen Meere,
wenn diese Welt, wie’s einstmals war,
ganz ohne Menschen wäre.
Dann gäb’s kein Hoffen, kein Verzicht,
kein Hassen und kein Morden,
dann wär bestimmt auch dies Gedicht
nicht hingeschrieben worden.
Drei Bilder
Zwei Bilder hängen, ach, an meiner Wand.
Das eine ist als »Eremit« bekannt,
das andere hingegen
zeigt eine Landschaft nach dem Regen.
Das dritte Bild ist nicht zu sehn,
doch trotzdem ist es wunderschön,
nie würd ich den Verlust verschmerzen:
Das dritte Bild trag ich im Herzen!
Der Pflasterstein
Es liegt ein grauer Pflasterstein
auf der Chaussee, doch nicht allein;
denn wenn allein er läge,
dann läge er im Wege;
doch so, inmitten anderer,
erfreut er alle Wanderer.
Anstatt ihn dankbar nun zu grüßen,
tritt man mit Füßen ihn, mit Füßen …!
Weihnachten 1944
(Als ich keinen Urlaub bekam)
Wenn es in der Welt dezembert
und der Mond wie ein Kamembert
gelblich rund, mit etwas Schimmel
angetan, am Winterhimmel
heimwärts zu den Seinen irrt
und der Tag stets kürzer wird —
sozusagen wird zum Kurztag —
hat das Christkindlein Geburtstag!
Ach, wie ist man dann vergnügt,
wenn man einen Urlaub kriegt.
Andrerseits, wie ist man traurig,
wenn es heißt: »Nein, da bedaur ich!
Also greift man dann entweder
zu dem Blei oder der Feder
und schreibt schleunigst auf Papier
ein Gedicht, wie dieses hier:
Die Berge, die Meere, den Geist und das Leben
hat Gott zum Geschenk uns gemacht;
doch uns auch den Frieden, den Frieden zu geben,
das hat er nicht fertiggebracht!
Wir tasten und irren, vergehen und werden,
wir kämpfen mal so und mal so …
Vielleicht gibt’s doch richtigen Frieden auf Erden?
Vielleicht grade jetzt? — Aber wo? …
? ? ?
Warum heißt bloß das Eichhorn »Eichhorn«?
Denn weder hinten, geschweige vorn
hat es ein Horn oder dergleichen,
auch sieht man es nicht nur auf Eichen.
Ein Wort erscheint und tritt in Kraft,
sein Sinn jedoch bleibt schleierhaft.
So läßt mich noch, etwas nicht ruhn:
Was hat der Mensch mit »Mensch« zu tun?«
Das Schloß
Papst Paul war gestorben vor vierhundert Jahren
und ist dann, wie üblich, gen Himmel gefahren.
Und als er dort oben gut angekommen,
da hat er den güldenen Schlüssel genommen.
(Es ist ja bekannt, daß früher und itzt
jeder Papst einen Schlüssel zum Himmel besitzt.)
Doch siehe, der Schlüssel, der wollte nicht passen.
Der Petrus hat trotzdem ihn eintreten lassen
und sprach (sein Antlitz war bartumrändert):
»Der Luther hat nämlich das Schloß verändert…!«
Hirngespinst
Eine runde weiche Sache
ist das Hirn bei Frau und Mann,
und es ist nicht auszudenken,
was man damit denken kann.
Aber leider kennen viele
nicht den Wert dieser Substanz:
Hilflos gehen sie durchs Leben
wie ‘ne Katze ohne Schwanz.
Das Große Los
Wie man’s auch dreht, wie man’s auch nimmt,
das Los ist uns vorausbestimmt.
Wir wissen nicht, was kommt, was geht,
wie man’s auch nimmt, wie man’s auch dreht.
Wie man’s auch dreht und nimmt und zieht,
wir wissen nicht, was uns noch blüht.
Das Große Los blüht uns nicht oft,
wie man’s auch dreht, nimmt, zieht und hofft.
Wahrheit
Die schlechtesten Bücher sind es nicht,
an denen Würmer nagen,
die schlechtesten Nasen sind es nicht,
die eine Brille tragen.
Die schlechtesten Menschen sind es nicht,
die dir die Wahrheit sagen.
Mein Freund
Er war als Kind oft krank gewesen,
mein Freund, des Grafen Bamm sein Sohn.
Kaum war er von dem Mumps, genesen,
bumps, hatte er die Masern schon.
Dann Scharlach, Diphtherie und Pocken,
mal brach er Speise, mal das Bein,
und ging er ohne
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