Das Hades Labyrinth (German Edition)
Fenster und schuf ein goldenes Muster auf den Boden, aber Daniel sah es nicht. Er hielt noch immer die dünnen Papierseiten in seinen zitternden Händen und starrte auf die zierliche, krakelige Schrift. Er hatte den Brief des Vaters an seinen Sohn und Vlad Draculs eigene Aufzeichnungen gelesen und es war ungeheuerlich. Er konnte nicht ermessen, wie viel davon der Wahrheit entsprach und wie viel dem kranken Gehirn eines Mannes entstammte, der mit seiner Schwester ein Kind gezeugt hatte.
Offensichtlich glaubte Nikolai Tepes, ein direkter Nachfahre von Fürst Dracula zu sein. Daniel wusste, dass der fiktive Dracula von Bram Stoker auf der Figur des historischen Fürsten der Walachei beruhte, aber er hatte keine Ahnung, ob der Mann wirklich Tepes hieß.
Alles ergab nun einen Sinn. Unabhängig davon, ob sich Nikolai Tepes etwas zusammengesponnen hatte oder nicht, Daniel verstand nun, was Adam antrieb.
Adam hieß mit Familiennamen Tepes, offensichtlich der Name des historischen Dracula. Seine Familie stammte aus Transsylvanien. Der Geburtsort seiner Eltern lag in einem Gebiet, von dem man annehmen konnte, der historische Dracula habe darüber geherrscht. Adam litt unter einer seltenen Krankheit, die man mit Vampirismus in Verbindung brachte, denn er war extrem lichtempfindlich und hatte blutrote Zähne. Merkwürdige Tätowierung verzierten seine Körper. Daniel konnte sich gut daran erinnern, dass er ein solch kompliziertes, verschlungenes Muster noch nie gesehen hatte.
Aber alles entscheidend war die alte Prophezeiung. Die Reichsstadt Nürnberg, der Ort an dem Vlad II. in den Drachenorden aufgenommen worden war und seinen Namen Dracul erhalten hatte, lag nur wenige Kilometer entfernt. In der Legende, die Nikolai Tepes erzählte, wurden davon gesprochen, dass man Draculea in den unterirdischen Höhlen Lichtenfels lebendig eingemauert hatte. Die damit einhergehende Prophezeiung besagte, Dracula würde nach fünfhundert Jahren seinem Grab entsteigen, um erneut über die Menschen zu herrschen. Diese fünfhundert Jahre waren nun vorüber.
Daniel blätterte in den Papieren zurück. Im Jahr 1505 war Vlad III. nach Nürnberg gekommen und am 26. Juli 1505 nach Lichtenfels gebracht worden.
Daniel schluckte schwer, als ihm die Bedeutung von Adams Treiben in Lichtenfels klar wurde. Der Mann war mehr als nur ein simpler Drogenhändler und Mörder. Adam glaubte sich auf einer Mission. Er war unter die Erde der Stadt Lichtenfels gegangen, um seinen seit fünfhundert Jahren verschollenen Vorfahren zu suchen. Dieser Mann mochte ein Wahnsinniger sein, aber er hatte einen Plan. Und was immer ihn antrieb, er würde nicht aufgeben, bevor er gefunden hatte, was er suchte oder starb. Als sich Daniel das heutige Datum in Erinnerung rief, erschauerte er. Ihm blieben nur noch acht Tage, bis die prophezeiten fünfhundert Jahre vergangen sein würden.
Daniel wusste nun, wo er Adam finden würde.
Adam war noch immer hier. Unter der Stadt. In finsteren Höhlen wartete er auf diesen ganz bestimmten Tag. Es spielte keine Rolle, dass Adam komplett irrsinnig war, denn die Toten fragen nicht nach den Motiven ihrer Mörder.
Und eines war sicher. Adam würde weiter töten.
Aus den Aufzeichnungen von Vlad Draculea, Sohn von Vlad Dracul, dem Drachen.
Paris, im Jahre des Herrn 1498
Ich bin das Licht und die Dunkelheit, der Anfang und das Ende. Dies ist meine Geschichte.
Ich wurde im Jahre des Herrn 1431 in Sighisoara in Transsilvanien als zweiter Sohn Vlad II. geboren. Mein Vater lebte damals im Exil, aber zum Zeitpunkt meiner Geburt wurde er von König Sigismund II. beim Nürnberger Reichstag mit anderen Adligen in die erste Klasse des Drachenordens erhoben und durfte fortan den Namen Dracul, „Drachen“ führen.
Ich bin ein Kind des Mondes, ein Sohn der Nacht, denn auf mir lastet ein Fluch, ein großes Leiden. Von Geburt an war mir der Aufenthalt in der Sonne verwehrt. Dieser Lebensspender am Himmel ist mein Feind und würde mir den Tod bringen, sollte ich mich ihm aussetzen. So war ich gezwungen, mich an ein Dasein in der Dämmerung und Dunkelheit zu gewöhnen, denn das Licht verbrannte meine Haut, verstümmelte mein Aussehen. Am Tage konnte ich nur dick eingehüllt ins Freie gehen, selbst meine Augen musste ich hinter einem Schleier aus Seide verbergen. So fürchten mich die Diener meiner Familie, denn sie tuschelten hinter meinem Rücken, der Teufel selbst habe mir diese Krankheit geschickt. Mein Vater erzählte mir die
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