Das Haus am stillen See: Mittsommerglück (German Edition)
endlich mal wieder unter Menschen zu kommen.”
“Wirklich? Dabei bist du doch gestern Abend erst angereist. Mir jedenfalls gefällt es hier am See eigentlich sehr gut. Es ist so schön ruhig und friedlich. Außerdem ist die Umgebung einfach atemberaubend, findest du nicht. Na gut, ein wenig einsam ist es schon, aber …”
“Ja, ja, so hast du früher auch immer geredet. Bis …” Demi verstummte. “Ach, ist ja auch egal. Auf jeden Fall würde ich sterben für eine Portion Linguine mit Lachs-Sahnesauce bei diesem eleganten Italiener hier im Ort … Wie hieß er denn noch gleich …”
“Da Luigi?”
“Ja, genau der ist es! Gibt es den wirklich noch? Ach, da waren wir ja schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr. Warum eigentlich? Na ja, ich erinnere mich jedenfalls noch daran, wie wir früher dort gegessen und dann noch stundenlang geredet haben. Ich meine, Margrits Hausmannskost ist ja ganz nett, aber manchmal steht mir der Sinn dann doch nach etwas … na ja, Kultivierterem.”
“Willst du … ich meine, Patrick und ich würden uns sehr freuen, wenn du uns begleitest.”
Demis Augen weiteten sich. “Ist das dein Ernst? Und du glaubst, Patrick ist damit einverstanden?”
“Natürlich”, erwiderte Stina, doch ihr war deutlich anzusehen, dass ihr unbehaglich zumute war. “Wir würden uns wirklich sehr freuen.”
“Na gut, wenn du darauf bestehst.” Demi schenkte der Frau ihres Cousins ihr strahlendstes Lächeln. “Dann muss ich mich aber unbedingt noch ein bisschen zurechtmachen.” Sie zupfte umständlich am Saum ihres Designerblazers herum, so als stamme er geradewegs aus der Altkleidersammlung. “So kann ich ja wohl kaum vor die Tür gehen.”
“Wenn du meinst”, sagte Stina und lächelte schwach. “Patrick und ich warten dann im Wohnzimmer auf dich.”
Nachdem Stina gegangen war, rieb Demi sich zufrieden die Hände. Alles lief genau so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Patricks Ehefrau war so sanft und zutraulich wie ein Lämmchen. Sie zu manipulieren, war das reinste Kinderspiel. Das war schon immer so gewesen, und es hatte sich offensichtlich auch durch Stinas unfallbedingte Amnesie nichts daran geändert.
Überhaupt, dieser Unfall. Demi regte es jetzt noch auf, wenn sie nur darüber nachdachte. Dabei spielte Mitleid oder gar Sorge jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Ganz im Gegenteil, Demi war vor Wut beinahe an die Decke gegangen, als sie davon erfahren hatte. Denn dass Stina ihr Gedächtnis verloren hatte, bedeutete für sie, Demi, dass die Arbeit von Wochen, ja Monaten umsonst gewesen war.
Dabei hatte alles so gut begonnen. Es war schon fast lächerlich einfach gewesen, Stinas Vertrauen zu gewinnen. Danach genügten ein paar beiläufige Bemerkungen, um sie davon zu überzeugen, dass ihr Ehemann ihr untreu war. Und dass Patrick beruflich so stark eingespannt war, hatte ihr, Demi, noch in die Hände gespielt. Leise lachte sie in sich hinein. Sie hatte niemals direkt ausgesprochen, dass sie an Patricks Treue zweifelte. Das war auch gar nicht nötig gewesen. Sie hatte Stina nur hin und wieder einen kleinen Anstoß geben müssen, der Rest war von ganz allein gegangen.
Am Ende war es ihr tatsächlich gelungen, Stina glauben zu machen, dass ihr Mann sich heimlich mit einer anderen Frau traf. Was für ein absurder Gedanke. Selbst Demi war von Anfang an klar gewesen, dass Patrick seine Ehefrau liebte. Lieber Himmel, er vergötterte Stina ja förmlich. Ein Grund, warum Demi sie so sehr verabscheute.
Demi hatte schon als Teenager davon geträumt, Patrick zu heiraten. Dass dieser niemals auch nur das geringste Interesse an ihr gezeigt hatte, war für sie kein Hinderungsgrund. Sie hatte es als sportliche Herausforderung betrachtet, wenn er ihr die kalte Schulter zeigte, und war stets davon ausgegangen, dass er sie früher oder später vor den Traualtar führen würde.
Was sprach auch dagegen? Demi hielt nichts von Menschen, die ihre Vorzüge herunterspielten, denn das war ihrer Meinung nach ein Zeichen von mangelndem Selbstbewusstsein – und darunter litt sie nun wirklich nicht. Sie war schön, gerissen, und sie wusste, was sie wollte. Und wenn andere Leute sie deshalb für eingebildet und oberflächlich hielten, dann kümmerte sie das herzlich wenig.
Und dann war Stina auf der Bildfläche erschienen und hatte mit einem Schlag ihre schönen Traumschlösser zum Einstürzen gebracht. Hätte sie sich das wirklich bieten lassen sollen? Auch wenn es ihr nicht gelungen war, eine Heirat
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