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Das Grosse Spiel

Das Grosse Spiel

Titel: Das Grosse Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Ender mit, daß diejenigen, die gerade nicht selbst spielten, in die Simulatorräume kommen und zuschauen würden. Ender stellte sich vor, wie es sein würde, seine Freunde dort bei sich zu haben, wenn sie jubelten oder lachten oder vor Besorgnis nach Luft schnappten; manchmal dachte er, es wäre eine zu große Ablenkung, aber dann wieder wünschte er es sich von ganzem Herzen. Selbst als er die Tage draußen im Sonnenlicht auf einem Floß in einem See liegend verbracht hatte, war er nicht so einsam gewesen. Mazer Rackham war sein Kamerad, war sein Lehrer, aber er war nicht sein Freund.
    Doch er sagte nichts. Mazer hatte ihm erklärt, daß es kein Mitleid geben würde und sein privates Unglück niemandem etwas bedeutete. Die meiste Zeit bedeutete es sogar Ender nichts. Er richtete seine Gedanken auf das Spiel und versuchte, aus den Schlachten zu lernen. Und nicht nur die speziellen Lektionen aus jeder Schlacht, sondern was die Krabbler vielleicht anders gemacht hätten, wenn sie cleverer gewesen : wären, und wie Ender reagieren würde, wenn sie es in Zukunft täten. Er lebte zugleich mit vergangenen wie mit zukünftigen Schlachten, im Wachen wie im Schlafen, und er trieb seine Geschwaderführer mit einer Intensität an, die bisweilen Rebellion provozierte.
    »Du bist zu nett zu uns«, sagte Alai eines Tages. »Warum ärgerst du dich nicht über uns, weil wir nicht in jedem Augenblick bei jeder Übung brillant sind. Wenn du uns weiter so verhätschelst, werden wir noch glauben, du hättest uns gern.«
    Einige der anderen lachten in ihre Mikrophone. Ender erkannte natürlich die Ironie und antwortete mit einem langen Schweigen. Als er schließlich sprach, ignorierte er Alais Klage.
    »Nochmal«, sagte er, »und dieses Mal ohne Selbstmitleid.« Sie machten es nochmal und machten es richtig.
    Aber während ihr Vertrauen in Ender als Kommandanten wuchs, verschwand nach und nach ihre Freundschaft aus Kampfschultagen. Untereinander kamen sie sich näher; untereinander tauschten sie Vertraulichkeiten aus. Ender war ihr Lehrer und Kommandant, so fern von ihnen, wie Mazer es gewesen war, und genauso anspruchsvoll.
    Sie kämpften deswegen um so besser. Und Ender wurde nicht von seiner Arbeit abgelenkt.
    Wenigstens nicht, solange er wach war. Wenn er abends in den Schlaf hinüberdämmerte, war er in Gedanken am Simulator, ließ die Erinnerung daran durch seinen Geist spielen. Aber in der Nacht dachte er an andere Dinge. Oft sah er den Leichnam des Riesen, der stetig zerfiel; er stand jedoch nicht in den Bildpunkten auf seinem Pult vor ihm. Statt dessen war er real, und der schwache Geruch des Todes schwebte immer noch in seiner Nähe. In seinen Träumen waren die Dinge anders. Das kleine Dorf, das zwischen den Rippen des Riesen gewachsen war, bestand jetzt aus Krabblern, und sie begrüßten ihn erst, wie Gladiatoren, die Cäsar grüßten, bevor sie zu seinem Vergnügen starben. Er haßte die Krabbler in seinen Träumen nicht; und obwohl er wußte, daß sie ihre Königin vor ihm versteckt hatten, versuchte er nicht, nach ihr zu suchen. Er verließ den Körper des Riesen immer rasch, und wenn er zu dem Spielplatz kam, waren die Kinder immer da, wölfisch und spottend; sie trugen Gesichter, die er kannte. Manchmal Peter , und manchmal Bonzo, manchmal Stilson und Bernard; ebenso oft aber waren die wilden Geschöpfe Alai und Shen, Dink und Petra; manchmal war eines von ihnen sogar Valentine, und in seinen Träumen drückte er auch sie unter Wasser und wartete darauf, daß sie ertrank. Sie wand sich in seinen Händen, kämpfte darum hochzukommen, war aber schließlich still. Er zog sie aus dem See und auf das Floß, wo sie mit im Todeskampf verzerrtem Gesicht dalag. Er schrie und weinte neben ihr, rief wieder und wieder, daß es ein Spiel sei, ein Spiel, er spiele doch nur! –
    Dann rüttelte Mazer Rackham ihn wach. »Du hast im Schlaf gerufen«, sagte er.
    »Tut mir leid«, sagte Ender.
    »Macht nichts. Es ist Zeit für eine weitere Schlacht.«
    Stetig nahm das Tempo zu. Gewöhnlich fanden jetzt zwei Schlachten pro Tag statt, und Ender beschränkte die Übungen auf ein Minimum. Er nutzte die Zeit, in der die anderen sich ausruhten, um über den Aufzeichnungen vergangener Spiele zu brüten; versuchte zu erraten, was als nächstes kommen würde. Manchmal war er auf die Neuerungen des Feindes vollkommen vorbereitet; manchmal war er es nicht.
    »Ich glaube, Sie mogeln«, verkündete Ender eines Tages Mazer.
    »Ach?«
    »Sie können

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