Das Halsband der Königin
Monarchie.«
»Sie? Sie verteidigen die Monarchie?«
»Ja, ich.«
»Sie, ein Mann, der nach Amerika ging, um die Republik zu verteidigen? Seien Sie doch aufrichtig, Chevalier, gestehen Sie, daß Sie dort drüben ebensowenig für die Republik gestritten haben wie hier für die Monarchie.«
Philippe senkte die Augen; und ein Stöhnen, das tief aus seiner Brust aufstieg, drohte sein Herz zu sprengen.
»Lieben Sie nur«, fuhr Cagliostro fort, »lieben Sie jene, die Sie benutzt und vergißt. Es ist wohl das Schicksal großer Seelen, in ihren Herzensregungen betrogen zu werden.«
»Die Königin ist eine verehrungswürdige, unschuldige Frau. Das Gesetz der Liebe verpfl ichtet uns, die Schwachen zu schützen.«
»Die Königin schwach? Eine Frau, vor der achtundzwanzig Millionen Menschen Kopf und Knie beugen, schwach?«
»Sie wird verleumdet.«
»Sind Sie dessen sicher?«
»Ich glaube es.«
»Das ist Ihr Recht. Mein Recht ist es, das Gegenteil zu denken.«
»Sie sind der Geist des Bösen.«
»Woher, woher nehmt ihr die Kühnheit«, rief Cagliostro, seinen sprühenden Blick auf Philippe richtend, »die Vermessenheit zu denken, ihr hättet recht? Sie verteidigen das Königtum, aber ich arbeite für die Menschheit. Sie, der Republikaner aus Amerika, fegen die Gleichheit der Menschen hinweg, für die Sie kämpften, um einer Königin die Hand zu küssen. Ich bin bereit, über eine Königin hinwegzuschreiten, um die Völker zu erhöhen. Ich störe Sie nicht in Ihrer Verzückung, stören Sie mich nicht in meinem Werk. Sie haben zu mir gesagt: Stirb, denn du hast den Gegenstand meiner Verehrung beleidigt! Ich sage Ihnen: Lebe, obwohl du mein Ideal bekämpfst! Ich sage das, weil ich mich stark weiß in dem, was ich erstrebe, weil ich die Kraft kenne, deren Wirken weder Sie noch einer der Ihren auch nur im mindesten aufhalten werden.«
Philippe hatte den Grafen ernst, mit großen Augen angehört.
»Sie erschrecken mich«, sagte er dann, »dank Ihnen erkenne ich den Abgrund, dem das Königtum entgegentreibt.«
»Da Sie nun darum wissen, seien Sie klug.«
»Und dennoch«, begann Philippe erneut und in fl ehentlichem Ton, »bitte ich Sie, beschwöre ich Sie, mir für dies eine Mal wenigstens Gnade zu gewähren für jene, die Sie verfolgen: verbrennen Sie jenes Pamphlet, das eine Frau bis zu Tränen kränken wird, oder, bei meiner Ehre, bei der unglückseligen Liebe, von der Sie wissen, ich werde meine ohnmächtige Waffe gegen mich selbst kehren.«
Cagliostro ließ sein durchdringendes Auge auf Philippe ruhen.
»Da«, sagte er, »zählen Sie nach, die tausend Exemplare sind noch alle beisammen. Vernichten Sie sie.«
Philippe, nachdem er die Verbrennung der Blätter vollendet und dem Grafen aus übervollem Herzen Dank gesagt, entfernte sich.
Cagliostro aber murmelte, während er ihm nachblickte: »So wird dem Bruder vergolten, was die Schwester erlitten hat.«
Das Oberhaupt der Familie Taverney
Während Philippe in der Rue Neuve-Saint-Gilles weilte, ließ Herr de Taverney, sein Vater, von zwei Lakaien in seinem Lehnstuhl sich durch den Garten seines Hauses in Versailles fahren.
Es gab damals in Versailles und gibt vielleicht noch heute jene alten Häuser mit französischen Gärten, die in sklavischer Nach-ahmung die Formen des Schlosses und der Parkanlagen wiederholten. Etliche Hofl eute hatten sich genaue Kopien der Orangerie, der Teiche, der Gebäude von Trianon errichten lassen, natürlich alles auf Mindestmaße reduziert. Die großen Bassins wurden durch spärliche Wasserzuber ersetzt.
Herr de Taverney war diesem Beispiel gefolgt. Seit Ludwig XVI.
eine Schlosserwerkstatt und eine Drechselbank hatte, gab es im Hause Taverney eine Schmiede. Seit Marie-Antoinette englische Gärten mit künstlichen Flüssen hatte anlegen lassen, war Herr de Taverney erst glücklich, als in seinem Garten ein Trianon in Puppengröße stand und ein Bächlein für Enten fl oß.
Vergnügt genoß er jetzt den warmen Sonnenschein, als ihm sein Sohn gemeldet wurde.
»Ah, Philippe«, sagte der Alte, »du kommst mir gerade recht!
Mein Kopf sprüht von Einfällen. – Was machst du für ein Gesicht? Du weißt wohl schon, was dabei herausgekommen ist?«
»Wobei, Vater?«
»Nun, bei deinem Abenteuer auf dem Ball.« Philippe errötete.
»Unvorsichtiger du! Setz dich, ich will dir ein bißchen Moral predigen.«
»Vater, ich …«
»Höre, mein Sohn, du treibst Mißbrauch mit deinem Glück!
Früher warst du zu schüchtern, jetzt
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