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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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hatte die Hände in der weißen Kordel eingehakt, die seinen fulminanten Leib zusammenhielt wie die Eisenreifen die Holzdauben eines Whiskyfasses. Die wässrigen kleinen Augen waren vom schwammig aufgedunsenen Gesicht beinahe verschluckt worden. Jetzt schob er die Unterlippe nach vorn wie ein lungenkranker Fisch: »Vous etes incapable.« Reverend Michael Rob sprach die Begrüßungsworte an die sieben neuen Schüler des Internats von Eaglesham. Er machte unmissverständlich klar, dass sie nicht zum Vergnügen hier seien, sondern weil sie draußen in den Städten den Verlockungen und Ausschweifungen erlegen seien. Hier sei der letzte Ort, um zu einem rechtschaffenen Leben zurückzufinden, einem Leben im Dienste Gottes und der Krone.
    »Ihr seid der Abschaum der schottischen Gesellschaft, wie nutzloses Strandgut nach Eaglesham gespült, damit aus euch noch etwas Anständiges werde. Ich werde dafür bezahlt, dass ihr diesen Ort als Gentlemen wieder verlasst.Vieles werdet ihr nicht verstehen, vieles wird euch zornig machen, aber wenn ihr eines Tages Eaglesham verlasst, werdet ihr verstanden haben, was ich, Reverend Michael Rob, euch beigebracht habe. Hier weht ein rauer Wind, und wer sich diesem Wind nicht beugt, wird brechen wie ein nutzloser Ast im Sturm.«
    Die Schüler saßen im Musikzimmer des Internats und starrten auf die Holztäfelung mit den geschnitzten Ornamenten und Instrumenten. Die Jungen blickten mürrisch drein und schienen nur auf Flucht zu sinnen. Was sie soeben gehört hatten, übertraf ihre schlimmsten Befürchtungen. Sie fühlten sich wie unschuldig Verurteilte in einem Gefangenenlager fernab jeder Zivilisation.
    Nur John Law saß gelassen da, als warte er auf die Ankunft seiner Kutsche. Sein Herz schlug so ruhig und gleichmäßig wie die große Pendeluhr, die über dem Kamin stand und von zwei speckigen Engeln festgehalten wurde. John ließ seinen Blick über den goldenen Stuck schweifen, der die Deckenränder verzierte. Die Fenster waren nachträglich vergrößert worden, aber sie hatten das schottische Wetter nicht besser gemacht. Es war düster und unfreundlich, aber John Law ließ sich nicht beeindrucken. Er war sicher, dass er es durchstehen würde. Wenn er hier fertig war, wollte er nach London und eines Tages nach Paris, zum schottischen Kolleg, an das Grab seines Vaters. Und diesen verdammten Spazierstock mit dem vergoldeten Griff holen.
    John bezog ein Zimmer im Haus von Reverend James Woodrow, einem Cousin seiner Mutter. James Woodrow hatte einen Sohn, Robert, eine kräftige Frohnatur, der genauso schwerfällig und stumm war wie die Felsen hinter den Wäldern von Eaglesham. Eaglesham lag am Ende der Welt. Die Leute waren gottesfürchtig, lebten züchtig und genügsam und gingen abends früh zu Bett. James Woodrow war ein liebenswürdiger, älterer Dorfpfarrer, der an das Gute im Menschen glaubte. Seine Stimme war sanft, freundlich, und sein Blick so fröhlich und verzückt, dass man ihn für schwachsinnig halten konnte. Vor dem Essen wurde ausführlich gebetet. Die Tischunterhaltung wurde zumeist von dem Reverend bestritten.
    Aber da gab es auch noch die beiden Töchter des Reverends. Es waren rothaarige Zwillinge mit langen, zu Zöpfen geflochtenen Haaren. Mit schmachtendem Blick schielten sie während des Essens über ihre Löffel zu diesem stattlichen jungen Herrn aus der Großstadt Edinburgh, der sich so natürlich und liebenswürdig bewegte, so galant und zuvorkommend an den Tisch setzte. Das Verhalten seiner Töchter konnte dem Reverend James Woodrow kaum entgehen. Bereits nach wenigen Tagen bat er Gott nun auch um seine Hilfe bei der Bändigung der Wollust. Doch als der erste Frühling kam, schien Gott seiner ewigen Bitten müde geworden zu sein. Die beiden Mädchen trafen sich nachts mit John Law im Pferdestall. Während die eine Schwester Wache hielt, vergnügte sich die andere mit John. Janine hatte John Law in der Tat eine ganze Menge beigebracht.
    Das Leben im Internat von Eaglesham war ganz auf das Lernen ausgerichtet. Die Sprachen standen im Vordergrund: Latein, Französisch, Holländisch. Über Wirtschaft und Finanzen wusste Reverend Michael Rob wenig zu berichten. Da hatte der verstorbene William Law seinem Sohn John schon mehr beigebracht: die Prinzipien des öffentlichen und privaten Kreditwesens, die Struktur von Handel und Manufakturen, die Theorie und Praxis der Besteuerung und die Wahrscheinlichkeitsberechnungen einer im Entstehen begriffenen Branche: des

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