Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)
die Sitzung eröffnet war, eine gewisse sanfte und eindringliche Wärme im Saale zu kreisen; sie erweichte die ein wenig gespannten Fibern der Kranken; sie stieg stufenweise vom Boden zur Decke auf und schwängerte sich mit zarten Wohlgerüchen, unter deren Dunst sich die widerspenstigen Gehirne beschwert neigten.
Dann sah man die Kranken dem ganz wollüstigen Eindruck dieser Atmosphäre sich hingeben, als plötzlich eine sanfte, vibrirende Musik, ausgeführt von unsichtbaren Instrumenten und unsichtbaren Musikern, sich wie eine milde Flamme inmitten dieser Wohlgerüche und dieser Wärme verlor.
Rein wie der Krystall, an dessen Rand sie ihren Ursprung nahm, traf diese Musik die Nerven mit einer unwiderstehlichen Macht. Man hätte glauben sollen, es wäre eines von jenen unbekannten und geheimnißvollen Geräuschen, welche selbst die Thiere in Erstaunen setzen und entzücken, eine Klage des Windes, in den sonoren Schneckengewinden der Felsen.
Bald verbanden sich mit den Tönen der Harmonie wohlklingende Stimmen, gruppirt wie eine Masse von Blumen deren Noten, verstreut wie Blätter, den Anwesenden auf die Köpfe fielen.
Auf allen den Gesichtern, die das Erstaunen Anfangs belebt hatte, trat allmälig die materielle Befriedigung, der an allen ihren empfindlichen Stellen geschmeichelt wurde, hervor. Die Seele gab nach; sie verließ den Zufluchtsort, wo sie sich verbirgt, wenn die Leiden des Körpers sie belagern, und frei und freudig sich in der ganzen Organisation verbreitend bezähmte sich die Materie und verwandelte sich.
Dieß war bei Augenblick, wo jeder von den Kranken eine an den Deckel der Kufe angefügte eiserne Stange in seine Finger genommen hatte und diese Stange auf seine Brust, auf sein Herz, oder auf seinen Kopf, den specielleren Sitz der Krankheit richtete.
Man stellt sich nun die Glückseligkeit vor, die auf allen Gesichtern an die Stelle des Leidens und der Bangigkeit trat; man denke sich die selbstsüchtige Schlaftrunkenheit dieser absorbirenden Befriedigungen, das von Seufzern unterbrochene Stillschweigen, das auf der ganzen Versammlung lastet, und man wird die möglichst genaue Idee von der Scene haben, die wir zwei Drittelsjahrhunderte vor dem Tage, wo sie stattfand, skizzirt hauen.
Nun einige besondere Worte über die theilnehmenden Personen.
Vor Allem zerfielen diese Personen in zwei Classen.
Die einen Kranken, die sich wenig um das bekümmerten, was man den menschlichen Respect nennt, – eine von den Leuten von mittelmäßiger Lebensstellung tief verehrte Grenze, aber stets übersprungen von den sehr Großen oder sehr Kleinen, die Einen, sagen wir, wahre Theilnehmer, waren nur in diesen Salon gekommen, um geheilt zu werden, und sie suchten mit ganzem Herzen zu diesem Ziel gelangen.
Die Anderen, Skeptiker oder einfache Neugierige, an feiner Krankheit leidend, waren in das Haus Mesmers gedrungen, wie man in ein Theater eintritt, hatten sie sich nun Rechenschaft von der Wirkung geben wollen, deren man in der Umgebung des Zauberbottichs theilhaftig wurde, oder war es ihre Absicht nur, als Zuschauer einfach dieses neue physische System zu studiren, und beschäftigten sie sich nur damit, daß sie die Kranken und sogar diejenigen anschauten, welche an der Cur theilnahmen, während sie sich wohl befanden.
Unter den eisten leidenschaftlichen Adepten Mesmers, an seine Lehre vielleicht durch die Dankbarkeit gebunden, bemerkte man eine junge Frau von schönem Wüchse, von schönem Gesicht, vielleicht etwas ausschweifend gekleidet, die, der Thätigkeit desFluidums unterworfen und sich selbst mittelst der Stange die stärksten Dosen auf den Kopf und den Oberleib zulenkend, ihre schönen Augen zu verdrehen anfing, als ob Alles in ihr schmachtete, während ihre Hände unter diesem ersten Nervenkitzel bebten, der den übermächtig werdenden Einfluß des magnetischen Fluidums anzeigt.
Warf sich ihr Kopf auf die Lehne des Stuhles zurück, so konnten die Anwesenden nach Belieben diese bleiche Stirne, diese krampfhaften Lippen und diesen schönen, allmälig durch den rascheren Strom und Rückstrom des Blutes gemarmorten Hals anschauen.
Unter den Anwesenden, von denen Viele ihre Augen mit Erstaunen auf diese junge Frau hefteten, theilten sich dann ein paar Köpfe, die sich gegen einander neigten, eine ohne Zweifel seltsame Idee mit, welche die gegenseitige Aufmerksamkeit dieser Neugierigen verdoppelte.
Unter der Zahl dieser Neugierigen war Frau von La Mothe; seine Erkennung fürchtend oder vielleicht
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