Das große Yogabuch
Achtsamkeit zuwendet und still wird, dann ist er auch in der Lage, das Wesen dessen zu erfassen, was er betrachtet. Der Zustand, in dem er sich dann befindet, wird Meditation genannt.
Aus Konzentration entsteht Meditation
Meditation kann man nicht machen. Wir können nur die Voraussetzungen dafür schaffen, indem wir den Geist in unseren inneren Raum zurückziehen, ihn sammeln und zentrieren und dadurch stabilisieren. Das ist Konzentration. Sie fordert eine ständige Anstrengung der Willenskraft, damit wir sie beibehalten können.
Ist die Konzentrationskraft eines Tages stark genug, kann jede Anstrengung aufhören. Der Geist kann nun entspannt in der Betrachtung von was auch immer – sogar in der Betrachtung der Leere – verweilen und verbindet sich dabei tief und innig mit seinem Meditationsobjekt. Er wird zu dem, was er betrachtet, und versteht es von innen heraus. Hier beginnt wahres Verständnis und wahres Wissen.
Das verzerrte Wissen, das wir über uns und die Welt haben, repräsentiert durch unsere Anschauungen, Meinungen und Wertungen, wird im Yoga als eine ganz wesentliche Ursache für unser Leiden angesehen ( > ).
Der Meditation wird ein so großer Stellenwert beigemessen, weil sie uns in die Lage versetzt, unsere unheilvollen Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen, sie aufzulösen und unser Leben in seinem Sosein anzuerkennen und anzunehmen. Wir verlieren uns nicht mehr so schnell und können besser in unserer Mitte bleiben, wenn wir den vielfältigen und oft genug widersprüchlichen Anforderungen des Lebens ausgesetzt sind.
Praktische Tipps fürs Üben
Konzentration kann nicht gemacht oder gar erzwungen werden. Wenn Sie das versuchen, werden Sie merken, dass Ihr Geist wie ein störrischer Esel steif und bockig wird. Konzentration kann nur langsam und behutsam eingeübt werden.
• Machen Sie die Übungen zuerst nur kurz, und dehnen Sie die Übungsdauer allmählich aus.
• Achten Sie immer darauf, Ihren Geist wieder zu entspannen.
• Probieren Sie alle hier beschriebenen Übungen aus. Wählen Sie dann diejenigen, die Ihnen Spaß machen, bei denen Sie sich nicht anstrengen und die Ihnen entgegenkommen.
• Sie können die Übungen jederzeit einsetzen: wenn Sie bei angestrengter geistiger Tätigkeit gerade eine »Denkpause« einlegen oder im Anschluss an Ihre Asana-Praxis. Sehr gut gelingen Konzentrationsübungen nach Atemübungen.
• Machen Sie es sich leicht. Finden Sie im Alltag Tätigkeiten, bei denen Ihnen die Konzentration leichtfällt, zum Beispiel Gartenarbeit, Kochen, mit dem Hund spielen, und üben Sie sich darin regelmäßig. Lassen Sie sich bewusst in das Tun hineinsinken – versenken Sie sich! Beobachten Sie, wie erfrischt und ruhig Ihr Geist hinterher ist.
Zentrierung im Kopfraum
Konzentration auf den Stirnraum
Kommen Sie in eine aufrechte Sitzhaltung Ihrer Wahl ( > ). | Gehen Sie mit der Aufmerksamkeit in den Raum oberhalb der Augenbrauen. Werden Sie sich bewusst, in welcher Ausdehnung Sie diesen Raum erfahren. | Beobachten Sie, wie sich der Stirnraum anfühlt. Wie bewegt ist Ihr Geist? Wie ist die Stimmung: hell oder dunkel, leicht oder schwer, angeregt oder bedrückt? | Entspannen Sie sich in die Breite, in die Höhe und in die Tiefe Ihres Stirnraums. *
Verweilen Sie 1 bis 2 Minuten in diesem Gefühl von Entspannung. Wenn Gedanken, Gefühle, Erinnerungen oder innere Bilder kommen, lassen Sie sie vorbeiziehen wie die Wolken am Himmel.
Sobald Ihre Aufmerksamkeit zu ermüden beginnt, beenden Sie diese Innenschau und dehnen sich ausgiebig und wohlig durch.
Der Stirnraum ist der Raum, in dem wir beobachten können, wie unser Geist funktioniert und was ihn bewegt. Er gleicht der Projektionsfläche im Kino – hier können wir den »Film« sehen, den der Geist gerade »dreht«.
Varianten
• Ab *: Konzentrieren Sie sich auf die linke Seite des Stirnraums und beobachten Sie, wie sich diese Seite anfühlt. | Nach einer Weile wechseln Sie hinüber zur rechten Seite. Fühlt sich diese Seite genauso an wie die linke? **
• Ab **: Konzentrieren Sie sich abwechselnd auf die linke und die rechte Seite des Stirnraums. Verweilen Sie zuerst auf jeder Seite 2 bis 3 Atemzüge lang. | Wechseln Sie dann immer schneller die Seiten, als würden Sie einen Kippschalter betätigen. Sie werden feststellen, dass sich Ihre Augen dabei mitbewegen. | Wenn Ihnen die Seitenwechsel mühelos gelingen, konzentrieren Sie sich darauf, die Augen still zu halten. Dafür werden Sie wahrscheinlich das
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