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Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Titel: Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Grimm
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den Berg gezogen und hatte seine Tochter gebunden und dem Drachen zum Fraße hingelegt. Das Ungethüm kam langsam herausgekrochen und ließ seine drei roten Zungen vor Gier armslang aus dem Halse hängen und besann sich nur noch, mit welchem Maul es zuerst anbeißen wollte. Da sprengte auf einmal vom Berg herab ein schwarzer Ritter, hieb mit einem gewaltigen Schlag dem Drachen einen Kopf ab und verschwand eben so schnell wieder, wie er gekommen war. Als der Hinkelhirt nach Hause kam, sprach der König zu ihm: „Ach du mein lieber und getreuer Hinkelhirt, wärst du doch da geblieben, so hättest du den fremden Ritter gesehn, der unserm bösen Drachen einen Kopf abgehauen hat; aber noch zweimal müssen wir die Prinzessin hinausbringen, sonst frisst er die ganze Stadt.“
    Als er des andern Morgens wieder hinaustrieb, sagte der König wieder: „Ach du mein lieber und getreuer Hinkelhirt, willst du nicht dableiben und sehen, wie es mit meiner Tochter geht?“ „Viel lieber will ich mit meinen Hinkeln ausfahren.“ Und dießmal zog er in dem Schlosse rote Kleider an, nahm sich ein rotes Roß und hieb dem Drachen den zweiten Kopf ab, er sprengte aber wieder so schnell fort, dass ihn Niemand erkennen oder halten konnte. Als er heimkam, sprach der König zu ihm: „Ach du mein lieber und getreuer Hinkelhirt, wärest du doch da geblieben, heut war ein anderer Ritter da und hat dem Drachen noch einen Kopf abgehauen, aber einen hat er immer noch und die Prinzessin muss morgen wieder hinaus.“
    Den dritten Tag zog der Hinkelhirt weiße Kleider an und setzte sich auf ein weißes Roß und schlug dem Drachen den dritten und letzten Kopf ab. Nun war die Prinzessin erlöst, Niemand kannte aber den, der es getan.
    Da ließ der König ein großes Turnier anstellen und verkündigen, dass der, welcher den Preis davon trüge, seine Tochter zur Frau bekommen solle und das ganze Königreich dazu. Es galt aber, mit dem Speer einen Ring von einem Querbalken hinwegzunehmen und ihn in vollem Rennen wieder hinzuhängen. Die geschicktesten Reiter fanden sich ein, aber keiner konnte es fertig bringen. Auf einmal sprengte ein kohlschwarzer Ritter mit geschlossenem Visir auf einem schwarzen Gaul in die Schranken und in einem Nu hatte er den Ring hinweggestochen und wieder an seinen Platz gehängt, dann aber sprengte er in einem Rennen zu den Schranken hinaus und fort. Das verdroß den König und sein Töchterlein gar sehr und als der Hinkelhirt Abends heim kam, sprach der König zu ihm: „Ach du mein lieber und getreuer Hinkelhirt, heute hättest du sehen können, was der schwarze Ritter, der unserm Drachen den ersten Kopf abgehauen hat, so schön turnieren und stechen kann. Er ist aber wieder durchgegangen, ich glaube, meine Tochter ist ihm zu schlecht.“
    Gerade so ging es den folgenden Tag bei dem zweiten Turnier, nur dass der Hinkelhirt wieder den roten Gaul und die roten Kleider hatte.
    Den dritten Tag aber befahl der König, wenn wieder ein fremder Ritter komme, so solle man das Tor schließen und ihn fangen, tot oder lebendig.
    Dießmal kam der Hinkelhirt wieder in weißen Kleidern und auf dem weißen Pferde. Er stach den Ring noch zierlicher, als die andern Tage, verneigte sich sittsam vor des Königs Töchterlein und wollte wieder fortsprengen. Wie er sah, dass das Tor geschlossen war und des Königs Leute von allen Seiten heranliefen, um ihn zu fangen, setzte er mit einem Satze über das Tor und fort war er. Vorher hatte ihm ein alter Invalid mit dem Spieß ins Bein gestochen, aber die Spitze brach ab und blieb in dem Bein des Ritters stecken, der sich dadurch nicht aufhalten ließ. Des Königs Töchterlein aber fing an zu weinen, weil sie glaubte, jetzt müsse sie immer ledig bleiben.
    Als der Hinkelhirt nach Hause kam, sprach der König zu ihm: „Ach du mein lieber und getreuer Hinkelhirt, wärst du da geblieben, so hättest du sehen können, wie der weiße Ritter durchgegangen ist, der unserm Drachen seinen letzten Kopf abgehauen hat. Aber warum blutet denn dein Bein so sehr?“ Der Hinkelhirt wollte sich immer noch verstellen, doch der König ließ seinen LeibfeldScherer rufen, der zog ihm die abgebrochene Spitze aus dem Bein und die paßte genau auf die Lanze des Invaliden. Nun kam es heraus, dass die drei Ritter Niemand anders waren als der Hinkelhirt und immer wieder der Hinkelhirt. Der aber ging in den Wald und zog seine Prinzenuniform an und kam wieder und heiratete die Prinzessin und war jetzt König von Siebenstern. Das

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