Das Haus am stillen See: Mittsommerglück (German Edition)
es der Firma noch besser ging, und sich damit einen lange ersehnten Traum erfüllt. Nach dessen Tod war Patrick mit Stina hier eingezogen. Seine Mutter Anna, eine gebürtige Schwedin, war gestorben, als er noch ein kleiner Junge gewesen war. Sein Vater hatte sie kennengelernt, während sie ihr Studium in Cambridge absolvierte, und sich Hals über Kopf in sie verliebt. So sehr, dass er seiner großen Liebe schließlich nach Schweden gefolgt war. Ein mutiger Schritt, wie Patrick fand – doch er konnte seinen Vater gut verstehen.
Alle glücklichen Erinnerungen, die er an seine Mutter hatte, waren eng mit diesem Haus verknüpft. Und jetzt sollte er es aufgeben? Einfach an einen anderen Ort ziehen und die Vergangenheit begraben?
Allein die Vorstellung war ihm ein Graus. Doch Patrick dachte nicht nur an sich selbst, sondern auch an Margrit und Harald – und vor allem an Stina. Sie begann gerade, sich hier einzuleben. Alles entwickelte sich prächtig, viel besser, als er es jemals für möglich gehalten hatte. Patrick hatte das Gefühl, dass sie langsam begann, das Haus als ihr Heim zu betrachten. Wie würde es weitergehen, wenn sie jetzt so einfach aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen wurde? Zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit!
Verzweifelt barg Patrick das Gesicht in den Händen. Nein, das durfte auf gar keinen Fall passieren. Es musste einfach einen Ausweg aus diesem Dilemma geben – nur sehen konnte er ihn im Augenblick noch nicht.
Wohlig räkelte Stina sich am nächsten Morgen in ihrem Bett. Sie hatte überraschend gut geschlafen und fühlte sich erholt und ausgeruht. Eine angenehme Abwechslung, nachdem sie in den letzten Nächten immer wieder von seltsam verwirrenden Träumen gequält worden war.
Vielleicht hatte sie es ja den Ereignissen des letzten Abends zu verdanken. Mit einem verträumten Seufzen schloss sie die Augen. Patricks Kuss hatte sie verzaubert, sie hatte noch immer das Gefühl, wie auf Wolken zu schweben. Und das, obwohl sie sich noch vor Kurzem kaum hatte vorstellen können, mit ihm auch nur zusammenzuleben. Auch wenn Patrick im Grunde noch immer nicht viel mehr als ein Fremder für sie war, fühlte sie sich stark zu ihm hingezogen. Ein Teil von ihr schien sich an ihn zu erinnern, auch wenn der Rest es nicht vermochte.
Mit einem glücklichen Lächeln erhob sie sich und öffnete die schweren hölzernen Fensterläden. Helles Licht durchflutete den Raum. Das Wetter war herrlich. Strahlend stand die Sonne am Himmel, an dem sich vereinzelt bauschige Kumuluswolken tummelten.
Nachdem sie sich angekleidet hatte, ging Stina hinunter in die Küche. “Guten Morgen, Margrit”, rief sie fröhlich. “Hast du auch so gut geschlafen wie ich?”
Wenn die Haushälterin überrascht war, so ließ sie es sich nicht anmerken. “Ebenfalls einen wunderschönen guten Morgen. Willst du dich schon einmal hinaus auf die Veranda setzen? Patrick schläft noch.”
Verblüfft hob Stine eine Braue. “Patrick ist noch im Bett? Er steht doch sonst immer in aller Herrgottsfrühe auf. Sprechen wir beide wirklich von demselben Mann?”
Margrit lachte. “Ja, aber er hat gestern Abend noch bis spät in die Nacht gearbeitet. Möchtest du vielleicht einen frisch gepressten Orangensaft?”
“Oh, da sage ich nicht Nein.”
Gut gelaunt setzte Stina sich an den Frühstückstisch. Es versprach ein wundervoller Tag zu werden. Die Oberfläche des Sees glitzerte in allen Regenbogenfarben, und die Vögel zwitscherten um die Wette. Ein Tag wie geschaffen dafür, noch einmal ganz neu anzufangen.
Stina griff nach der Ausgabe des
Dagbladet
, das zusammengefaltet auf dem Tisch lag, und schlug die Zeitung auf. Nur eine Sekunde später ließ sie sie fallen, als hätte sie sich daran verbrannt. Ihr Atem ging schwer, und ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt.
Stirnrunzelnd starrte sie die strahlend schöne dunkelhaarige Frau an, deren Foto ihr vom Titelbild der Zeitung entgegenlächelte. Sie war eine makellose, perfekte Schönheit. Die fein geschwungenen zartroten Lippen bildeten einen hübschen Kontrast zur milchigen Blässe ihrer Haut. Doch das Faszinierendste an dieser Frau waren ihre eigentümlichen wasserfarbenen Augen, die einem das Gefühl vermittelten, dass sie direkt bis auf den Grund der Seele eines jeden Menschen blicken konnten.
Stina erschauderte. Sie konnte sich nicht erklären, warum das Bild einer wildfremden Frau eine so heftige Reaktion in ihr hervorrief. Was hatte das zu bedeuten?
Hatte sie diese Frau in
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