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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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das, welches knarrte.
Er brauchte zwölf Sekunden, um aus dem Schrank durch
den Flur zu Pats Zimmer zu gelangen. Er schlich sich in
ihr Zimmer und an ihren Frisiertisch. Er hatte noch nie so
hübsche Dinge gesehen. Ihr Kamm, ihr Spiegel und ihre
Bürste waren alle mit Silberverzierungen geschmückt. Er
zog den Stöpsel von der Parfumflasche und atmete den
feinen Duft ein.
Dann ging er ins Bad, bemerkte ihr Negligée an der
Rückseite der Tür und befühlte es. Voller Wut dachte er,
daß Glory an solch einem Kleidungsstück viel Freude
hätte.
Ob die Polizei zu Glory ins Büro gegangen war und ihr
Fragen gestellt hatte? Sie mußte jetzt zu Hause sein. Er
wollte mit ihr reden.
Er ging zum Bett, fand den Telefonapparat auf dem
Nachttisch und wählte. Nach dem vierten Läuten begann
er die Stirn zu runzeln. Sie hatte davon gesprochen, daß
sie sich der Polizei stellen wolle, aber das würde sie nie
tun, nachdem sie ihm versprochen hatte, damit noch zu
warten. Nein, wahrscheinlich lag sie zitternd im Bett, in
angstvoller Erwartung, ob in der Sendung morgen ihr Bild
gezeigt wurde.
Er legte wieder auf, blieb aber neben Pats Bett hocken.
Schon jetzt fehlte ihm Glory. Er empfand heftig die
Einsamkeit und Stille in dem Haus. Aber er wußte, daß
sich bald seine Stimmen zu ihm gesellen würden.

36
    »So war es gut, Senatorin«, sagte Luther. »Tut mir leid,
daß ich Sie bitten mußte, sich umzuziehen. Aber wir
wollten, daß es so aussieht, als handle es sich um einen
und denselben Arbeitstag; deswegen mußten Sie dasselbe
beim Nachhausekommen tragen.«
    »Schon gut. Das hätte ich mir denken sollen«, sagte
Abigail kurz angebunden.
Sie waren in ihrem Wohnzimmer. Die Kameraleute
packten ihre Ausstattung zusammen. Toby konnte sehen,
daß Abigail keine Lust hatte, Luther Pelham einen Drink
anzubieten. Sie wollte ihn nur loswerden.
Luther bemerkte das offenbar. »Los, Tempo, Tempo«,
schnauzte er die Crew an. Dann lächelte er
einschmeichelnd. »Ich weiß, daß es ein langer Tag für Sie
war, Abigail. Noch eine Sitzung morgen im Studio, und
wir können das Ganze als erledigt betrachten.«
»Das wird der glücklichste Moment in meinem Leben
sein.«
Toby hätte gerne gehabt, daß Abigail sich entspannte.
Sie waren spazieren gefahren und zweimal an dem
stattlichen Wohnsitz des Vizepräsidenten
vorbeigekommen. Abby hatte sogar darüber gewitzelt:
»Kannst du dir vorstellen, was die Klatschkolumnisten
schrieben, wenn sie mich dabei ertappten, wie ich dies
Haus in Augenschein nehme?« Aber sobald die KameraCrew kam, war sie wieder völlig verkrampft.
Luther Pelham zog seinen Mantel an. »Der Präsident hat
für morgen abend um neun im East Room eine
Pressekonferenz anberaumt. Hast du vor, hinzugehen,
Abigail?«
»Man hat mich, denke ich, um mein Erscheinen
gebeten«, sagte sie.
»Dann ist unsere Terminplanung hervorragend. Die
Sendung läuft zwischen halb sieben und sieben, so daß die
Zuschauer nicht in Konflikte mit der Programmwahl
kommen.«
»Ich bin sicher, ganz Washington kann es vor Neugier
kaum noch aushalten«, sagte Abigail. »Luther, ich bin
wirklich schrecklich müde.«
»Natürlich. Entschuldigen Sie bitte. Wir sehen uns dann
morgen früh wieder. Um neun Uhr, wenn es Ihnen recht
ist.«
»Noch eine Minute, und ich wäre wahnsinnig
geworden«, sagte Abigail, als sie und Toby endlich wieder
allein waren. »Und wenn ich bedenke, daß all das absolut
nicht notwendig …«
»Nein, nicht notwendig ist falsch, Senatorin«, meinte
Toby beruhigend. »Du brauchst immer noch die
Zustimmung vom Kongreß. Natürlich wirst du eine
Stimmenmehrheit bekommen, aber es wäre doch schön,
wenn viele Menschen Telegramme schicken würden, um
dich zu deiner Ernennung zu beglückwünschen. Das kann
diese Sendung bewirken.«
»Wenn es so ist, lohnt es sich.«
»Abby, brauchst du mich heute abend noch?«
»Nein, ich gehe früh zu Bett und lese, bis ich einschlafe.
Es war ein langer Tag.« Sie lächelte, und er konnte ihr
ansehen, daß sie sich zu entspannen begann. »Was für
einer Kellnerin stellst du jetzt nach. Oder geht es um ein
Pokerspiel?«
Pat kam um halb sieben nach Hause. Sie schaltete das
Licht im Flur an, aber die Stufen hinter der
Treppenbiegung blieben im Dunkeln.
Plötzlich hörte sie wieder die zornigen Worte ihres
Vaters.
»Du hättest nicht herkommen sollen.«
In jener letzten Nacht hatte jemand hartnäckig geläutet;
ihr Vater hatte die Tür aufgemacht; jemand

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