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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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gutgefüllte schwarze Mülltüte hinter sich herschleifend, zur Scheune.
    Dort fand sie Kelly Cornelius, die mit verzweifelter Miene und gut sichtbar für jeden, der hier vorbeikam, auf der Stoßstange des Landrover hockte.
    »Komm«, sagte Feenie. »Hast du deinen Rucksack? Ich bringe dich anderswo unter, bevor dich die ganze Welt sieht.«
    »Schön. Aber ich verstehe nicht, warum ich nicht gleich ins Haus konnte«, maulte Kelly und folgte ihr durch das rückwärtige Tor der Scheune.
    »Du wirst auch jetzt nicht ins Haus kommen«, erklärte Feenie und schritt entschlossen voran. »Wie ich dir bereits erklärt habe, wird dein Foto in der Presse erscheinen, wenn du dich heute nicht meldest. Und das Haus mag dir als
ultima Thule
erscheinen, aber es herrscht ein stetiges Kommen und Gehen von Briefträgern, Lieferanten, popeligen Gemeindevertretern, die mich davor bewahren wollen, ins Meer zu stürzen, und neugierigen Provinzeulen, die Bestandslisten der Dinge anfertigen, die sie vor dem drohenden Verfall retten könnten. Hinzu kommt noch die wirre Wendy, meine neue ehrenamtliche Mitarbeiterin, die anscheinend gern herumschnüffelt und sich unsichtbar machen kann. Also brauchen wir ein sicheres Versteck für dich.«
    »Ah ja? Und was schlägst du vor?«
    »Den Kommandoposten.«
    Kelly blieb abrupt stehen.
    »Der Kommandoposten? Da willst du mich unterbringen? Kommt nicht in Frage!«
    »Meine Liebe, das ist vollkommen ungefährlich. Ich gebe zu, Wasser und Strom sind gesperrt, aber das Wetter ist gut, und in diesem Müllsack findest du einen Schlafsack, Wasser, Brot, Käse, Äpfel, Kerzen, Toilettenpapier und eine stark gekürzte Ausgabe von Gibbons
Geschichte des Verfalls und Untergangs des Römischen Reiches.
Nach der Untersuchungshaft muß das der Gipfel des Komforts sein.«
    »Da ist mir der Knast lieber. Oder ich versuch’s noch mal in der Scheune bei den Ratten.«
    Feenie sah sie forschend an.
    »Warum eigentlich? Normalerweise läßt du dich nicht durch ein wenig Abgeschiedenheit und Unbequemlichkeit abschrecken. Und du mußt an einem sicheren Ort übernachten, wo dich garantiert niemand sieht.«
    »Das ist es ja!« rief Kelly, als würde sie einen Rettungsring sehen. »Dieser Ort ist alles andere als sicher, oder? Ich meine, er liegt weit hinter den Warnschildern der Gemeinde, fast schon im Meer.«
    »Was wissen denn die Idioten von der Gemeinde?« sagte Feenie ungeduldig. »Mein Vater hat das Gelände gründlich untersuchen lassen, und herausgekommen ist, daß der Pavillon auf einem Granitblock steht. Zumindest größtenteils. Er könnte also ein wenig absacken, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er ins Meer rutscht, solange der Sandstein rundherum nicht völlig weggewaschen ist, und dazu sind noch ein paar größere Stürme nötig. Die Wettervorhersage für die nächsten vierundzwanzig Stunden ist gut, und morgen bist du wieder fort. Also stell dich nicht so an. Bringen wir dich in Sicherheit, bevor Mrs. Woolly zurückkommt.«
    Wieder schritt sie energisch voran, und Kelly trottete unglücklich hinter ihr her wie ein Kind, das durchs Einkaufszentrum geschleift wird, obwohl es lieber daheim bei seinen Spielsachen wäre.
    Mungo Macallum hatte sich einfallen lassen, Gunnery House an der Rückseite mit einer Terrasse aus weißem Marmor zu schmücken, die aussah wie der Boden einer gewaltigen Hochzeitstorte. Von ihr aus gelangte man in einen einst kunstvoll angelegten Garten, der jetzt ein trauriges Bild der Verwahrlosung bot. Durch die verfallene Anlage mäanderte der Weg, dem die beiden Frauen folgten, Richtung Osten zu einer verwilderten Rhododendrongruppe. Kurz bevor sie dort anlangten, galt es, sich unter einem Netz aus roten fluoreszierenden Plastikbändern hindurchzuducken, das zwischen Metallstäben gespannt war. Etwa an jedem fünften dieser Stäbe hing ein Schild mit dem Totenkopfsymbol nebst gekreuzten Knochen und der Aufschrift GEFAHR !, darunter stand in fetten Lettern die Mahnung der zuständigen Behörde zu lesen, wegen Erdrutschgefahr sei es streng verboten, das Gelände zu betreten.
    Jenseits der Rhododendronbüsche war der Garten jäh zu Ende. Hier hatte das Meer, das an den weichen Sandsteinklippen nagte, eine gezackte Küstenlinie geschaffen, über die sich Büsche, Bäume und sogar eine Spalierrose mit üppigen roten Blüten trunken neigten.
    Auf der äußersten der so entstandenen Landzungen stand ein länglicher, niedriger Betonbau, der an einen griechischen Tempel erinnerte, dessen

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