Das Halsband der Koenigin 2
rasch den Entschluß, entweder den Cardinal aufzusuchen, oder das Halsband, dem Auftrage der Königin gemäß, Böhmer zurückzugeben.«
Sie erhob sich, immer in ihrer Hand die Diamanten haltend, die sich erwärmten und glänzten.
»Sie werden also zu dem kalten Juwelier zurückkehren, der sie abwägen und mit seiner Bürste Poliren wird. Diese Juwelen, die an Marie Antoinette's Hals glänzen könnten ... Böhmer wird zuerst aufschreien, dann sich bei dem Gedanken, er habe den Nutzen und behalte die Waare, beruhigen. Ah! ich vergaß, in welcher Form soll ich den Empfangschein für die Juwelen abfassen lassen? Das ist ernster Natur, man muß bei dieser Abfassung mit viel Diplomatie zu Werke gehen. Die Schrift darf weder Böhmer, noch die Königin, noch den Cardinal, noch mich verbindlich machen.
»Ich werde nie eine solche Urkunde allein entwerfen. Ich bedarf eines Rathes.
»Der Cardinal ... Oh! nein, wenn der Cardinal mich liebte oder reicher wäre und mir die Diamanten schenkte ...«
Sie setzte sich auf ihren Sopha, die Diamanten um ihre Hand gewickelt, den Kopf brennend, voll verworrener Gedanken, die sie bald erschreckten, bald von ihr mit einer fieberhaften Energie zurückgestoßen wurden.
Plötzlich ward ihr Auge ruhiger, fester, mehr auf ein Bild des Geistes geheftet; sie gewahrte nicht, daß die Minuten vergingen, daß Alles in ihr eine fortan unerschütterliche Haltung annahm; daß sie, jenen Schwimmern ähnlich, die den Fuß in den Schlamm der Flüsse gesetzt haben, durch jede Bewegung, die sie machte, um sich zu befreien, weiter hinabgezogen wurde. Eins Stunde verging in dieser stummen und tiefen Beschauung eines geheimnißvollen Ziels.
Dann stand sie langsam auf, erbleicht wie die Priesterin durch die Inspiration, und läutete ihrer Kammerfrau.
Es war zwei Uhr Morgens.
»Suchen Sie mir einen Fiaker,« sagte sie, »oder einen Handwagen, wenn kein anderes Gefährt mehr da ist.«
Die Dienerin fand einen Fiaker, der in der Vieille Rue du Temple schlief.
Frau von La Mothe stieg allein ein und schickte ihre Kammerfrau zurück.
Nach zehn Minuten hielt der Fiaker vor der Thüre des Pamphletschreibers Reteau von Villette.
LX.
Der Empfangschein Böhmers und die Verschreibung der Königin.
Das Resultat dieses nächtlichen Besuchs bei dem Pamphletschreiber Reteau von Billette erschien erst am andern Tag, und zwar auf folgende Weise:
Um sieben Uhr Morgens übersandte Frau von La Mothe der Königin einen Brief, der den Empfangschein der Juweliere enthielt. Dieses wichtige Aktenstück war also abgefaßt:
»Wir, die Unterzeichneten, anerkennen, das ursprünglich an die Königin gegen eine Summe von sechszehnmal hunderttausend Livres verkaufte Diamanten-Halsband wieder in Besitz genommen zu haben, da die Diamanten Ihrer Majestät nicht anstanden, welche uns für unsere Bemühungen und Auslagen durch die Überlassung einer in unsere Hände bezahlten Summe von zweimal hundert und fünfzigtausend Livres entschädigt hat. Unterz.
Böhmer und Bossange
.«
Nunmehr über die Angelegenheit, welche sie lange gequält hatte, beruhigt, schloß die Königin den Schein in ihr Arbeitstischchen ein und dachte nicht mehr daran.
Aber in einem seltsamen Widerspruch mit diesem Schein, erhielten die Juweliere Böhmer und Bossange zwei Tage nachher einen Besuch vom Cardinal von Rohan, der einige Bangigkeit über die Bezahlung der zwischen den Verkäufern und der Königin festgesetzten ersten Rate gehegt hatte.
Herr von Rohan fand Böhmer in seinem Hause auf dem Quai de l'Ecole. Seit dem Morgen, der VErfallzeit der ersten Rate, mußte, wenn Verzug oder Weigerung stattgefunden hätte, Lärm im Lager der Juweliere sein.
Aber das Haus Böhmer athmete ganz im Gegentheil Ruhe, und Herr von Rohan fühlte sich glücklich, als er ein gutes Gesicht bei den Dienern, einen runden Rücken und einen wedelnden Schwanz bei dem Hunde des Juweliers fand. Böhmer empfing seinen vornehmen Kunden mit der freudigen Miene der Befriedigung.
»Nun!« sagte Herr von Rotzan, »es ist heute Zahlungstermin. Die Königin hat also bezahlt?«
»Monseigneur, nein,« antwortete Böhmer. »Ihre Majestät konnte kein Geld geben. Sie wissen, daß Herr von Calonne vom König abgewiesen wurde; die ganze Welt spricht davon.«
»Ja, die ganze Welt spricht davon, Böhmer, und gerade diese Abweisung ist es, was mich hierher führt.«
»Doch Ihre Majestät ist vortrefflich und vom besten Willen. Da sie nicht bezahlen konnte, so hat sie die Schuld garantirt, und
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