Das Harvard-Konzept
wenn überhaupt, kann militärische Stärke die Entscheidung mit beeinflussen?
Nehmen Sie nicht einfach an, dass Sie eine Beste Alternative haben, die besser ist als Verhandeln, oder dass Sie gar keine Beste Alternative haben. Denken Sie erst darüber nach und entscheiden Sie dann, ob Verhandeln sinnvoll ist.
Frage 6: »Wie soll ich meinen Verhandlungsansatz an die Unterschiede in Persönlichkeit, Geschlecht, Kultur und so weiter anpassen?«
In mancher Hinsicht sind die Menschen überall einander ähnlich. Wir wollen geliebt und von anderen Menschen geachtet werden, sorgen uns um unsere Selbstachtung und wollen nicht das Gefühl haben, übervorteilt zu werden. In anderer Hinsicht sind die Menschen – sogar solche mit ähnlichem Hintergrund – sehr verschieden. Einige gehen aus sich heraus, andere sind schüchtern; einige sind sprachgewandt und diskutierfreudig, andere mehr körper- und gefühlsbetont; manche Menschen sind frei heraus, andere mehr indirekt und taktvoll; manche genießen Konflikte, andere tun fast alles, sie zu vermeiden. Wenn Menschen verhandeln, haben sie unterschiedliche Interessen und Kommunikationsstile. Für sie mögen verschiedene Dinge überzeugend sein, und sie können auf unterschiedliche Arten Entscheidungen treffen. Wie sollen wir solchen Ähnlichkeiten und Unterschieden beim Verhandeln mit verschiedenen Menschen Rechnung tragen? Hierzu schlagen wir einige Grundsätze vor:
Finden Sie eine gemeinsame Linie
Bei jeder Verhandlung sollten Sie empfänglich sein für die Wertvorstellungen, Wahrnehmungen, Sorgen, Verhaltensnormen und Stimmungen |224| der Personen, mit denen Sie verhandeln. Passen Sie Ihr Verhalten entsprechend an. Wenn Sie mit jemandem verhandeln, ist es diese Person, die Sie zu beeinflussen suchen. Je erfolgreicher Sie mit der Denkweise dieser Person in Einklang kommen, um so wahrscheinlicher werden Sie zu einer Übereinkunft gelangen. Einige übliche Unterschiede, die das Verhandeln beeinflussen können, sind folgende:
Tempo: schnell oder langsam?
Förmlichkeit: groß oder gering?
Physische Entfernung während des Verhandelns: klein oder groß?
Mündliche oder schriftliche Vereinbarungen: welche sind mehr bindend und umfassender?
Kommunikationsstil: freimütig oder mehr indirekt?
Zeitrahmen: kurz- oder langfristig?
Umfang der Beziehung: nur geschäftsmäßig oder alles umfassend? Erwarteter Verhandlungsort: privat oder öffentlich?
Verhandlungspartner: gleichrangige oder die für die Aufgabe kompetentesten Leute?
Striktheit der Verpflichtungen: unveränderlich oder flexibel gemeint?
Passen Sie unseren allgemeinen Rat der besonderen Situation an
Dieses Buch gibt allgemeine Ratschläge. Sie werden nicht auf die gleiche Weise in jeder Lage bei jeder Person anwendbar sein. Aber die grundlegenden Vorschläge sind generell anwendbar. Außer bei einem zwingenden Grund, anders zu handeln, raten wir Ihnen, Ihren spezifischen Ansatz für jede Verhandlung nach diesen Vorschlägen auszurichten. Der beste Weg, diese allgemeinen Richtlinien
umzusetzen,
wird vom spezifischen Kontext abhängen. Wenn Sie einen situationsgerechten Ansatz entwickeln, überlegen Sie, wo Sie sind, mit wem Sie verhandeln, was in der Branche üblich ist, was Ihre Erfahrungen mit diesem Verhandlungspartner sind und so weiter.
|225| Schenken Sie den Unterschieden in Überzeugungen und Sitten Beachtung, aber werfen Sie Einzelpersonen nicht in einen Topf
Verschiedene Gruppen und Orte haben verschiedene Sitten und Überzeugungen. Lernen Sie sie kennen und respektieren Sie sie, aber hüten Sie sich davor, Annahmen über Einzelne zu treffen.
Einstellungen, Interessen und andere Charakteristika von Individuen sind oft völlig von denen einer Gruppe verschieden, zu der sie gehören. Zum Beispiel neigt der »durchschnittliche« Japaner zu mehr indirekten Methoden der Kommunikation und Verhandlung, aber bei einzelnen Japanern ist die gesamte Skala der Verhandlungsstile anzutreffen. Ein prominenter Minister der japanischen Regierung war für sein schroffes Verhandeln »nach amerikanischem Stil« berühmt – was für viele Amerikaner überhaupt nicht typisch ist. Gemäß verschiedenen Untersuchungen sammeln Frauen Informationen auf offenere und weniger strukturierte Weise als Männer, sie sind wahrscheinlich sensibler hinsichtlich Beziehungen und sie handeln gemäß einer Moralität, die verhältnismäßig mehr auf Fürsorge und Verpflichtung gegenüber anderen beruht und weniger auf Regeln und individuellen Rechten.
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