Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
des Verlags, obwohl Frau Maibach beifällig lächelte, und Reklame hatte ich auch nicht gemacht, aber das war mir egal. Das Publikum jedenfalls applaudierte lebhaft. und das genügte mir als Bestätigung.
    »Wie ist es denn gelaufen?« Mit der Entschuldigung, er müsse sich um einen Tisch fürs Abendessen kümmern, hatte Herr Löffelhardt auf sein Mitkommen verzichtet. Wahrscheinlich hatte er geahnt, daß er als einziger Mann unter den ganzen weiblichen Zuschauern mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte als die geladenen Gäste.
    »Ganz gut«, sagte ich, froh, daß er auf Einzelheiten keinen Wert legte. Im nachhinein war ich von meinem Monolog gar nicht mehr so überzeugt!
    »Mögen Sie asiatische Küche? Ich habe nämlich einen Tisch im Daitokai reservieren lassen.«
    Ich nickte zustimmend. »Für chinesische Gerichte habe ich ein Faible, hauptsächlich deshalb, weil man nie weiß, ob das, was man gerade ißt, dick macht.«
    »Das Daitokai ist japanisch.«
    Das hätte ich mir eigentlich denken können. Chinarestaurants waren zur Zeit nicht mehr in. Im übrigen war mir das ganz egal. Reis und Sake sind bei beiden Nationen obligatorisch, und solange ich keinen Kugelfisch essen mußte, dessen Genuß bekanntlich ebenso tödlich enden kann wie das Russische Roulette, war es mir gleichgültig, ob die Reiskörner nun von chinesischen oder von japanischen Stäbchen wieder zurück auf den Teller kullerten.
    Dafür gab es andere Unterschiede. Ein chinesisches Restaurant betritt man durch einen Vorhang aus Perlenschnüren, ein japanisches empfängt seine Gäste mit einem Garten. Rechts und links vom schmalen Weg sind kleine Beete angelegt mit exotischen Pflanzen, Bonsai-Bäumchen und blühenden Gewächsen, meistens schlängelt sich sogar ein winziges Rinnsal durch die Anlage, und erst, wenn man die Miniaturbrücke überquert hat, kommt man in den eigentlichen Speisesaal. Und der überraschte mich. Es gab keine gedeckten Tische, keine Kerzen, nicht mal die übliche Vase mit den drei Nelken drin, statt dessen sah ich große rechteckige, mit Blech beschlagene Tische, die mich ein bißchen an den Anatomiesaal für Medizinstudenten erinnerten. Wir wurden zu einem Ecktisch eskortiert, wo wir uns auf einer Art Ofenbank niederließen. Bei näherer Betrachtung entpuppte sich die vermeintliche Blechverkleidung als riesige Heizplatte, die zwei Drittel des Tisches einnahm; lediglich drei Außenkanten bestanden aus Holz.
    So etwas hatte ich noch nie gesehen, hütete mich aber, meine Unkenntnis zuzugeben. Immerhin war ich in einer Weltstadt aufgewachsen, und daß noch nicht alle Segnungen der fernöstlichen Eßkultur bis in die schwäbische Provinz vorgedrungen waren, war ja nicht meine Schuld.
    Die Speisekarte war ebenso groß wie unverständlich, so entschieden wir uns für das Überraschungsmenü. Die Überraschung begann damit, daß man uns große Lätzchen umhängte und kochendheiße Tücher reichte, die den Herren zur Erfrischung dienten, den Damen allerdings nur das Make-up ramponierten, worauf wir uns gezwungen sahen, zwecks Wiederherstellung die dazu geeigneten Räumlichkeiten aufzusuchen.
    Als wir zurückkamen, hatte sich unsere Tischrunde um zwei männliche Wesen vergrößert. Das eine war ein in weißes Leinen gehüllter japanischer Koch, das andere war Knop. Eigentlich hieß er Knud Nils Olof Poulsen, was in der Regel die unvermeidlichen Fragen nach seiner Herkunft nach sich zog (er hatte schwedische Vorfahren!), und deshalb nannte er sich treudeutsch Knop. Ohne Herr davor. Knop war 25 Jahre alt, ebenfalls Mitarbeiter des Verlags und absoluter Neuling im Umgang mit Stäbchen.
    »Beim Chinesen kriegt man immer ein richtiges Besteck, warum nicht hier?« Sein Protest wurde schweigend überhört, aber als auch Herr Löffelhardt gestand, noch niemals mit »diesem Anmachholz« gegessen zu haben, wurde die Sache problematisch.
    »Ist doch gar nicht so schwer«, sagte ich hilfreich, »wir üben das vorher. Ich hab’s damals auch innerhalb von ein paar Minuten gelernt. Mit Mikadostäbchen.«
    Vor etlichen Jahren hatte Sascha nach erfolgreicher Abschlußprüfung die ganze Familie zum Essen eingeladen, einen Tisch im Chinarestaurant bestellt und zur Bedingung gemacht, daß wir uns entsprechend benehmen müßten. Dann hatte er das Mikadospiel geholt und drei Tüten Erdnußflips. Seitdem kann ich keine mehr sehen.
    Bei Knop war alle Mühe vergebens. Nicht ein einziges Streichholz kriegte er mit den Stäbchen zu fassen, sogar die

Weitere Kostenlose Bücher