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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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verhaltene königliche Missbilligung, die er von ihr kannte. »Was immer aus ihr geworden sein mag, habt allein Ihr zu verantworten.«
    Tugomir sah ihr noch einen Moment ins Gesicht, dann wandte er sich ab. »Semela kommt heute Mittag und sieht nach dem Jungen. Gebt Liudolf jede Stunde einen Becher von dem Sud zu trinken und so viel Wasser, wie er schlucken kann. Wenn bis morgen früh alles gut geht, gebt ihm in Wasser eingeweichtes Brot.«
    Sie folgte ihm zur Tür. »Prinz Tugomir …«
    »Bemüht Euch nicht, edle Königin. Ich finde allein zurück in mein Verlies.«
    Er humpelte den überdachten Gang entlang und hatte dessen Ende schon fast erreicht, als Editha in seinem Rücken sagte: »Alveradis befindet sich in der Obhut Eurer Schwester in Quedlinburg.«
    Tugomir kam vielleicht noch fünf Schritte weiter, ehe seine Knie nachgaben. Aber die Königin war glücklicherweise schon zu ihrem Sohn zurückgekehrt, und so sah sie nicht, wie er unter höllischen Schmerzen auf den Holzbohlen landete.

Belecke, Mai 938
    »Na los, nicht so zaghaft!«, ermunterte Thankmar die Männer am Rammbock, sprang aus dem Sattel und legte selbst mit Hand an. »Alle auf mein Kommando, achtet auf den Rhythmus! Zu- gleich !«
    Mit größerem Schwung donnerte der Rammbock jetzt gegen das Haupttor der Festung von Belecke, und bei jedem Aufprall tropften kleine Schauer aus den Ketten, die den angespitzten und gehärteten Baumstamm mit seinem fahrbaren Gerüst verbanden. Es schüttete. Wieder einmal. Es hatte geregnet, als er seine Truppen vor zwei Monaten am Ufer der Ruhr mit Eberhards fränkischen Raufbolden vereinigt hatte, und es kam Thankmar vor, als habe es seitdem nicht mehr aufgehört.
    »Achtung, Prinz!«, kam der warnende Ruf von links, und Thankmar duckte sich rechtzeitig und hob den Schild über den Kopf, als ein Schwarm brennender Pfeile über die Palisade kam. Einer fand ein Ziel, und der Glatzkopf vorne links am Rammbock sackte in sich zusammen. Ein junger Kerl in einem Lederwams sprang furchtlos herbei, schob den Getroffenen achtlos mit dem Fuß beiseite und nahm seinen Platz ein. Ein blutiges Rinnsal hatte sich im Schlamm gebildet.
    »Weiter. Wir haben es gleich geschafft, Männer«, rief Thankmar.
    Er hatte nicht zu viel versprochen. Beim neuerlichen Aufprall des Rammbocks erzitterte das mächtige Tor. Beim nächsten begann es zu splittern.
    Thankmars Männer jubelten.
    Der Prinz überließ seinen Platz wieder einem der Soldaten, ging zu seinem Pferd zurück und saß auf.
    »Was, denkt Ihr, erwartet uns hinter dem Tor, Prinz?«, fragte Agilbert, der Kastellan von Teistungen, der Thankmars kleine, aber handverlesene Schar von Panzerreitern befehligte.
    Thankmar machte ihm nichts vor. »Ein blutiges Tagewerk. Aber auf jeden Fall die Mühe wert.«
    »Also seid Ihr sicher, dass Euer Bruder hier ist?«, vergewisserte sich Wichmann Billung.
    Thankmar nickte. Der Meldereiter aus Belecke, den sie abgefangen hatten, hatte es geschworen. Und als der Prinz ihm in Aussicht stellte, er werde ihm höchstpersönlich mit einer glühenden Zange die Zunge herausreißen, falls er die Unwahrheit sagte, hatte der Kerl es immer noch geschworen. »Falls man sich in diesen Zeiten irgendeiner Sache sicher sein kann, bin ich sicher«, antwortete er.
    Herzog Eberhard wies aufs Tor. »Wir werden es bald genug erfahren.«
    Beim nächsten Schlag brach der Rammbock endgültig durch. Die Verteidiger hatten versucht, das Tor von innen mit Holzpfählen zu verstärken, aber solche Maßnahmen konnten allenfalls einen Aufschub bringen. Als mit dem nächsten Aufprall der Sperrbalken der Toranlage brach, begannen die beiden Flügel unweigerlich, unter dem Ansturm der Belagerer nach innen zu schwingen.
    Thankmar zog sein Schwert. Er wartete nicht, bis Eberhards schlecht gepanzerte Fußsoldaten die Verteidiger am Tor in Zweikämpfe verwickeln konnten, sondern preschte vor, drängte durch das sich gerade öffnende Tor und hieb dem ersten der feindlichen Soldaten seitlich die Klinge in den Hals. Der Kopf fiel nicht, aber eine Blutfontäne schoss aus der Wunde, und der Mann ging mit einem gurgelnden Schrei zu Boden. Dem Nächsten stieß der Prinz die Klinge ins Herz, befreite den linken Fuß aus dem Steigbügel, um einen Graubart beiseitezutreten, der seinem Pferd an die Kehle wollte, und ritt den Nächsten nieder. Da fingen sie an, vor ihm zurückzuweichen, und im selben Moment drängte das erste halbe Dutzend ihrer eigenen Männer unter Wichmanns Führung herein und

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