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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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solcher Herren bemerkte er sofort. Sie standen in einiger Entfernung von-einander und hatten die Rue Dauphine im Auge. Aber Spitzel in der Nähe des Pont-Neuf waren keine Seltenheit. Ein Sprichwort dieser Zeit sagte, wer einen Prälaten, ein Freudenmädchen oder ein weißes Pferd sehen wolle, brauche nur über den Pont-Neuf zu gehen, und weiße Pferde, Soutanen und Huren waren seit jeher ein Gegenstand der besonderen Aufmerksamkeit der Polizei. Also war Beausire jetzt noch lange nicht verzweifelt. Er machte sich bucklig, hinkte durch die Menge und bog in die Rue Dauphine.
    Schon war er dicht vor dem Haus und keine Spur von dem zu sehen, was er befürchtete. Die Fenster waren geschlossen. Sicher lag Oliva auf dem Sofa, las irgendeinen Schmöker und knabber-te Süßigkeiten.
    Plötzlich gewahrte er eine Uniform der Scharwache auf der anderen Straßenseite, mehr noch, er erkannte eine zweite hinter dem Fenster von Olivas kleinem Salon.
    Kalter Schweiß brach ihm aus, und der gilt nicht als wohltä-
    tig. Aber es gab kein Zurück mehr. Er mußte an dem Haus vor-
    übergehen.
    Welch ein Schauspiel! Der ganze Hausfl ur wimmelte von Gardisten, unter denen ein schwarzgekleideter Kommissar vom Châtelet zu erkennen war.
    Mit raschem Blick begriff Beausire, daß diese Leute verärgert und enttäuscht aussahen. Die Fähigkeit, in den Gesichtern von Polizisten zu lesen, hat man eben, oder man hat sie nicht; so muß-
    te er nicht zweimal hinsehen, um zu erraten, daß die Herren ihr Opfer nicht gefunden hatten. Offenbar hatte Herr de Crosne, von irgend jemand benachrichtigt, seine Hand nach Beausire ausgestreckt und nur Oliva gefangen.
    Hätte Beausire nicht hunderttausend Francs in der Tasche getragen, er hätte sich gestellt, um Oliva den Ärger zu ersparen.
    Aber die Vorstellung, daß die Polizisten ihre schmutzigen Klauen nach seinem schönen, mit soviel List erworbenen Geld ausstrek-ken und ihr Leben lang sich über ihn kugelig lachen würden, erstickte in ihm sogar den Liebeskummer.
    In der Tat, Oliva selbst hätte ihn einen Idioten gescholten, wäre er jetzt nicht so geschmeidig wie möglich entwischt. Seit einer guten Stunde war er nur mehr seinem Instinkt gefolgt, und da er Oliva wohl hundertmal schon im Garten des Luxembourg gesucht hatte, ließ er sich von seinen Beinen jetzt dorthin tragen.
    Kaum war er in der Rue Saint-Germain-des-Prés, stieß eine glanzvolle Karosse, von zwei weißen Pferden gezogen, ihn beinahe zu Boden. Dank seiner pariserischen Leichtfüßigkeit entging er der drohenden Deichsel mit knapper Not und empfi ng nur einen Fluch und einen Peitschenhieb. Das aber konnte den hunderttausend Francs schweren Mann nicht so ins Herz treffen wie die Tatsache, daß er in ebendieser Karosse Oliva an der Seite eines feinen Mannes sah. Gern wäre er dem Wagen nach-gerannt, aber der bog in die Rue Dauphine ein, und das war die einzige Straße in Paris, die Beausire zu dieser Stunde aufs ge-naueste meiden mußte.
    Aber war es wirklich Oliva gewesen? Phantasierte er nicht vielleicht? Wie konnte Oliva in der Karosse sitzen, da sie doch offenbar soeben von der Polizei verhaftet worden war?
    Seelisch und körperlich erschöpft, aber heil, gelangte Beausire über die Stadtgrenze, wo er sich ein Quartier suchte, sein Geld unter einer Bodenfl iese versteckte, den Bettpfosten auf die Fliese rückte und alsbald in tiefen Schlaf fi el.
    Fräulein Oliva beginnt sich zu fragen, was
    man eigentlich von ihr will
    Wenn Beausire seinen vortreffl ichen Augen getraut und durch falsche Schlüsse aus falschem Augenschein sich nicht hätte irre-machen lassen, wären ihm mancher Kummer und manche Enttäuschung erspart geblieben.
    Es war tatsächlich Fräulein Oliva, die in der Kutsche gesessen hatte. Sie war nach ihrer Gewohnheit im Garten des Luxembourg spazierengegangen. Als sie eben ihren Stuhl bezahlte, dem Cafetier zulächelte, dessen treue Kundin sie war, und sich anschickte, nach Hause zu gehen, trat aus einer Allee ihr seltsamer Freund, Herr Cagliostro, an sie heran und nahm ihren Arm.
    »Wohin gehen Sie?« fragte er die erschrocken Aufblickende.
    »Nach Hause, in die Rue Dauphine.«
    »Das wäre den Leuten nur zu erwünscht, die dort auf Sie warten«, sagte er.
    »Leute, die auf mich warten?« staunte Oliva.
    »Und die Sie verhaften wollen«, ergänzte Cagliostro.
    »Mich verhaften? Weshalb denn?« schauderte Oliva, denn manche Gewissen sind nie ganz rein. »Warum will man mich verhaften? Ich habe doch nichts getan.«
    »Auch

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