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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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drehte den Kopf herum, um sie direkt anzuschauen.
»Oh, das hätte ich bei der ersten Begegnung mit Ihnen
    nicht sagen sollen. Normalerweise rede ich nicht so mit
ihr. Das war nur, weil ich wußte, daß Abby nervös war
wegen dieser Sache mit dieser Sendung und daß sie auf
dem Weg zur Abstimmung war und eine Horde von
Reportern ihr von allen Seiten mit Fragen zusetzen würde,
warum sie nicht mit den anderen übereinstimmte –
deswegen dachte ich, wenn ich sie dazu bringen könnte,
einen Moment abzuschalten, würde ihr das gut tun. Aber
verstehen Sie das nicht falsch. Ich habe großen Respekt
vor dieser Frau. Und denken Sie sich nichts weiter dabei,
daß sie mich angefahren hat. Fünf Minuten später weiß sie
nichts mehr davon.«
    »Sind Sie zusammen aufgewachsen?« bohrte Pat
vorsichtig weiter.
Die Ampel schaltete auf Grün. Das Auto fuhr ruhig an;
und Toby steuerte den Wagen erst vor einen Kombiwagen
auf die rechte Spur, bevor er antwortete. »Na ja, nicht
direkt. In Apple Junction besuchen alle Kinder dieselbe
Schule – außer wenn sie zur Pfarrschule gehen natürlich.
Aber sie war zwei Jahre weiter als ich, deswegen waren
wir nie zusammen in einer Klasse. Als ich fünfzehn war,
fing ich dann an, im reichen Viertel der Stadt
Gartenarbeiten zu verrichten. Abby hat Ihnen vermutlich
erzählt, daß sie bei den Saunders im Haus wohnte.«
»Ja.«
»Ich habe für die Leute gearbeitet, die vier Häuser weiter
wohnten. Eines Tages hörte ich Abby laut schreien. Der
alte Kerl, der gegenüber von den Saunders lebte, hatte sich
in den Kopf gesetzt, er brauche einen Wachhund, und sich
einen deutschen Schäferhund gekauft. Ein bösartiges
Vieh! Jedenfalls ließ der alte Kerl das Tor offen, und der
Hund entwischte, gerade als Abby die Straße entlangkam.
Stürzte direkt auf sie zu.«
»Und Sie haben sie gerettet?«
»Ja, sicher. Ich fing an zu brüllen und lenkte ihn ab.
Mein Pech war, daß ich meinen Rechen fallengelassen
hatte, denn er riß mich fast in Fetzen, bis ich ihn am Hals
zu fassen kriegte. Und dann –« Tobys Stimme klang
erfüllt von Stolz, »und dann war es aus mit dem
Wachhund.«
Pat zog unauffällig ihr Tonbandgerät aus ihrer
Umhängetasche und stellt es an. »Jetzt kann ich verstehen,
warum die Senatorin Ihnen gegenüber ziemlich starke
Gefühle hat«, meinte sie. »Die Japaner glauben, wenn man
jemandem das Leben gerettet hat, ist man danach für ihn
verantwortlich. Glauben Sie, Ihnen ist es so ergangen? Sie
hören sich für mich so an, als fühlten Sie sich für sie
verantwortlich.«
»Nun, ich weiß nicht. Vielleicht war es so, vielleicht hat
sie auch mal Kopf und Kragen für mich riskiert, als wir
jung waren.« Das Auto hielt. »Entschuldigen Sie, Miss
Traymore. Eigentlich hätten wir es noch über die Ampel
schaffen müssen, aber dieser Trottel vor uns studiert
Straßenschilder.«
»Macht nichts. Ich habe es nicht eilig. Die Senatorin hat
ihren Kopf für Sie riskiert?«
»Ich sagte, vielleicht. Hören Sie, vergessen Sie’s. Die
Senatorin mag es nicht, wenn ich über Apple Junction
rede.«
»Ich möchte wetten, daß sie darüber spricht, wie Sie ihr
zur Seite gesprungen sind«, meinte Pat nachdenklich.
»Ich kann mir vorstellen, wie ich empfinden würde,
wenn ein bissiger Hund auf mich losgestürzt käme und
sich jemand dazwischenwerfen würde.«
»Oh, Abby war dankbar, ganz gewiß. Ich blutete am
Arm, und sie wickelte ihre Jacke darum. Dann bestand sie
darauf, mich zur Unfallstation zu begleiten, und wollte
sogar dabei sein, als sie mich nähten. Danach waren wir
Freunde fürs Leben.«
Toby blickte sich zu ihr um. »Freunde«, wiederholte er
nachdrücklich. »Nicht im Sinne von boyfriend-girlfriend. Abby ist nicht meine Kategorie. Das brauche ich Ihnen
nicht erst zu sagen. Etwas in dieser Art kam nicht in
Frage. Aber manchmal kam sie nachmittags rüber, und wir
unterhielten uns, während ich meine Gartenarbeit machte.
Sie haßte Apple Junction ebenso wie ich. Und wenn ich in
der Schule in Englisch durchfiel, gab sie mir
Nachhilfestunden. Mit Büchern hatte ich eben nie etwas
im Sinn. Zeigen Sie mir eine Maschine, und ich werde sie
in zwei Minuten auseinandernehmen und wieder
zusammensetzen. Aber verlangen Sie nicht von mir, daß
ich einen Satzbau erkläre.
Jedenfalls, Abby ging zum College, und ich zog runter
nach New York und heiratete, aber es ging nicht gut. Und
ich nahm einen Job an, bei dem ich ein paar krumme
Geschäfte für

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