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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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gab nicht nach. Das Holz war in den Fugen gequollen, Rost hatte sich in den Angeln eingefressen. Der Graf drückte mit der Faust, dann mit dem Ellenbogen, mit der ganzen Schulter. Endlich gab die Tür unter schwerem mißlauni-gem Ächzen nach, und vor ihm in dämmrigem Dunkel breitete sich der einsame Hof, übermoost wie ein Friedhof.
    Er schloß die Tür hinter sich, und seine Schritte gruben sich in das dürre Gras, das zwischen den Steinen hochgesprossen war. Niemand hatte ihn eintreten sehen, niemand sah ihn in der Umfriedung dieser mächtigen Mauern. Er konnte innehalten und allmählich zurücktauchen in sein vergangenes Leben, so wie er in sein einstiges Haus vordrang.
    Die Freitreppe, ehemals zwölf Stufen zählend, hatte nur noch drei. Vom Regenwasser unterspült, vom wuchernden Mauerkraut und Mohn gelockert, hatten die übrigen ihren Halt verloren, waren geborsten und zerbröckelt. Gras hatte die Trümmer über-wachsen und seine Halme über ihnen wie Standarten aufge-pfl anzt.
    Cagliostro kletterte über die schwanken Treppenreste und schloß die Tür auf zu dem weitläufi gen Vorsaal.
    Dort erst brannte er seine Laterne an; doch so behutsam er die Flamme entzündete, der kalte, unheimliche Hauch des Hauses erstickte sie sofort.
    Der Atem des Todes wehrte das Leben ab; die Finsternis tö-
    tete das Licht.
    Cagliostro zündete die Laterne noch einmal an und schritt weiter.
    Im Speisesaal hielten die schmierigen Fliesen kaum den Fuß, die Anrichten waren mit Schimmel überzogen und verfallen, die Türen standen gähnend offen und ließen den Gedanken freie Bahn in die düsteren Tiefen der Räume.
    Plötzlich erzitterte der Graf, und seine Haare sträubten sich, denn am Ende des Salons, dort, wo ehemals die Treppe begann, war ein Geräusch vernehmlich. Früher hatte ein solches Geräusch das Kommen einer teuren Person angekündigt und dem Herrn dieses Hauses Leben, Hoffnung und Glück gebracht. Jetzt rief es ihm nur noch die Vergangenheit herauf. Mit gefalteter Stirn, angehaltenem Atem wandte er sich der Statue des Harpokrates zu, hinter der jene Feder zu fi nden war, mit der einst die verbor-gene, unauffi ndbare Verbindungstür zu öffnen war, die zu dem Geheimtrakt des Hauses führte. Die Feder funktionierte tadellos, obschon die Täfelung ringsum besorgniserregend bebte. Aber kaum hatte der Graf den Fuß auf die Geheimtreppe gesetzt, als das sonderbare Geräusch abermals ertönte. Cagliostro hob die Laterne in die Höhe, um nach dessen Ursache auszuschauen, da erblickte er eine dicke Natter, die langsam die Stufen niederkroch und mit ihrem Schweif die hallenden Stufen peitschte.
    Das Reptil heftete sein schwarzes Auge ruhig auf den Eindringling, dann schlüpfte es in ein Loch der Täfelung und verschwand.
    War dieses Tier der Genius der Einsamkeit?
    Der Graf setzte seinen Weg fort. Bei jedem Schritt begleiteten ihn Erinnerungen, und als das Licht eine bewegte Silhouette an die Wände warf, erschauerte der Graf und meinte, in dem eigenen Schatten einen auferstandenen fremden zu sehen, der gleich ihm diesen Ort seines versunkenen Lebens besuchte.
    Träumerisch durchschritt er nun jenen Kamin, der einst von dem Waffenzimmer Joseph Balsamos zu der duftenden Klau-se Lorenza Felicianis geführt hatte. Die Wände waren kahl, die Gemächer standen leer. In der Feuerstätte gemahnte ein riesiger Berg feiner weißer Asche, in der kleine Gold- und Silberklümp-chen blinkten, an Lorenzas zierliches Mobiliar, das Balsamo nach ihrem Tod bis auf das letzte Stück verbrannt hatte. Das waren die Schildpattschränkchen, das Klavicembalo, das Rosenholz-körbchen, das schöne Bett mit dem bunt bemalten Zierat von Sèvres porzellan, die vergoldeten Gesimse, die Gobelins, die feinen Schreine aus Aloe- und Sandelholz, deren Duft damals, als sie verbrannt wurden, noch zwei Tage lang über der ganzen Umgebung lag.
    Cagliostro war es, als bewahrte der kalte, verlassene Raum noch jetzt etwas von diesen Düften. Er bückte sich, hob ein winziges Häufchen Asche auf und roch daran, als wollte er den kostbaren Staub einsaugen.
    »Könnte ich doch einen Rest dieser Seele in mich aufnehmen, die diesen Staub belebte«, murmelte er versunken.
    Dann sah er durch die Eisengitter den traurigen Hof und die langen und tiefen Risse, mit denen der Brand die Außenmauern überzogen hatte. Das Gemach Althotas’ war verschwunden – ein düsterer und erhabener Anblick zugleich. Nur Mauerstümpfe waren geblieben, an denen das Feuer mit seinen

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