Das große Los
ist?«
»Danke, ja.«
Justin suchte sie mit dem Blick. In seinen Augen war ein Ausdruck, den sie noch nie gesehen hatte. Als wollte er sie um Verzeihung bitten, sie solcher Gefahr ausgesetzt zu haben, und als wollte er ihr danken.
»Willst du dich nicht setzen, Émile?«
»Ich muß rüber zum Quai, um Rabut zu verhören, solange er noch frisch ist.«
»Der wird nicht reden.«
»Ist nicht mehr wichtig. Er hat seine Lebensbeichte vor deiner Tochter abgelegt.«
Und an sie gewandt, murmelte er:
»Ein Gläschen nehme ich aber doch.«
Er schien überrascht, die beiden so tun zu sehen, als sei nichts gewesen.
»Wollt ihr euch nicht um den Hals fallen?« brummte er, als er das Glas zum Mund führte.
Die Antwort kam von Lili:
»Das hat noch Zeit.«
»Hab’ schon verstanden. Ich hau’ jetzt ab. Ich werd’ mich bemühen, nicht vor morgen mittag nach dir zu schicken.«
Und zu Duclos gewandt:
»Wie soll ich das mit den Zeitungen machen? Soll ich sie erwähnen?«
Lili rief: »Bloß nicht!«
Als er dann endlich gegangen und die Tür zu war, stürzte sie sich nicht in Duclos’ Arme, sondern begnügte sich damit, sich vor ihm niederzulassen.
»Hast du wirklich volles Vertrauen zu mir gehabt?« fragte sie mit drollig verzogenem Gesicht.
Er nickte.
»Und hast du mich wirklich gebraucht?«
Er nickte wieder.
»Hast du Angst gehabt?«
Diesmal wandte er den Kopf ab, und erst da fiel sie ihm um den Hals, ganz wie ein kleines Mädchen.
Viel später, nachdem sie ein bißchen geheult hatte, flüsterte sie ihm ins Ohr:
»Er war es, der …«
»Psst! … Ich weiß …«
»Und als ich noch ganz klein war, hat er …«
»Psst! … Morgen …«
»Hast du das auch gewußt?«
»Ich hab’s geahnt.«
Er suchte das Glas, das sie ihm gleichzeitig mit Berna eingeschenkt und das er noch nicht angerührt hatte, und sie fragte sich kurz, was an seinem Gesicht so fremd war, bis sie schließlich merkte, es war der Lippenstift, mit dem sie es ihm verschmiert hatte.
Lakeville (Connecticut), Februar 1952
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