Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
General der Dänen krank, alle Aerzte gaben ihn verloren, da kam sie und verschrieb ihm ein Tränklein, das machte ihn Augenblicks gesund so dass er noch am selben Tag kommandiren konnte. Der General kommandirte aber vor allem, dass sie von jetzt an Oberregimentsarzt sei, denn die andern Aerzte seien gegen sie keine faule Bohne werth; zugleich befahl er, dass alle Soldaten vor ihr präsentiren müssten, ritt alsdann vor die Front und führte sein Kommando: rechtsum, linksum, marsch! als ob ihm sein Lebenlang nichts gefehlt hätte.
Der neue Oberregimentsarzt, d.h. die Frau des Kaufmanns, sagte nun zum General, es sei nötig, dass die ganze Armee untersucht würde und jeder einzelne Soldat müsste jetzt vor ihm erscheinen, denn so lang er Regimentsarzt bleibe, dürfte keiner in der Armee krank werden. dass der General damit einverstanden war, könnt ihr wohl denken. Solches tat die Frau aber, weil sie sehn wollte, ob ihr Mann nicht unter den Soldaten wäre. Sie ließ große Kessel voll ihrer Arznei brauen und als die Soldaten kamen, einer nach dem andern, gab sie jedem, der einen Fehler oder eine Krankheit hatte, ein Fläschchen ihrer Arzenei, ließ es ihn leeren und im selben Augenblick sprangen die Burschen weg, gesund und flott, wie die Fische im Wasser.
Endlich kam auch der Kaufmann, aber wie sah er aus! Es war fast nichts mehr an ihm, wie Haut und Knochen. Ach Gott, wie schlug der armen Frau da das Herz im Leibe! Sie meinte vor lauter Jammer in den Boden zu versinken, und vor lauter Liebe und Freude wäre sie ihm doch zugleich fast um den Hals gefallen. Das war ein harter Stand für sie, aber sie bezwang sich doch, strich sich ihren falschen Schnauzbart ein paarmal, drückte ihren Federhut tiefer ins Gesicht und frug so barsch sie nur konnte, denn dahinter verbarg sie all das Leid und alle die Freude ihres Herzens: „Was fehlt dir denn, du?“ „Lieber Herr Oberregimentsarzt,“ sprach der Kaufmann, „was mir fehlt, davon könnt ihr mich nicht heilen; ich bin am Herzen krank.“ „Ei was, dummes Geschwätz,“ sprach sie wieder recht barsch, und sie konnte sich der Tränen kaum erwehren, „ich kann Alles heilen. Und damit ich dich um so besser in die Kur nehmen kann, bleibst du als Bursch und Bedienter bei mir, obschon du ein rechter Schmutzgockel zu sein scheinst; aber das will ich dir schon abgewöhnen.“
So war nun das eine Ziel ihrer Wünsche erreicht, aber es fehlte ihr noch eins, sie musste ihren Mann noch von ihrer Unschuld und von der Grundlosigkeit seines Verdachtes überzeugen. Nachdem sie das ganze Regiment und danach auch die ganze Armee des Königs von Dänemark gesund gemacht hatte, bat sie den General um drei Monat Urlaub, was ihr gern bewilligt wurde, denn sie sah plötzlich ganz blass aus und magerte immer mehr ab vor innerm Herzeleid und Aufregung. Sogleich hieß sie den Burschen, d.h. ihren Mann die Koffer packen, einen ausgenommen, den er nie berühren durfte, denn darin sagte sie, wären ihre gefährlichsten Gifte und wer ihn aufmachte, wäre des Todes. Es lag aber ihr Kleid darin, welches sie getragen hatte, als ihr Mann sie so unbarmherzig geschlagen.
Als nun der Wagen angespannt war und sie fortfahren sollte, frug der Kutscher, wohin der Weg gehe. „Fahre nach London,“ rief sie, „da will ich eine Zeitlang bleiben.“ Ach du lieber Gott und Herr, was soll das werden! dachte der Bediente.
In London miethete sie gleich die besten Zimmer im Hause des falschen Kaufmanns, welches früher ihr eigen gewesen war. Gegen mich hat sich Alles verschworen, dachte der Bediente, und wenn der liebe Gott mich nicht stärkt, dann unterliege ich. Dann ging er in die Kirche und betete zum ersten Mal seit dem schrecklichen Tag, wo er aus London geflohen, wieder recht aus Herzensgrund und da kam ein großer Friede und eine stille Heiterkeit über ihn und er sprach zu sich selbst: wer weiß was Gott mit mir vor hat und wodurch ich meine Leiden verdient habe; wenn ich nur nicht erkannt werde, dann bin ich gern zufrieden. Mit dem Erkennen hatte es aber keine Not, denn er war zu sehr verändert und zudem dachte kein Mensch mehr an ihn.
Jetzt hielt der Regimentsarzt jeden Abend große Tafel und der falsche Kaufmann wurde immer dazu eingeladen; so oft er aber kam, drückte sich der Bediente in die Ecken und hielt sich so viel als möglich im Dunkel. So wurde der Arzt immer vertrauter mit dem bösen Menschen und zuletzt sagten sie gar Du zu einander.
Eines Abends ließ der Regimentsarzt von den
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