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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Ansammlung nicht mehr ganz junger bis aber schon sehr spätmittelalterlicher Damen gegenüber, die interessiert das Geschehen auf der Bühne verfolgten. Wobei die Bezeichnung »Bühne« reichlich hochtrabend klingt, denn eigentlich handelte es sich nur um eine Art Fundament, auf dem zwei Stühle standen. Im Augenblick waren sie von zwei Herren besetzt. Einen davon kannte ich. Es war Herr Kronenburger, dem ich vor etlichen Jahren das erste Interview meines Lebens ins Tonband gestottert hatte. Der andere Herr war ganz offensichtlich ein Zauberer. Da es sich um eine Hörfunksendung handelte, mußte er auf eine optische Demonstration seiner Kunst verzichten und sich auf verbale Beschreibungen beschränken, doch wie immer die Kaninchen in den Zylinder kommen, hat er trotzdem nicht verraten.
    »Wo sind wir denn hier hineingeraten?«
    »Keine Ahnung«, flüsterte Frau Maibach zurück, »ich vermute…«
    »Bitte Ruhe!« Ein Jüngling, dank seiner Intelligenzlerbrille, den langen Haaren und den Turnschuhen sofort als dazugehörig erkennbar, zog uns in einen kleinen Nebenraum. »Müller, Regieassistent«, stellte er sich vor, »ich nehme an, Sie sind Frau Sanders?«
    Wen von uns beiden er meinte, blieb offen, es erschien ihm nicht wichtig. Viel wichtiger waren die Verhaltensregeln. »Sie setzen sich auf die Stühle gleich links von der Bühne, sprechen nicht und warten, bis Herr Kronenburger Sie holt.« Dann schob er uns wieder hinaus.
    Auf dem Podest saß nun eine Dame, die irgend etwas mit Malerei zu tun hatte. Den Anfang hatten wir verpaßt, deshalb bin ich bis zum Schluß nicht dahintergekommen, ob sie nun Bauernschränke bemalte oder Straßenpflaster. Jedenfalls schien sie in Berlin recht bekannt zu sein, denn bei ihrem Abgang spendete man ihr lebhaften Beifall.
    Eine unsichtbare Drei-Mann-Kapelle spielte Folkloristisches, untermalt vom gedämpften Gemurmel der Anwesenden.
    »Haben Sie eine Ahnung, wer die ganzen Zuschauer sind?« wisperte ich.
    Frau Maibach hatte inzwischen Erkundigungen eingezogen, dabei hatte ich nicht einmal bemerkt, daß sie aufgestanden war. »Diese Veranstaltung nennt sich »Bunte Stunde« oder so ähnlich, findet einmal im Monat statt, ist öffentlich, und wer will, kann kommen. Vorausgesetzt, er hat sich vorher eine Karte besorgt. Der Eintritt ist frei.«
    Aha. Nun ja, spontaner Beifall ist besser als vorfabrizierter aus der Konserve.
    Die Musik brach ab, Herr Kronenburger trat wieder vor das Mikrofon: »Und nun, meine Damen und Herren« (Welche Herren denn bloß? Außer dem herumwuselnden Turnschuhknaben konnte ich keinen einzigen entdecken!), »kommt der Star des heutigen Nachmittags!« Begeistertes Klatschen, während ich langsam aufstand. Die Kapelle intonierte den »Lachenden Vagabunden«, und auf die Bühne schritt Fred Bertelmann.
    Zum Glück hatte mich niemand beachtet, aber ich hatte noch immer einen roten Kopf, als ich endlich auf das Podest geholt und dem nach diesem prominenten Gast nur noch mäßig interessierten Publikum vorgestellt wurde. Im Hintergrund hörte man ihn immer noch lachen. Höflicher Beifall quittierte die Begrüßungsrede, lediglich in der dritten Reihe nickte eine Dame mit grauen Ringellöckchen zustimmend; sie mußte schon mal ein Buch von mir gelesen haben.
    Es folgte das übliche Frage- und Antwortspiel, ob ich mich denn freue, wieder einmal in meiner Heimat zu sein, was ich heftig bejahte, denn unten saßen ja lauter Berliner, was mich denn bewogen habe, Bücher zu schreiben, welche Aufgabe ich darin sehe und was ich damit bezwecke.
    »Vermutlich müßte ich jetzt sagen, daß ich die Welt verbessern oder an das Bewußtsein der Menschen appellieren will, aus welchem Grund auch immer, aber das stimmt nicht. Muß denn jeder, der ein Buch schreibt, irgend etwas bewirken wollen? Vergangenheitsbewältigung, Abrechnung mit den Altvorderen, Kassandrarufe für die Zukunft… es ist gut, daß es das alles gibt, aber das Leben besteht doch nicht nur aus Finsternis. Ist es also so schlimm, wenn ich sage, daß ich mit meinen Büchern einfach nur unterhalten will? Den Lesern die Möglichkeit geben, mal ein paar Stunden abzuschalten und nicht daran zu denken, wovon sie morgen das Heizöl und in zwei Monaten die Mieterhöhung bezahlen sollen? Ihre Probleme kann ich ihnen nicht abnehmen, aber vielleicht kann ich helfen, sie eine Zeitlang zu vergessen. Wenn ich also unbedingt eine Aufgabe erfüllen muß, dann am liebsten diese!«
    So, nun war’s raus! Bestimmt nicht im Sinne

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