Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
er, „es wäre euer Unglück,“ denn er hatte keine besondere Lust, sich wieder unter die Kerle zu mischen. Als sie aber so baten, da fiel ihm ein, wie die schöne Königstochter ihn auch zur Wiederkehr ermahnt hatte und er folgte seinem guten Herzen. Er schrieb seiner Gemahlin einen Brief, worin stand, er müsse auf eine Weile weg, um die andern Städte des Königreichs zu besuchen, bald werde er aber wiederum bei ihr sein. Dann setzte er sich mit der alten Mannschaft auf den Mantel und fort ging's wie der Wind, so dass sie in Zeit von zehn Minuten vor dem Schlosse standen.
Es war Abends und als sie hereintraten fanden sie die Tafel gedeckt, doch kam nur für den Feldwebel, das heißt jetzt für den König Essen auf den Tisch, die andern konnten sich hungrig zu Bette legen und das gefiel ihnen schlecht, aber damit war es noch nicht getan. Als sie weg waren und der König in sein Kämmerlein trat, da erschien die Königsjungfrau und sprach freundlich: „Schönen guten Abend mein lieber getreuer Johannes Erlöser, du tatest recht daran, wieder zu kommen, die andern aber taten übel dran und es gereut sie schon. Nimm morgen am Tage die zwölf Karfunkelsteine, welche auf dem Tische liegen und bringe sie deinen zwölf Prinzen, bleibe auch nicht länger hier in dem Schlosse.“ Also sprach sie, reichte ihm ihre Hand und verschwand. Der König tat, wie sie gesagt; als er aber an dem Tor des Schlosses vorüberflog, da hing die ganze Mannschaft an einem himmelhohen Galgen und grinzte ihn an; die hatten ihre verdiente Strafe.
Was das für eine Freude war, als der König so schnell wieder heimkehrte und die zwölf prachtvollen Karfunkelsteine den Prinzen schenkte! Gleich sollte er sagen, wo er dieselben her habe, es wurde ihm keine Ruhe gelassen und da platzte er zuletzt heraus. Nun hatten die Prinzen keine Ruhe und wollten alle zwölf auch in das verwünschte Schloss, doch das wollte er nicht zugeben, denn er musste unaufhörlich daran denken, wie die Mannschaft an dem Galgen baumelte und ihn angrinzte. Da träumte ihm dreimal, die schöne Königstochter stehe vor seinem Bette und bäte ihn mit Tränen, er möge doch die zwölf Prinzen in das Schloss bringen, das sei ja ihre Erlösung. Als er es trotzdem immer nicht tat, da träumte ihm in der vierten Nacht, die Thür seines Schlafzimmers öffne sich und die zwölf Prinzessinnen kämen mit der schönen Königsjungfrau herein, fielen vor ihm auf die Kniee nieder und bäten ihn alle, doch ihrer Erlösung nicht im Wege stehen zu wollen; den Prinzen geschehe nichts, im GegenTeil, sie würden glücklich auf Lebenszeit. Da wurde ihm das Herz weich, er sagte Alles seiner Gemahlin, setzte sich mit seinen Söhnen auf den Mantel und stand vorm Schloss.
Als sie eintraten, war die Tafel prächtig gedeckt, viel schöner als ehemals für die Mannschaft, alles blitzte und glitzerte von purem Gold. Des Abends, als die Prinzen zu Bette waren, flog des Königs Türe auf und die schöne Jungfrau trat mit freudelachenden Blicken herein und sprach: „Schönen Dank, mein lieber getreuer Johannes Erlöser, dass du kommst. Unsere Erlösung ist nahe, morgen essen wir alle mit euch an Einem Tische und schlafen mit euch in denselben Betten, doch darf keiner mit uns sprechen und keiner uns berühren. tuet so wie ich sage und wir alle sind glücklich auf ewige Zeiten.“ Der König versprach es mit Freuden und schärfte am Morgen seinen Söhnen wohl ein, wie sie sich zu verhalten hätten. Mittags war die Tafel für sechsundzwanzig Personen gedeckt und zur bestimmten Zeit traten die Jungfrauen ein, grüßten stumm sich verneigend die Prinzen und setzten sich mit ihnen zu Tische, die Aelteste zum Aeltesten und so fort bis zur Jüngsten, welche neben dem Jüngsten saß. Die Prinzen taten jeder, als sei er ganz allein am Tische und sahen kaum die Jungfrauen an und wenn einer oder der Andere etwa einen Blick wagte, dann klopfte der König mit dem Messerstiel auf den Tisch und alsbald sahen sie wieder vor sich. Abends durften sie nicht einmal ihre Kleider ablegen; als sie schon einige Zeit zu Bette gegangen waren, machte der König die Runde und winkte jedem noch einmal mit dem Finger, da lagen sie steif und starr, wie die Bildsäulen. So ging Alles gut bis gegen Morgen. Da knallte es, als wenn zehnmalhunderttausend Kanonen losgeschossen würden, zugleich stürzten die Prinzessinnen den Prinzen um den Hals und küssten sie und begrüßten sie als ihre Erlöser, nur die schönste Jungfrau, welche bei dem
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