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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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bezweckte, plötzlich Einigkeit zu demonstrieren. In Wahrheit gab es kein Wir. Sie war schließlich nicht dort gewesen, als Tugomir den toten Thankmar mit der Lanze in der Brust aus der Kirche getragen hatte. Und selbst wenn, ihr wäre es völlig gleich gewesen.
    »Aber Ihr dürft nicht vergessen, Eberhards Bruder war König, bevor Euer Gemahl es wurde«, erinnerte Friedrich sie. »Er besitzt immer noch mächtige Freunde und …«
    »Drohungen, ehrwürdiger Bischof?«, fragte der König. Sein Tonfall war so schneidend, dass alle leicht zusammenfuhren.
    »Wie käme ich dazu, mein König«, wehrte Friedrich ab und strich sich nervös über den üppigen, gelockten Goldschopf, den Otto zu extravagant für einen Mann der Kirche fand. »Ich will Euch lediglich in dieser schwierigen Situation raten. Das ist schließlich meine Aufgabe.«
    Otto nickte unverbindlich. Er misstraute Friedrich, und er fragte sich, woran das liegen mochte. Er musterte die vornehmen Gewänder des Metropoliten, seine gepflegten Nägel und die kostbaren Ringe. Solche Eitelkeit gefiel ihm nicht, doch war sie bei hohen Kirchenfürsten keine Seltenheit. Auch Friedrichs Vorgänger Hildebert hatte ein beinah kindliches Vergnügen an Prunk gehabt, vor allem eine Schwäche für edelsteinbesetzte Schuhe mit goldenen Schnürbändern. Doch Hildebert war ein Fels gewesen, ein scharfsinniger Politiker und wertvoller Verbündeter – der lebende Beweis, dass Ottos Plan, die weltlichen Fürsten zu schwächen und seine Macht stattdessen auf die Bischöfe zu stützen, richtig war. Bischöfe waren gebildete und weitsichtige Männer, die keine Söhne hatten – jedenfalls keine ehelichen –, deren Erbansprüche ihren Herzen näher liegen konnten als die Belange des Reiches. Doch Friedrich strahlte eine gewisse Verschlagenheit aus, die ihn zu Hennings natürlichem Verbündeten zu machen schien. Also war der König auf der Hut. »Was denkst du?«, fragte er seinen Bruder.
    Henning, der bis jetzt an Friedrichs Seite gestanden hatte, kam zur Tafel herübergeschlendert, schenkte sich einen Becher aus dem Weinkrug voll und setzte sich. »Ich denke, der ehrwürdige Erzbischof hat recht. Eberhard aufzuhängen würde die fränkischen Grafen auf einen Schlag gegen uns aufbringen, und das sollten wir nicht riskieren. Zumal auch Bayern am Rande der Rebellion steht, stimmt’s nicht? Wenn Ihr Euch entschließen könntet, Judiths Bruder aus Bayern zu verjagen und die Herzogswürde stattdessen mir zu geben, sähe die Lage natürlich anders aus.«
    Der König lächelte, als glaubte er, Henning hätte einen Scherz gemacht. Dann sagte er zu Erzbischof Friedrich: »Ich erwarte den Herzog von Franken hier binnen drei Tagen, um seine Unterwerfung und die Erneuerung seines Treueschwurs entgegenzunehmen.«
    »Und kann ich ihm sagen, dass er mit einem milden Urteil rechnen darf, wenn er sich Euch in aufrichtiger Reue unterwirft?«, fragte der Erzbischof hoffnungsvoll.
    Otto stand auf. »Ihr dürft ihm genau das sagen, was ich Euch aufgetragen habe«, antwortete er und ging hinaus.
    Er wollte zur Hofkapelle, um sich von seinem Kanzler die Urkunden vorlesen zu lassen, die das königliche Siegel erwarteten. Er fühlte sich niedergedrückt vom Tod seines Bruders und wusste nicht, was er mit seiner Trauer anfangen sollte. Thankmar war ein Verräter gewesen. Er hatte die Waffen gegen seinen König erhoben, und der allmächtige und gerechte Gott hatte ihn seiner verdienten Strafe zugeführt. Mehr gab es eigentlich nicht zu sagen. Doch jedes Mal, wenn Otto sich bei dem Gedanken ertappte, »Das muss ich Thankmar zeigen« oder »Was wird Thankmar nur hierzu sagen?« und ihm dann einfiel, dass sein Bruder tot war, wurde ihm hundeelend.
    Arbeit schien das beste Gegenmittel, also beeilte er sich auf dem Weg zu Poppo. Er hielt inne, als er im Kreuzgang des Kanonissenstifts seine Frau im Gespräch mit einem Mann entdeckte, den er zumindest von hinten nicht erkannte. Drei Kinder tollten um sie herum durchs Gras, denen offenbar niemand erklärt hatte, dass ein Kreuzgang ein Ort der geheiligten Stille und Kontemplation sein sollte …
    Neugierig trat Otto näher, und als Editha ihn entdeckte, streckte sie ihm lächelnd die Linke entgegen: »Ah, da bist du ja. Das trifft sich gut.«
    Ihr Begleiter wandte sich um und sank auf ein Knie nieder. »Mein König.«
    »Hermann von Schwaben! Erhebt Euch, mein Freund.« Falls du das denn bist , fuhr es Otto durch den Kopf, doch er verbarg seine Verwunderung ebenso

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