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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Fisher
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objektiver Kriterien macht das sachbezogene Verhandeln so überzeugend und bringt die Gegenseite auch mit solcher Effektivität zum Mitspielen.
    Geben Sie niemals irgendeinem Druck nach
    Nehmen wir noch einmal den Fall mit dem Bauunternehmer. Was ist, wenn er Ihnen anbietet, dass er Ihren Schwager bei sich anstellt unter der Bedingung, dass Sie bei der Tiefe des Fundaments nachgeben? Darauf sollten Sie antworten: »Ein Arbeitsplatz für meinen Schwager hat doch nichts damit zu tun, ob das Haus sicher auf einem derartigen Fundament steht.« Was weiter, wenn der Unternehmer nun eine Preiserhöhung androht? Dann sollten Sie so antworten: »Wir müssen das Ganze sachlich entscheiden. Sehen wir einmal, was |133| andere Unternehmer für eine entsprechende Arbeit fordern«, oder: »Bringen Sie mir Ihre Kalkulation und wir werden einen fairen Profit für Sie aushandeln.« Wenn der andere dann mit Worten ankommt wie: »Na, Sie werden mir doch vertrauen, oder?«, dann sollten Sie dagegenhalten: »Vertrauen ist eine ganz andere Sache. Hier geht es darum, wie tief die Fundamente sein müssen, damit das Haus sicher steht.«
    Druck kann verschiedene Formen haben: Bestechung, Drohung, manipulativer Vertrauensappell oder schlicht Weigerung, sich von der Stelle zu bewegen. In all diesen Fällen lautet die prinzipielle Antwort gleich: Fordern Sie die Gegenseite zum vernünftigen Argumentieren auf, schlagen Sie mögliche objektive Kriterien vor und bestehen Sie darauf, auf deren Grundlage weiter zu verhandeln. Geben Sie niemals irgendwelchem Druck nach, unterwerfen Sie sich nur vernünftigen Prinzipien.
    Wer wird nun bei einer solchen Verhandlung am Ende gewinnen? Das lässt sich nicht generell voraussagen, aber ganz allgemein haben Sie einen gewissen Vorteil. Denn zusätzlich zu Ihrer Willenskraft haben Sie auch noch die Macht der Legitimität und eine überzeugende Wirkung dadurch, dass Sie Offenheit zeigen gegenüber vernünftigen Argumenten. Sie können sich leichter der Willkür verweigern, als die Gegenseite sich der Entwicklung objektiver Kriterien entziehen kann. Wenn Sie sich weigern nachzugeben (ausgenommen seien klare Vernunftgründe), so ist das eine Position, die Sie besser – öffentlich wie privat – verteidigen können, als wenn Sie sich gegen die Entwicklung einsichtiger Vernunftargumente sperren.
    Schließlich werden Sie jedenfalls im Hinblick auf die verfahrensmäßigen Fragen gewinnen. Normalerweise können Sie den Prozess vom Feilschen um Positionen hinlenken zur Suche nach objektiven Kriterien. In diesem Sinn dominiert das sachbezogene Verhandeln als Strategie gegenüber dem Feilschen um Positionen. Wer darauf besteht, dass die Verhandlung sachbezogen sein muss, bringt meist die anderen zum Mitziehen, zumal das dann zur einzigen Möglichkeit wird, ihre substanziellen Interessen zu entwickeln.
    |134| Inhaltlich empfiehlt sich das sachbezogene Verhandeln ebenfalls. Speziell wer sich durch ein nur um Positionen feilschendes Gegenüber eingeschüchtert fühlt, bekommt durch das sachbezogene Verhandeln immer die Möglichkeit, die eigene Position zu halten und dennoch fair zu bleiben. Das Prinzip dient dazu, dem Druck eines hartnäckigen Partners nicht nachzugeben. Das Ganze ist dann eine Form von »Recht macht stark«.
    Wenn am Ende die Gegenseite sich aber überhaupt nicht bewegen will und auch keine überzeugende Basis für ihre Position entwickelt, dann gibt es schlichtweg keine Verhandlung mehr. Das ist dann etwa so, als ob Sie in ein Geschäft mit festen Warenpreisen gehen. Dann können Sie nur entscheiden, ob Sie kaufen wollen oder nicht. Bevor Sie allerdings mit dem Verhandeln aufhören, sollten Sie noch einmal prüfen, ob Sie nicht doch noch ein objektives Kriterium übersehen haben, unter dem das Angebot der anderen Seite als fair angesehen werden könnte. Finden Sie eines und können Sie damit doch noch zu einem Übereinkommen (statt zu gar keinem) kommen, so akzeptieren Sie es. Ist das Kriterium brauchbar, so vermeidet man damit den Nachteil, sich einer willkürlichen Position zu unterwerfen.
    Rückt die Gegenseite nicht von ihrer Position ab und finden Sie keine Möglichkeit, dies zu akzeptieren, dann sollten Sie abschätzen, ob es besser ist, die ungerechtfertigte Position der Gegenseite in Kauf zu nehmen oder sich der besten sich bietenden Alternative zuzuwenden. Wägen Sie die sachlichen Vorteile ab gegenüber der Verbesserung Ihres guten Rufs als sachbezogener Verhandlungspartner, wenn Sie die

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