Das Haus Am Potomac
Buchmacher machte, und geriet in
Schwierigkeiten. Danach fing ich an, für einen Spinner auf
Long Island als Chauffeur zu arbeiten. Abby hatte
inzwischen geheiratet, und ihr Mann war
Kongreßabgeordneter, und ich las, daß sie einen
Autounfall gehabt hätte, weil ihr Chauffeur getrunken
hatte. Also dachte ich, verflucht noch mal. Ich schrieb ihr,
und zwei Wochen später stellte mich ihr Mann ein, und
das war vor fünfundzwanzig Jahren. Sagen Sie, Miss
Traymore, welche Hausnummer haben Sie? Wir sind jetzt
auf der N Street.«
»Dreitausend«, antwortete Pat. »Es ist das Eckhaus vom
nächsten Häuserblock.«
»Das Haus?« Zu spät sein Versuch, den Schrecken nicht
durchklingen zu lassen.
»Ja. Wieso?«
»Ich habe Abby und Willard Jennings früher zu Parties
hierhergefahren. Das Haus gehörte mal einem
Kongreßabgeordneten namens Dean Adams. Hat man
Ihnen nicht gesagt, daß er seine Frau getötet und dann
Selbstmord begangen hat?«
Pat hoffte, daß ihre Stimme ruhig klang. »Der Anwalt
meines Vaters hat mir das Haus besorgt. Er hat etwas
davon gesagt, daß sich vor vielen Jahren eine Tragödie
darin ereignet haben soll, aber nicht Näheres.«
Toby hielt am Straßenrand. »Vielleicht hätte ich es lieber
nicht erwähnen sollen. Er hat sogar versucht, seine Kleine
zu töten – sie ist später gestorben. Ein niedliches kleines
Ding. Sie hieß Kerry, erinnere ich mich. Was soll’s?« Er
schüttelte den Kopf. »Ich parke einfach für einen Moment
neben dem Hydranten. Die Polypen werden sich nicht
darum scheren, solange ich nicht hier herumlungere.«
Pat langte nach dem Türgriff, aber Toby war schneller
als sie. Er war im Nu vom Fahrersitz hinausgesprungen,
ums Auto herumgelaufen und hielt ihr die Tür auf, wobei
er gleichzeitig stützend eine Hand unter ihren Arm legte.
»Seien Sie vorsichtig, Miss Traymore. Hier ist es
spiegelglatt.«
»Ja, das sehe ich. Danke.« Sie war froh, daß es so früh
dunkel wurde, da sie befürchtete, ihr Gesichtsausdruck
hätte Toby etwas verraten können. Er mochte zwar mit
Büchern nichts im Sinn haben, aber sie spürte, daß er eine
außerordentlich gute Beobachtungsgabe besaß. Sie hatte
an dieses Haus immer nur im Zusammenhang mit jener
einen Nacht gedacht. Natürlich hatten hier Parties
stattgefunden. Abigail Jennings war sechsundfünfzig.
Willard Jennings war acht oder neun Jahre älter gewesen
als sie. Pats Vater wäre jetzt Anfang sechzig gewesen. Sie
hatten damals in Washington derselben Altersklasse
angehört.
Toby holte etwas aus dem Kofferraum. Sie hätte ihn
gerne nach Dean und Renée Adams und dem niedlichen
kleinen Ding, Kerry, ausgefragt. Aber nicht jetzt, mahnte
sie sich zur Vorsicht.
Toby folgte ihr mit zwei großen Kartons auf dem Arm
ins Haus. Pat konnte sehen, daß sie schwer waren, aber er
trug sie mit Leichtigkeit. Sie führte ihn in die Bibliothek
und zeigte auf die Stelle neben den Kartons aus dem
Abstellraum. Sie war heilfroh, daß sie instinktiv die
Etiketten mit dem Namen ihres Vaters abgekratzt hatte.
Aber Toby schenkte den Kartons kaum einen Blick.
»Ich sollte lieber machen, daß ich wieder fortkomme.
Miss Traymore, in diesem Karton –«, er zeigte darauf,
»sind Zeitungsausschnitte, Fotoalben und dergleichen. In
dem anderen sind Briefe von Wählern – persönlicher
Natur, denen Sie entnehmen können, auf welche Weise
Abby ihnen hilft. Auch einige private Filme, zum größten
Teil aus der Zeit, als ihr Mann noch lebte. Das Übliche,
vermute ich. Ich werde sie Ihnen gerne jederzeit vorführen
und Ihnen sagen, wer auf ihnen zu sehen ist und bei
welchem Anlaß.«
»Ich werde auf Ihr Angebot zurückkommen, sobald ich
sie herausgesucht habe. Danke, Toby. Ich bin sicher, daß
Sie mir in dieser Angelegenheit eine große Hilfe sein
werden. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam, etwas
zusammenzustellen, womit die Senatorin zufrieden sein
wird.«
»Wenn nicht, werden wir beide es zu verstehen
bekommen.« Tobys kräftiges Gesicht erstrahlte unter
einem freundlichen Lächeln. »Gute Nacht, Miss
Traymore.«
»Warum nennen Sie mich nicht einfach ›Pat‹?
Schließlich reden Sie die Senatorin auch mit ›Abby‹ an.«
»Ich bin der einzige, der sie so nennen darf. Sie hat es
gar nicht gerne. Aber wer weiß? Vielleicht bietet sich mir
mal eine Gelegenheit, auch Ihnen das Leben zu retten.«
»Zögern Sie nicht eine Sekunde, wenn sich Ihnen diese
Gelegenheit bietet.« Pat reichte ihm die Hand und sah sie
in
Weitere Kostenlose Bücher