Das Grosse Spiel
der möglichen Resultate durchgeführt. Und hier ist das, was der Computer als Enders Reaktion voraussagt.«
»Wir wollen ihm etwas beibringen und ihn nicht in den Nervenzusammenbruch treiben.«
»Der Computer kennt ihn besser als wir.«
»Der Computer ist auch nicht gerade für seine mitleidige Ader bekannt.«
»Wenn Sie barmherzig sein wollten, hätten Sie in ein Kloster gehen müssen.«
»Sie meinen, dies ist kein Kloster?«
»Dies ist außerdem das beste für Ender. Wir bringen ihn zu seiner vollen Form.«
»Ich dachte, wir gäben ihm zwei Jahre als Kommandant. Normalerweise geben wir ihnen eine Schlacht alle zwei Wochen, beginnend nach drei Monaten. Das hier ist ein bißchen extrem.«
» Haben wir denn zwei Jahre Zeit?«
»Ich weiß. Ich stelle mir nur Ender in einem Jahr vor. Völlig nutzlos, verbraucht, weil er weiter getrieben worden ist, als er oder jeder andere lebende Mensch gehen konnte.«
»Wir haben dem Computer gesagt, unsere höchste Priorität sei, daß die Versuchsperson nach dem Trainingsprogramm verwendbar bliebe.«
»Tja, solange er verwendbar ist ...«
»Schauen Sie, Oberst Graff, Sie sind derjenige, der mich das hier hat vorbereiten lassen, trotz meiner Proteste, falls Sie sich noch erinnern.«
»Ich weiß, Sie haben recht, ich sollte Ihnen nicht mein Gewissen aufbürden. Aber mein Eifer, kleine Kinder zum Wohl der Menschheit zu opfern, erschöpft sich langsam. Der Polemarch hat den Hegemon zu einem Treffen aufgesucht. Anscheinend bereitet es dem russischen Geheimdienst Sorgen, daß ein paar der aktiven Bürger in den Netzen sich bereits ausmalen, wie Amerika die I. F. dazu benutzen sollte, nach der Vernichtung der Krabbler den Warschauer Pakt auszulöschen.
»Das erscheint mir verfrüht.«
»Es erscheint mir irrsinnig. Freiheit der Rede ist eine Sache, aber die Liga auf Grund nationalistischer Rivalitäten zu gefährden ... Ausgerechnet für solche Leute, kurzsichtige, selbstmörderische Leute, treiben wir Ender bis an die Grenze menschlicher Belastbarkeit!«
»Ich glaube, Sie unterschätzen Ender.«
»Aber ich fürchte, daß ich auch die Dummheit der restlichen Menschheit unterschätze. Sind wir absolut sicher, daß wir diesen Krieg gewinnen sollten?«
»Sir, diese Worte klingen nach Verrat.«
»Es war schwarzer Humor.«
»Es war nicht komisch. Wenn es um die Krabbler geht, dann ..«
»Dann ist nichts komisch, ich weiß.«
Ender Wiggin lag auf seinem Bett und starrte die Decke an. Seit er Kommandant geworden war, schlief er nicht mehr als fünf Stunden jede Nacht. Aber die Lichter gingen um 2200 aus und nicht vor 0600 wieder an. Manchmal arbeitete er trotzdem an seinem Pult und überanstrengte seine Augen, um das schwache Display zu benutzen. Gewöhnlich jedoch starrte er die unsichtbare Decke an und dachte nach.
Entweder waren die Lehrer doch nett zu ihm gewesen, oder er war ein besserer Kommandant, als er dachte. Seine zerlumpte kleine Gruppe von Veteranen, völlig ohne Auszeichnung in ihren vorherigen Trupps, blühte auf zu fähigen Führern. Und zwar so sehr, daß er statt der üblichen vier Züge fünf gebildet hatte, jeder mit einem Zugführer und einem Stellvertreter; jeder Veteran hatte einen Posten. Er ließ den Trupp in Acht-Mann-Zug-Manövern und Vier-Mann-Halbzügen drillen, so daß auf ein einziges Kommando hin sein Trupp für nicht weniger als zehn verschiedene Manöver bereit war und sie sofort ausführen konnte. Kein Trupp hatte sich je zuvor so aufgeteilt, aber Ender hatte auch nicht vor, irgend etwas zu tun, was vorher schon gemacht worden war. Die meisten Trupps studierten Massenmanöver ein, vorgeformte Strategien. Ender hatte keine. Statt dessen brachte er seinen Zugführern bei, ihre kleinen Einheiten wirkungsvoll zu benutzen, um begrenzte Ziele zu erreichen. Ohne Unterstützung, allein, in eigener Initiative. Nach der ersten Woche inszenierte er Scheinschlachten, wüste Veranstaltungen im Trainingsraum, die jeden einzelnen erschöpft zurückließen. Aber er wußte nach weniger als einem Monat Training, daß sein Trupp die beste Kampfgruppe sein konnte, die je das Spiel gespielt hatte.
Wieviel davon hatten die Lehrer vorausgesehen? Wußten sie, daß sie ihm unbekannte, aber hervorragende Jungen gaben? Hatten sie ihm dreißig Startis gegeben, viele von ihnen unter der Altersgrenze, weil sie wußten, daß die kleinen Jungen gelehrige Schüler, schnelle Denker waren? Oder war dies, was jede ähnliche Gruppe unter einem Kommandanten werden konnte, der
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