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Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Titel: Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Grimm
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habe auch einen Sinn, wenn du den deinen aber nicht sagst, sag ich den meinen auch nicht.“ Der Dritte sprach: „Wenn ihr euren Sinn nicht sagt, schweige ich auch, aber ich meine, wir solltens uns sagen, denn wir sind ja allein. Wir wollen drum loosen, wer seinen Sinn zuerst sagen soll.“ Damit waren die andern zufrieden und das Loos traf den Ersten. Er sprach: „Ich hab einen Sinn, ich will nicht mehr stehlen und rauben und morden.“ „Ich auch nicht, ich auch nicht!“ sprachen die beiden andern. „Aber warum willst du nicht mehr stehlen und rauben und morden?“ „Da liegt der Haken,“ sagte der Erste; „ich habe eine Geldbörse gestohlen, die wird nie leer, wie viel man auch herausnehmen mag. Da liegt sie und nun nehmt euch so viel ihr wollt.“ Mit den Worten warf er die Börse auf den Tisch, dass die blanken Taler zu Dutzenden herausrollten. „Das ist ein großer Schatz,“ sprach der Zweite, „aber ich habe dein Geld nicht nötig. Ich habe einen Mantel, wenn ich den umhänge und wünsche mich wohin, dann bin ich augenblicklich dort und wärs am Ende der Welt. Da ist er;“ sprachs und legte den Mantel zu der Börse. „Das ist Dreck gegen das was ich habe,“ sagte der Dritte. „Ich habe ein Seitengewehr, wenn ich das herausziehe und schwinge, dann fallen alle Köpfe derer ab, die vor mir stehn. Seht da ist es und damit ihr mir glaubt, will ich eine Probe machen,“ und er schwang es gegen die Hunde, welche in der Ecke lagen und da fielen ihnen allen die Köpfe ab, wie wenn einer sie mit dem Rasirmesser abgeschnitten hätte; dann legte er das Schwert auf den Tisch zu dem Mantel und der Börse. Sprach der Aelteste: „Jetzt wollen wir zu guter Letzt noch Abschied trinken“ und damit holte er vier großmächtige Kannen voll Wein und sie zechten, bis tief in der Nacht sie alle drei unterm Tisch lagen und schliefen; man hätte eine Kanone neben ihnen abschießen können, sie hätten es nicht bemerkt.
    Jetzt kommt meine Zeit, sprach der Junge, der Alles gehört und gesehn hatte, öffnete leise die Thür, steckte die Börse in den Sack, das Schwert an die Seite und hing den Mantel um. Nun hat's weiter keine Eile, dachte er, jetzt will ich erst mit Ruhe etwas essen und trinken und dann mit meinem Mantel auf Reisen gehn. Er holte das Fleisch aus dem Kessel, der noch überm Feuer hing, Brot und Butter aus dem Schrank und Wein dazu und hielt ganz bequem eine herrliche Mahlzeit, übereilte sich so wenig dabei, dass die Sonne schon hoch am Himmel stand, ehe er fertig war. Dann gab er jedem der Räuber einen kräftigen Fußtritt, schmiß Teller, Schüsseln, Kannen und Gläser auf sie und tobte und schrie wie besessen, bis sie erwachten und aufsprangen. Als aber der Erste von ihnen ihn fassen wollte, wünschte er sich rasch zehn Stunden weit und weg war er und die Räuber hatten das Nachsehen und konnten mit dem Stehlen wieder von vorn anfangen.
    Der Junge aber stand durch seinen Wunsch plötzlich in der Nähe einer großen und prächtigen Stadt, das war des Landes Hauptstadt, wo der König wohnte. Er ging hinein und in das stolzeste Wirtshaus, wo nur hohe Herrschaften einkehrten. Als der Wirt ihn in dem unscheinbaren Mantel sah, sprach er: „Sucht euch ein anderes Wirtshaus, ich habe nur prächtige Zimmer mit seidenen Betten und die sind nicht für Bettelleute, sondern nur für Prinzen und Grafen.“ Damit wandte er sich um und ging, aber die Tochter, welche Alles mit angehört hatte und der der schöne junge Mensch gefiel, hatte Mitleid mit ihm weil es schon gegen Abend ging und gab ihm heimlich ein Zimmer im Hinterhaus, wo die Dienerschaft der vornehmen Gäste gewöhnlich schlief. Als sie von ihm weggehn wollte sprach er: „Zum Dank für eure Güte haltet eure Schürze einmal auf“ und er schüttete ihr aus seiner Börse die Schürze voll blanker Taler, so dass sie ihre schwere Last daran zu tragen hatte.
    Sogleich lief das Mädchen zu ihrem Vater und zeigte ihm den Reichtum und da kratzte sich der Wirt wohl hinter den Ohren; er zog seinen Sonntagsstaat an, trat unter vielen Bücklingen in das Zimmer und bat den Jüngling hunderttausendmal um Verzeihung, führte ihn in das allerprächtigste Zimmer und wartete ihm auf, wie einem König.
    Am andern Tage ließ der Jüngling den Schneider kommen und sich reiche Kleider machen, eine vollständige Prinzenmontur; Pferde wurden gekauft, die schönsten Wagen mussten herbei und er nahm wol zwanzig Bedienten an; dann kaufte er das prächtigste Haus in der Stadt,

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