Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
schnappten das Brot auf, und hörten nicht auf seine Worte. Da sah er einen Nachen, alsbald warf er seine Rüstung ab, und behielt nur sein blankes Schwert in der Hand, sprang in das Schiff und ruderte fort. So war er lang geschwommen, als er einen Schornstein von Bergkristall über dem Wasser ragen sah, aus dem ein angenehmer Geruch hervor stieg. Reinald ruderte darauf hin und dachte, da unten wohnt gewiss meine Schwester, dann setzte er sich in den Schornstein und rutschte hinab. Die Prinzessin erschrak recht als sie auf einmal ein paar Menschenbeine im Schornstein zappeln sah, bald kam ein ganzer Mann herunter, und gab sich als ihren Bruder zu erkennen. Da freute sie sich von Herzen, dann aber ward sie betrübt und sagte: „der Wallfisch, hat gehört, dass du mich aufsuchen willst, und hat geklagt, wenn du kämst und er sei Wallfisch, könne er seine Begierde dich zu fressen nicht widerstehen, und würde mein kristallenes Haus zerbrechen, und dann würde ich auch in den Wasserfluten umkommen.“ – „Kannst du mich nicht so lang verbergen, bis die Zeit kommt wo der Zauber vorbei ist.“ – „Ach nein wie sollte das gehen, siehst du nicht die Wände sind alle von Kristall und ganz durchsichtig,“ doch sann sie und sann, endlich fiel ihr die Holzkammer ein, da legte sie das Holz so künstlich, dass von außen nichts zu sehen war und dahinein versteckte sie das Wunderkind. Bald darauf kam der Wallfisch und die Prinzessin zitterte wie Espenlaub, er schwamm ein paarmal um das Kristallhaus und als er ein Stückchen von Reinalds Kleid aus dem Holz hervorgucken sah, schlug er mit dem Schwanz, schnaubte gewaltig und wenn er mehr gesehen, hätte er gewiss das Haus eingeschlagen. Jeden Tag kam er einmal und schwamm darum, bis endlich im siebenten Monat der Zauber aufhörte. Da befand sich Reinald in einem Schloss, das an Pracht gar des Adlers seines übertraf, und mitten auf einer schönen Insel stand; nun lebte er er einen ganzen Monat mit seiner Schwester und Schwager in aller Lust, als der aber zu Ende war, gab ihm der Wallfisch drei Schuppen und sprach: „wenn du in Not bist, so reib daran und ich will dir zu Hülfe kommen“ und ließ ihn wieder ans Ufer fahren, wo er noch seine Rüstung fand.
Das Wunderkind zog darauf sieben Tage in der Wildnis weiter und sieben Nächte schlief es unter freiem Himmel, da erblickte es ein Schloss mit einem StahlTor und einem mächtigen Schloss daran. Vorn aber ging ein schwarzer Stier mit funkelnden Augen und bewachte den Eingang. Reinald ging auf ihn los und gab ihm auf den Hals einen gewaltigen Streich aber der Hals war von Stahl und das Schwert zerbrach darauf, als wäre es Glas. Er wollte seine Lanze brauchen, aber die zerknickte wie ein Strohhalm und der Stier fasste ihn mit den Hörnern und warf ihn in die Luft, dass er auf den Ästen eines Baums hängen blieb. Da besann sich Reinald in der Not auf die drei Bärenhaare, rieb sie in der Hand und in dem Augenblick kam ein Bär daher getrabt, kämpfte mit dem Stier und zerriss ihn. Aber aus dem Bauch des Stiers flog ein Entvogel in die Höhe und eilig weiter; da rieb Reinald die drei Adlerfedern, alsbald kam ein mächtiger Adler durch die Luft und verfolgte den Vogel, der gerade nach einem Weiher floh, schoss auf ihn herab, und zerfleischte ihn; aber Reinald hatte gesehen, wie er noch ein goldnes Ei hatte ins Wasser fallen lassen. Da rieb er die drei Fischschuppen in der Hand, gleich kam ein Wallfisch geschwommen, verschluckte das Ei und spie es ans Land. Reinald nahm es und schlug es mit einem Stein auf, da lag ein kleiner Schlüssel darin, und das war der Schlüssel, der die Stahltür öffnete. Und wie er sie nur damit berührte, sprang sie von selber auf, und er trat ein, und vor den andern Türen schoben sich die Riegel von selber zurück, und durch ihrer sieben trat er in sieben prächtige hellerleuchtete Kammern, und in der letzten Kammer lag eine Jungfrau auf einem Bett und schlief. Die Jungfrau war aber so schön, dass er ganz geblendet davon ward, er wollte sie aufwecken, das war aber vergebens, sie schlief so fest als wäre sie tot. Da schlug er vor Zorn auf eine schwarze Tafel, die neben dem Bett stand; in dem Augenblick erwachte die Jungfrau, fiel aber gleich wieder in den Schlaf zurück, da nahm er die Tafel und warf sie auf den steinernen Boden, dass sie in tausend Stücken zersprang. Kaum war das geschehen, so schlug die Jungfrau die Augen hell auf, und der Zauber war gelöst. Sie war aber die Schwester von den
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