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Das Halsband der Koenigin 1

Das Halsband der Koenigin 1

Titel: Das Halsband der Koenigin 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Aeltere)
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hätten, sie gehe auf zehn Jahre zurück.
    Zuweilen näherte sich ein Pflastertreter, der gerade vorüberging, ein Neugieriger oder ein Nachbar dem Thorweg und betrachtete durch das weite Schloß das Innere des Gebäudes.
    Da erblickte er nichts als Grasbüschel zwischen den Pflastersteinen, Schimmel und Moos auf den Platten. Zuweilen durchschritt eine ungeheure Ratte, die souveräne Gebieterin dieser verlassenen Domäne, ruhig den Hof und versenkte sich in den Keller, eine sehr überflüssige Bescheidenheit, da sie zu ihrer unumschränkten Verfügung so bequeme Salons und Cabinets hatte, wo die Katzen sie nicht beunruhigen konnten.
    War es ein Vorübergehender oder ein Neugieriger, so setzte er, nachdem er sich von der Einsamkeit des vor ihm stehenden Gebäudes überzeugt, seine Wanderung fort; war es aber ein Nachbar, so blieb er, da er ein viel größeres Interesse an dem Hotel hatte, beinahe immer lange genug auf seinem Beobachtungsposten, daß ein anderer Nachbar, durch eine ähnliche Neugierde angelockt, sich neben ihn stellte, und dann knüpfte sich ein Gespräch an, dessen Hauptinhalt, wenn auch nicht die Details, wir mit ziemlicher Sicherheit angeben können.
    »Nachbar,« sagte derjenige, welcher nicht hineinschaute, zu dem Hineinschauenden, »was sehen Sie denn im Hause des Herrn Grafen von Balsamo?«
    »Nachbar,« antwortete der Hineinschauende, »ich sehe die Ratte.«
    »Ah! wollen Sie erlauben,« sagte der zweite Neugierige.
    Und er stellte sich ebenfalls an das Schlüsselloch.
    »Sehen Sie sie?« fragte der aus dem Besitz Verdrängte den im Besitz Befindlichen.
    »Ja,« antwortete dieser, »ich sehe sie. Ah! mein Herr, sie ist fett geworden.«
    »Sie glauben?«
    »Ja, ich bin dessen sicher.«
    »Ich glaube wohl, nichts stört sie.«
    »Und es müssen, was man auch sagen mag, sicherlich noch gute Brocken in dem Hause übrig sein.«
    »Gute Brocken, sagen Sie?«
    »Ah! gewiß. Herr von Balsamo ist zu schnell verschwunden, um nicht etwas vergessen zu haben.«
    »Ei! Nachbar, was soll man vergessen, wenn ein Haus halb verbrannt ist?«
    »Sie können im Ganzen Recht haben, Nachbar.«
    Und nachdem man die Ratte noch einmal angeschaut, trennte man sich, erschrocken darüber, daß man so viel über einen so geheimnißvollen und heikeln Gegenstand gesagt hatte.
    Seit dem Brand dieses Hauses oder eines Theils vom Hause war Balsamo wirklich verschwunden, keine Wiedererscheinung hatte stattgefunden und das Hotel war verlassen geblieben.
    Lassen wir es ganz düster und ganz feucht mit seinen schneebedeckten Terrassen und seinem von den Flammen ausgezackten Dach wiedererstehen, dieses alte Hotel, an dem wir nicht vorübergehen wollen, ohne uns dabei wie bei einem alten Bekannten aufzuhalten; dann betrachten wir, wahrend wir die Straßen durchschreiten, um von links nach rechts zu gehen, dicht neben einem durch eine Mauer geschlossenen Gärtchen, ein schmales, hohes Haus, das sich, einem langen weißen Thurm ähnlich, von dem blaugrauen Grund des Himmels abhebt.
    Auf dem First dieses Hauses ragt ein Kamin wie ein Blitzableiter empor, und gerade im Zenith dieses Kamins wirbelt und funkelt ein glänzender Stern.
    Der letzte Stock des Hauses würde sich unbemerkt im Raume verlieren, ohne einen Lichtstrahl, der zwei Fenster von dreien röthet, welche die Facade bilden.
    Die anderen Stockwerke sind düster und traurig. Schlafen die Miethleute schon? sparen sie unter ihren Decken sowohl die theuren Lichter, als das in diesem Jahre so seltene Holz? So viel ist gewiß, daß die vier Stockwerke kein Lebenszeichen von sich geben, während der fünfte nicht nur lebt, sondern sogar mit einer gewissen Affectation strahlt.
    Klopfen wir an die Thüre; steigen wir die finstere Treppe hinauf; sie endigt bei diesem fünften Stock, wo wir zu thun haben. Eine einfache an die Mauer angelehnte Leiter führt zum obersten Stockwerk.
    Ein Rehfuß hängt an der Thüre; eine Strohmatte und eine hölzerne Schale zieren die Treppe.
    Sobald die erste Thüre geöffnet ist, treten wir in eine dunkle, kahle Stube ein; es ist diejenige, deren Fenster nicht erleuchtet ist. Diese Stube dient als Vorzimmer und führt in eine andere, deren Ausstattung und nähere Umstände unsere ganze Aufmerksamkeit verdienen.
    Platten statt eines getäfelten Fußbodens, plump angemalte Thüren, drei Lehnstühle von weißem Holz mit gelbem Sammet überzogen, ein armseliger Sopha, dessen Kissen unter den Falten die Spuren einer von Alter erzeugten Abmagerung

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