Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
wurde übel.
»Ich habe abgelehnt.«
Ihrer Schwester blieb die Luft weg. »Du hast …?«
»Ja, ich habe zweieinhalb Millionen Dollar abgelehnt. Sie sagten, sie wollen eine Öko-Ferienanlage bauen, aber … ich weiß nicht recht. Klingt ein bisschen verdächtig. Tristan Catherwood könnte nicht einmal dann die ganze Wahrheit sagen, wenn sein Leben davon abhinge. Also habe ich abgelehnt. Ich verkaufe nicht.«
Licht und Luft kehrten in Juliets Welt zurück. »Du wärst reich geworden.«
»Ich bin reich. Mir gehört das Haus ohnehin. Es liegt an einem der schönsten Strände der Welt. Sicher, ich habe noch keine richtige Arbeit, aber ich werde zurechtkommen.« Sie beugte sich vor und legte ihre Hand auf Juliets. »Es tut mir so leid. Wegen allem. Ich liebe dich, Juliet. Ich weiß, du glaubst mir nicht, aber es ist die Wahrheit.«
Die Erleichterung machte sie verletzlich. Und die aufrichtigen Worte brachten Juliet endgültig zum Weinen. Zuerst waren es lautlose Tränen, doch dann schluchzte sie einmal auf, und Libby kniete sich hin und nahm sie in die Arme. Juliet drückte ihr Gesicht an die Schulter ihrer Schwester und schluchzte, als könne sie gar nicht mehr aufhören. Dann endlich lehnte sie sich zurück und wischte sich die Tränen an ihrem Kleid ab. »Entschuldigung. Ich habe heute ein bisschen nah am Wasser gebaut. Ich liebe dich auch, Libby. Ich hoffe, wir bringen das alles wieder in Ordnung.«
»Lass uns damit anfangen, dass wir den Vertrag feierlich verbrennen.«
Sie verließen die Pension und gingen den Sandweg zum Strand hinunter. Juliet streifte die Schuhe ab. Der Sand war kühl und weich. Sie gingen nebeneinander über die grasbewachsenen Dünen und suchten nach kleinen Stöcken für ein Feuer. An einer geschützten Stelle häuften sie alles auf. Der gewaltige Ozean dröhnte, während sich der Himmel allmählich blass und rosa färbte. Sie entzündeten ein Feuer, kauerten sich daneben, und der Wind fing ihre lachenden Stimmen auf.
»Wenn Scott Lacey uns erwischt, müssen wir ein Bußgeld bezahlen.« Der Wind wehte Juliet die Haare in den Mund, und sie zog eine Strähne nach der anderen heraus.
»Ich muss ein Bußgeld bezahlen. Er hasst mich.«
»Nein, tut er nicht. Ich glaube, er steht sogar auf dich.«
Libby tat es lachend ab. »Nun, ich hoffe, man wird mich hier irgendwann akzeptieren. Scott Lacey und alle anderen auch. Vor allem aber du.«
»Natürlich. Keine Frage.«
»Das mit Andy tut mir so … leid. Es war meine Schuld.«
Juliet war einen Moment lang sprachlos. Wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Ja, es war Libbys Schuld. Aber es war ein Unfall gewesen. Nun, zwanzig Jahre später, erschien die Vorstellung, ihren Groll noch weitere zwanzig Jahre zu hegen, wenig einladend. »Ich verzeihe dir. Andy hätte dir schon vor einer Ewigkeit verziehen.«
Libby versuchte zu lächeln und hielt Juliet den Umschlag hin. »Du hast die Ehre.«
»Nein, ich finde, du solltest das machen.«
Libby nickte. Ihre Haut war warm vom Feuer. Sie hielt den Vertrag darüber. Die Flammen schossen so rasch hoch, dass sie den Umschlag mit einem leisen Aufschrei fallen ließ. Beide sahen kichernd zu, wie sich das Papier schwarz färbte, aufrollte und dann zu Asche wurde. Es brannte nieder, und sie saßen eine Zeitlang in freundschaftlichem Schweigen barfuß am Strand.
Irgendwann meinte Libby: »Ich will ehrlich mit dir sein. Ich habe zuerst ja gesagt. Darum gab es überhaupt einen Vertrag, den wir verbrennen konnten.«
Juliets Magen zog sich zusammen, doch dann wurde ihr klar, dass der Vertrag nur noch ein Häufchen Asche war. »Warum hast du deine Meinung geändert?«
»Das habe ich Damien Allbright zu verdanken. Für einen so jungen Kerl ist er ganz schön weise.«
Einen so jungen Kerl. Juliet presste die Lippen aufeinander und fühlte sich plötzlich alt und unattraktiv. »Damien ist toll.«
Libby lachte. »Du also auch. Oh Gott.«
»Wie meinst du das?«
Sie schaute ihre Schwester im erlöschenden Licht des Feuers an, während der warme Nachtwind die Asche aufwirbelte.
»Genauso hat Damien ausgesehen, als er über dich sprach.«
Die Hoffnung flackerte in Juliets Herz auf. Sie wartete auf eine Erklärung.
»Weißt du, ich sollte es eigentlich nicht erwähnen, aber ich bin vierzig und keine fünfzehn mehr. Geheimnisse sind etwas für Teenager. Er ist in dich verliebt, Jules.«
»Ehrlich?«
»Und wie.«
»Du meinst nicht, es wäre zu seltsam? Der Altersunterschied, meine ich.«
»Mein letzter
Weitere Kostenlose Bücher