Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
war alles wie das erstemal, und sie tanzten jedesmal bis die Schuhe entzwei waren. Das drittemal aber nahm er zum Wahrzeichen einen Becher mit. Als die Stunde gekommen war, wo er antworten sollte, steckte er die drei Zweige und den Becher zu sich und ging vor den König, die Zwölfe aber standen hinter der Türe und horchten was er sagen würde. Als der König die Frage tat „wo haben meine zwölf Töchter ihre Schuhe in der Nacht vertanzt?“ so antwortete er „mit zwölf Prinzen in einem unterirdischen Schloss,“ berichtete wie es zugegangen war, und holte die Wahrzeichen hervor. Da ließ der König seine Töchter kommen und fragte sie ob der Soldat die Wahrheit gesagt hätte, und da sie sahen dass sie verraten waren und Läugnen nichts half, so mussten sie alles eingestehen. Darauf fragte ihn der König welche er zur Frau haben wollte. Er antwortete „ich bin nicht mehr jung, so gebt mir die älteste.“ Da ward noch an selbigem Tage die Hochzeit gehalten und ihm das Reich nach des Königs Tode versprochen. Aber die Prinzen wurden auf so viel Tage wieder verwünscht, als sie Nächte mit den Zwölfen getanzt hatten.
Die sechs Diener
Vor Zeiten lebte eine alte Königin, die war eine Zauberin, und ihre Tochter war das schönste Mädchen unter der Sonne. Die Alte dachte aber auf nichts als wie sie die Menschen ins Verderben locken könnte, und wenn ein Freier kam, so sprach sie wer ihre Tochter haben wollte, müsste zuvor einen Bund (eine Aufgabe) lösen, oder er müsste sterben. Viele waren von der Schönheit der Jungfrau verblendet und wagten es wohl, aber sie konnten nicht vollbringen was die Alte ihnen auflegte, und dann war keine Gnade, sie mussten niederknien, und das Haupt ward ihnen abgeschlagen. Ein Königssohn der hatte auch von der großen Schönheit der Jungfrau gehört und sprach zu seinem Vater „lasst mich hinziehen, ich will um sie werben.“ „Nimmermehr,“ antwortete der König, „gehst du fort, so gehst du in deinen Tod.“ Da legte der Sohn sich nieder und ward sterbenskrank, und lag sieben Jahre lang und kein Arzt konnte ihm helfen. Als der Vater sah dass keine Hoffnung mehr war, sprach er voll Herzenstraurigkeit zu ihm „zieh hin und versuche dein Glück, ich weiß dir sonst nicht zu helfen.“ Wie der Sohn das hörte, stand er auf von seinem Lager, ward gesund und machte sich fröhlich auf den Weg.
Es trug sich zu, als er über eine Heide zu reiten kam, dass er von weitem auf der Erde etwas liegen sah wie einen großen Heuhaufen, und wie er sich näherte, konnte er unterscheiden dass es der Bauch eines Menschen war, der sich dahingestreckt hatte; der Bauch aber sah aus wie ein kleiner Berg. Der Dicke, wie er den Reisenden erblickte, richtete sich in die Höhe und sprach „wenn ihr jemand braucht, so nehmt mich in eure Dienste.“ Der Königssohn antwortete „was soll ich mit einem so ungefügen Mann anfangen?“ „O,“ sprach der Dicke, „das will nichts sagen, wenn ich mich recht aus einander tue, bin ich noch dreitausendmal so dick.“ „Wenn das ist,“ sagte der Königssohn, „so kann ich dich brauchen, komm mit mir.“ Da ging der Dicke hinter dem Königssohn her, und über eine Weile fanden sie einen andern, der lag da auf der Erde und hatte das Ohr auf den Rasen gelegt. Fragte der Königssohn „was machst du da?“ „Ich horche,“ antwortete der Mann. „Wonach horchst du so aufmerksam?“ „Ich horche nach dem was eben in der Welt sich zuträgt, denn meinen Ohren entgeht nichts, das Gras sogar hör ich wachsen.“ Fragte der Königssohn „sage mir, was hörst du am Hofe der alten Königin, welche die schöne Tochter hat?“ Da antwortete er „ich höre das Schwert sausen, das einem Freier den Kopf abschlägt.“ Der Königssohn sprach „ich kann dich brauchen, komm mit mir.“ Da zogen sie weiter und sahen einmal ein paar Füße da liegen und auch etwas von den Beinen, aber das Ende konnten sie nicht sehen. Als sie eine gute Strecke fortgegangen waren, kamen sie zu dem Leib und endlich auch zu dem Kopf. „Ei,“ sprach der Königssohn, „was bist du für ein langer Strick!“ „O,“ antwortete der Lange, „das ist noch gar nichts, wenn ich meine Gliedmaßen erst recht ausstrecke, bin ich noch dreitausendmal so lang, und bin größer als der höchste Berg auf Erden. Ich will euch gerne dienen, wenn ihr mich annehmen wollt.“ „Komm mit,“ sprach der Königssohn, „ich kann dich brauchen.“ Sie zogen weiter und fanden einen am Weg sitzen, der
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