Das Halsband der Königin
Kommandeur eintrat, »daß du eben da unten ausposaunt hast, daß alles geplatzt ist?«
»Haltet ihr mich für blöde?«
»Dein Glück«, sagte Beausire, »also teilen wir zu dritt. Nimmst du an?«
»Und ob ich annehme«, erwiderte der Kommandeur und rieb sich die Hände.
»Ah, Schuft du!« rief Beausire. »Du wolltest die Kameraden be-trügen. Hilf mir, Portugiese, ab mit dem Verräter in die Dunkel-kammer. Wir holen die anderen.«
Dom Manoel, im Bewußtsein seiner Kraft, schleppte den Kommandeur fort, drohte ihm, ihn zu erdrosseln, wenn er schreien würde, und stieß ihn in die Kammer, die er doppelt verschloß.
Als er sich umsah, war Beausire fort.
Der Portugiese stürzte zum Kassenraum, um mit dem Geld allein durchzubrennen, ehe Beausire mit den übrigen zurück wäre.
Der Kassenraum war verriegelt.
Beausire mißtraut mir, weil ich den Schlüssel habe, dachte er, er soll sich wundern.
Er sprengte den Riegel mit dem Degen. Aber siehe, die Kasse stand offen und leer.
Beausire mit seinem Nachschlüssel hatte vorgesorgt und war verschwunden.
Der Portugiese rannte durchs Haus wie von Sinnen, teilte unter Wutgeheul allen den Betrug mit. Aber keiner glaubte ihm.
Alle waren überzeugt, daß er das Komplott mit Beausire ausge-heckt hatte und daß er von diesem mit der halben Beute irgend-wo erwartet wurde. Herr Ducorneau eilte bei dem unbeschreib-lichen Tumult herbei. Er erstarrte, da er sah und hörte, daß der Herr Gesandte von den übrigen Herren, die sich allerdings kaum mehr als solche betrugen, gepackt und abgeführt wurde, um im Schuppen gehenkt zu werden.
»Das, das grenzt ja an Majestätsbeleidigung!« schrie Herr Ducorneau und stotterte vor Bestürzung.
Im selben Augenblick wurde feierlich ans Tor geklopft. »Öffnen Sie! Im Namen des Herrn Botschafters von Portugal«, verkündete eine portugiesische Stimme.
In wilder Flucht stoben die Ganoven auseinander.
Der echte portugiesische Gesandte konnte sich nur mit Hilfe der Polizei Eintritt verschaffen.
Herr Ducorneau wurde als einziger verhaftet.
Illusion und Wirklichkeit
In gemäßigter Eile, um nicht aufzufallen, hatte Beausire die nächsten Straßen und Gassen durchquert, dann war er gerannt, immer schneller gerannt, bis er an den Getreidehallen sich unter die Leute mischen und sich versichern konnte, daß ihm niemand gefolgt war.
Außer Atem ließ er sich auf einem Kornsack nieder und tat, als betrachtete er hingegeben die Medici-Säule, doch interessierte ihn das Kunstwerk des Philibert de Lormes ebensowenig wie die Sonnenuhr, mit der Herr de Pingre sie geschmückt hat.
Vielmehr sog er seine rasselnden Lungen voll frischer Luft und ergab sich, nachdem er wieder einigermaßen ruhig atmen konnte, dem erfreulichen Gedanken, daß er jetzt ein reicher Mann war. Jetzt kann ich ehrlich weiterleben, sagte er sich, mir scheint, ich setze bereits Fett an. Oliva werde ich zu einer ehrbaren Frau machen. Ein zurückgezogenes Leben in der Provinz wird ihr schon behagen. Meine Oliva, meine Nicole, dachte er, zärtlich aufseufzend, sie hat nur zwei Fehler, ihre Faulheit und ihre Hoffart, sonst ist sie gut.
Nur zwei Fehler, armer Beausire! Faulheit und Hoffart sind zwei Todsünden.
Er überzeugte sich, daß die hunderttausend Francs noch vollzählig in seiner Tasche steckten, dann zog er weiter. Wenn man ihn auch hier nicht suchen würde, so war doch gewiß, daß man ihn suchen würde. Er vermutete, daß seine Kumpane sich in Banden teilen und zunächst das Haus des Diebes umstellen würden. Und das war die entscheidende Schwierigkeit, denn dort wohnte auch Oliva. Man würde sie verhören, vielleicht sogar mißhandeln, womöglich als Geisel nehmen. Mit den Herren der Gesandtschaft war nicht zu spaßen, das wußte Beausire, und sein Gehirn arbeitete so fi eberhaft, daß er den Verstand verlor. Sollte er sich selber retten und Oliva preisgeben; sollte er seine Haut und seinen Schatz wagen, um Oliva zu holen?
Schließlich war die Liebe stärker als die Vorsicht. Seine Kumpane konnten ihn noch nicht eingeholt haben. Er warf sich in einen Fiaker und fuhr zum Pont-Neuf. Da er einen dicken Taler zeigte, fl ogen die Pferde.
Hinter der Statue Heinrichs IV., auf der Plattform, wo man damals zu halten pfl egte, sollte der Wagen warten.
Es dunkelte bereits. Beausire öffnete einen Wagenschlag und warf einen spähenden Blick in die Rue Dauphine.
Er hatte langjährige Übung darin, die Leute von der Polizei, auch wenn sie verkleidet gingen, zu erkennen. Nun, zwei
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