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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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nur an großen Jagdtagen geöffnet wurde, um Körbe mit dem erlegten Wildbret hinauszuschaffen.
    Charny bemerkte, daß die Leute, die diese Pforte öffneten, nicht sprachen. Lautlos und rasch kamen zwei Frauen auf die Allee, die seinem Fenster gegenüberlag. Das Mondlicht beleuchtete sie, und Olivier de Charny hätte fast aufgeschrien, denn er erkannte Marie-Antoinette. Sie hielt eine Rose in der Hand.
    Mit bebendem Herzen, hinter Gesträuch verborgen und auf dem Rasen laufend, um Geräusche zu vermeiden, folgte Olivier den Frauen.
    Ach, warum war sie nicht allein? Er hätte sich ihr genähert und ihr auf Knien geschworen: Ich liebe Sie. Ach, warum war sie nicht in Gefahr? Er hätte sein Leben darangesetzt, sie zu retten!
    Jetzt entfernte sich ihre Begleiterin, und die Königin lehnte sich an einen Baum, wobei sie sich dicht in ihren Mantel hüllte.
    Schon wollte Charny auf sie zueilen; aber er überlegte, daß ihn immerhin noch dreißig Schritte von ihr trennten. Sie würde ihn aus der Ferne nicht erkennen und aus Angst vielleicht um Hilfe rufen. Man würde den Park durchsuchen und den Eindringling, wohl gar seinen Zufl uchtsort entdecken.
    Er bezähmte sich also, und das war gut, denn gleich darauf kehrte die Gefährtin der Königin zurück und führte einen Mann von edler Haltung heran, der sich unter einem weiten Mantel und einem breiten Hut verbarg.
    Der bloße Anblick dieses Herrn machte den eifersüchtigen Charny vor Haß und Erbitterung erzittern, doch wirkte der Mann nicht wie ein Triumphierender, vielmehr schien er zu taumeln, während er sich zögernd und ehrfürchtig der Königin näherte und sich tief vor ihr verbeugte.
    Charny blickte verblüfft. Was tat die Königin hier zur Nachtzeit? War dieser geheimnisvolle Kavalier womöglich ein Kurier aus Potsdam oder Schönbrunn, ein Edelmann, der eine Geheim-botschaft überbrachte, einer jener Deutschen, die Ludwig XVI.
    in Versailles nicht mehr sehen wollte, seit Josef II. sich erlaubt hatte, seinem Schwager, dem allerchristlichsten König, philoso-phische Ratschläge zu erteilen?
    Charnys heiße Stirn kühlte sich ab bei diesem Gedanken. Auch sah er befriedigt, daß der Kavalier bald verabschiedet wurde. Im Fortgehen aber verlor die Königin jene Rose, und der Herr hob sie auf und küßte sie mit fast wahnsinniger Leidenschaft.
    Charny verlor beinahe den Verstand. War das die geheime Diplomatie der Königin? Waren das ihre Staatsgeheimnisse?
    Noch ehe er weiter denken konnte, war der Spuk verschwunden.
    »Kommen Sie, Monseigneur«, hatte er die begleitende Dame zu dem Herrn sagen hören.
    Weib und Königin
    Olivier de Charny war in der folgenden Nacht wieder auf der Lauer gewesen und hatte, vor Wut, Schmerz und Eifersucht ber-stend, ein neuerliches Stelldichein der gleichen Personen beobachtet. Diesmal war der Kavalier vor der Königin niedergesun-ken und hatte mit glühender Inbrunst ihre Hände geküßt, die sie ihm willig überlassen hatte. In der Nacht darauf aber war die Königin mit jenem Herrn sogar in den Apollobädern verschwunden. Charny hatte seinen Augen nicht trauen wollen, und un-sägliche Qualen waren über ihn hereingebrochen. In seiner un-schuldigen Geradheit hätte er nie zu glauben gewagt, daß das Verbrechen so weit gehen könnte.
    In einem Anfall von blindwütiger Raserei hatte er sich auf die Begleiterin der Königin stürzen wollen, die vor den Bädern, an einer laubumrankten Säule lehnend, Wache hielt. Aber die Sinne waren ihm geschwunden, röchelnd war er ins Moos gesunken, und als er zu sich kam, hatte er nur mehr frische Fußspuren im Rasen und hinter der Parkmauer die Hufeindrücke eines Pferdes ausmachen können.
    Entschlossen, seiner Qual ein rasches Ende zu bereiten, ließ er sich morgens in ein schwarzes Samtgewand kleiden und eilte nach dem Schloß Trianon.
    Es war zehn Uhr. Die Königin trat gerade aus der Kapelle, wo sie die Messe gehört hatte. Überall, wo sie vorbeikam, neigten sich ehrfurchtsvoll die Köpfe und Degen. Schön war die Königin mit ihrem lächelnden Mund, ihren müden, aber von sanfter Klarheit strahlenden Augen.
    Plötzlich bemerkte sie unter den Umstehenden Charny und errötete leicht.
    Er hatte den Kopf nicht geneigt. Bleich wie ein Gestorbener und starr blickte er sie an, und sie las in seinen Augen neues Unheil.
    »Ich glaubte Sie auf Ihren Gütern, Herr de Charny?« richtete sie das Wort an ihn.
    »Ich bin wieder zurück, Madame«, entgegnete er knapp.
    Erstaunt lauschte die Königin dem Unterton

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