Das Halsband der Koenigin 1
tragen.
Zwei an der Wand hängende Portraits ziehen sogleich die Blicke auf sich. Ein Licht und eine Lampe, das eine auf einem dreifüßigen Tischchen, die andere auf dem Kamin stehend, verbinden ihre Feuer so, daß sie ans diesen zwei Portraits zwei Lichtbrennpunkte machen.
Mit der Faltenmütze auf dem Kopf, mit dem langen, bleichen Gesicht, dem matten Auge, der Krause am Hals empfiehlt sich das erstere von den Portraits durch die Kennbarkeit; es ist das ähnliche Bildniß Heinrichs III., Königs von Frankreich und Polen.
Unten liest man eine Inschrift mit schwarzen Buchstaben auf eine schlecht vergoldete Rahme gezeichnet:
Henry de Valois
Das zweite Portrait, das in neuerer Zeit vergoldet worden und ebenso frisch in seinen Malereien erscheint, als das andere veraltet ist, stellt eine junge Frau mit schwarzem Auge, feiner, gerader Nase, hervorspringenden Backenknochen und behutsamen Mund vor. Ihr Kopf ist geschmückt oder vielmehr schwer gedrückt von einem Gebäude von Haaren und seidenen Bändern, neben dem die Faltenmütze Heinrichs III. sich wie ein Maulwurfshaufen gegen eine Pyramide ausnimmt.
Unter diesem Portrait liest man ebenfalls in schwarzen Buchstaben:
Jeanne de Valois
Und wenn man, nachdem man den erloschenen Herd, die armseligen baumwollenen Vorhänge des mit vergilbtem grünen Damast bedeckten Bettes betrachtet hat, wissen will, welche Beziehung diese Portraits zu den Bewohnern des fünften Stockes haben, so braucht man sich nur zu einem kleinen eichenen Tisch umzuwenden, auf welchem eine einfach gekleidete Frau, die sich mit dem linken Ellenbogen auflehnt, mehrere versiegelte Briefe übersieht und die Adressen derselben controlirt.
Diese junge Frau ist das Original des Portraits.
Drei Schritte von ihr, in einer halb neugierigen, halb ehrerbietigen Haltung, gekleidet wie eine Duenna von Greuze, wartet und schaut eine kleine alte Kammerfrau von sechzig Jahren.
»Jeanne von Valois,« sagte die Inschrift.
Doch wenn diese Dame eine Valois war, wie ertrug Heinrich III., der sybaritische König, der Wollüstling, selbst nur im Gemälde das Schauspiel eines solchen Elends, bei dem es sich nicht nur um eine Person seines Geschlechts, sondern auch um seinen Namen handelte?
Die Dame vom fünften Stock strafte übrigens den Ursprung, den sie sich gab, persönlich durchaus nicht Lügen. Sie hatte weiße, zarte Hände, die sie von Zeit zu Zeit unter ihren gekreuzten Armen erwärmte. Sie hatte einen kleinen, feinen, schmalen Fuß, bekleidet mit einem Pantoffel von noch zierlichem Sammet, den sie auch dadurch zu erwärmen suchte, daß sie damit auf den Boden schlug, der so glänzend und kalt war wie das Eis, das Paris bedeckte.
Wenn dann der Nordost unter den Thüren und durch die Spalten der Fenster pfiff, schüttelte die Zofe traurig die Schultern und schaute den feuerlosen Kamin an.
Was die Dame, die Herrin der Wohnung, betrifft, so zählte sie fortwährend die Briefe und las die Adressen.
Jedesmal nachdem sie eine Adresse gelesen, machte sie eine Bewegung.
»Frau von Misery,« murmelte sie, »erste Staatsdame Ihrer Majestät. Hier darf ich nur sechs Louisd'or rechnen, denn man hat mir schon gegeben.«
Und sie stieß einen Seufzer aus.
»Madame Patrix, erste Kammerfrau Ihrer Majestät, zwei Louisd'or.
»Herr von Ormesson, eine Audienz.
»Herr von Calonne, einen Rath.
»Herr von Rohan, einen Besuch, und wir werden darauf bedacht sein, daß er ihn uns erwidert,« sagte lächelnd die junge Frau.
»Wir haben also für die nächsten acht Tage nur acht Louisd'or sicher,« fuhr sie mit demselben singenden Tone fort.
Und sie richtete den Kopf auf und sagte:
»Frau Clotilde, putzen Sie doch das Licht.«
Die Alte gehorchte und setzte sich ernst und aufmerksam wieder an ihren Platz.
Diese Art von Inquisition, deren Gegenstand sie war, schien die junge Frau zu ermüden.
»Meine Liebe,« sagte sie, »suchen Sie doch, ob nicht ein Stümpchen von einer Wachskerze übrig ist. Ich hasse es, Talglichter zu brennen.«
»Es ist keines mehr vorhanden,« erwiderte die Alte.
»Sehen Sie immerhin nach.«
»Wo denn?«
»Im Vorzimmer.«
»Es ist dort sehr kalt.«
»Ah! hören Sie, man läutet eben,« sagte die junge Frau.
»Madame täuscht sich,« erwiderte die hartnäckige Alte.
»Ich glaube es. Frau Clotilde.«,
Und da sie sah, daß die Alte widerstand, gab sie nach, leicht murrend jedoch, wie Personen, welche aus irgend einer Ursache geringere Rechte über sich eingeräumt haben, die ihnen nicht
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