Das Große Spiel
Bereichen ... nützlich einsetzen.«
John lächelte: »Ich weiß, Reverend, selbst beim Kartenspiel lässt sich Mathematik einsetzen.«
Der Reverend lächelte schelmisch. Nun hatte er sein Misstrauen abgelegt und freute sich darüber, zu später Stunde noch Besuch von einem derart schön gebauten Jüngling zu erhalten.
»Du musst deine Affektionen zügeln, wenn du im Leben Erfolg haben willst. Das Kartenspiel ist Zerstreuung und kann gar zum Laster werden, aber es ist keine universitäre Disziplin, John, es ist nicht Mathematik.« Reverend Rob rülpste erneut. Ein malzig fauliger Gestank entwich seinem Mund, während er John mit einer Handbewegung aufforderte, Platz zu nehmen.
John setzte sich. »Sie glauben also nicht, dass man mit Mathematik und Wahrscheinlichkeitsrechnungen ein Kartenspiel berechnen und auf die Dauer gewinnen kann?«
Der Reverend ließ sich grinsend auf seinen Hocker fallen und verharrte einen Augenblick in der Position, um zu überprüfen, ob er auch wirklich sicher auf seinem hölzernen Untersatz saß. Dann nahm er die Karten und begann zu mischen. »Nimm einen Schluck Bier, John. Wenn wir schon Karten spielen, können wir auch gleich zusammen saufen.«
Der Reverend legte die Karten. »Du kennst Pharao!« John grinste. Natürlich kannte er es. Selbst Louis XIV., der Sonnenkönig, dessen Glanz die gesamte Welt überstrahlte, liebte Pharao.
»Spielen wir um Geld?«, fragte John.
Der Reverend hielt inne und schaute zu John hoch. Ihm gefiel dieser junge Mann aus Edinburgh, die hohe Stirn, der sanftmütige Ausdruck, der schöne Mund und die Adlernase, die ihm eine individuelle Note von Kraft und Energie verlieh. Dieser junge Mann glich einer Naturgewalt. Er saß da und füllte den gesamten Raum. Der Reverend spürte, dass von diesem jungen Mann ein Bann ausging. Er flehte zu Gott, dass dieser junge Mann nicht noch mehr Wünsche äußerte. Denn er ahnte, dass er diesem John Law heute Abend keine Bitte würde abschlagen können.
»Spielen wir also um Geld«, sagte der Reverend freundlich, »wenn ich gewinne, werde ich es der Kirche spenden.«
»Wenn ich gewinne, werde ich es für mich behalten«, lächelte John Law.
Reverend Michael Rob musterte John Law mit strengem Blick: »Und an wem wird Gott seine größere Freude haben?«
»An mir«, lachte John, »weil ich nicht gelogen habe.«
Der Reverend lachte laut heraus. Dann erhob er sich, hielt wieder inne, bis er sicher war, dass er das Gleichgewicht halten konnte, und torkelte zur Bibliothek. Zwischen den Verstrebungen der Regale waren kleine Schubladen integriert. Er öffnete eine. John hörte das Geklimper von Münzen. Der Reverend kam mit ein paar Geldstücken zurück und stapelte sie auf dem Tisch. John klaubte ein paar Spielmünzen aus Horn hervor, die er George beim nächtlichen Spiel abgenommen hatte.
»Das ist kein Geld«, grölte der Reverend.
»Eine Spielmünze entspricht einem Penny, Pater.«
»Aber diese Münze ist nichts wert, John«, lachte der Reverend und nahm vergnügt einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas.
»Doch, Reverend, sie ist genauso viel wert wie ein echter Penny«, antwortete John.
Der Reverend schmunzelte und ergriff Johns Hand, die über einem Berg von Spielmünzen ruhte: »Ein Penny hat den Wert eines Pennys, weil in einem Penny Metall im Wert eines Pennys steckt. Aber in deinen Spielmünzen ...« Der Reverend nahm eine in die Hand und musterte sie im flackernden Licht der Kerzen. »... aber in deinen Spielmünzen kann ich kein Metall entdecken, kein Gold, kein Silber, keine Bronze.«
»Und doch hat sie den Wert eines Pennys, Reverend, weil ich Ihnen nämlich verspreche, dass ich, John Law of Lauriston, Eigentümer von Lauriston Castle in Edinburgh, Ihnen im Tausch einen richtigen Penny auszahlen werde.«
Der Reverend lachte wieder laut auf und schenkte sich und John Bier nach. »Wieso machen Sie es nicht einfacher, John Law of Lauriston? Wieso nehmen Sie nicht gleich echte Pennys?«
»Die echten Pennys habe ich ausgeliehen. Dafür erhalte ich Zinsen. Somit habe ich mit diesen Spielmünzen aus Horn mein Kapital verdoppelt. Ich kann nun so agieren, als hätte ich das doppelte Vermögen. Stellen Sie sich nur einmal vor, an den europäischen Königshöfen würde dieses System eingeführt! Die Geldmenge würde sich verdoppeln, der Handel würde aufblühen.«
Der Reverend ordnete die Karten in zwei Reihen auf dem Tisch.
»Dein System, John Law, basiert auf Vertrauen. Wenn ich dir glaube, dass du mir
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