Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
kannst du den Laden kein halbes Jahr halten. «
Betroffen schüttelte Iolana den Kopf. » Oh, Elsa, Elsa. « Mehr sagte sie nicht, griff nach der Petroleumlampe und wollte sich an ihrem Gegenüber vorbeidrängen.
Elsa gab jedoch nicht nach. Sie wusste selbst nicht, was sie damit bezweckte und wohin das alles führen sollte. Ihr war danach, wild um sich zu schlagen â eigentlich nur im verbalen Sinn. Aber als es zum Körperkontakt mit Iolana kam, stieà sie die Freundin zurück, holte mit dem Arm weit aus und schlug ihr dabei die Petroleumlampe aus der Hand.
Die Lampe prallte gegen eine Wand, das Glas zerbrach, und das auslaufende Petroleum setzte einen japanischen Paravent in Brand.
Einige Sekunden lang blickten Elsa und Iolana ungläubig in die hochschlagenden Flammen, als wäre das, was sie da sahen, nicht real. Dann reagierte Elsa.
» Wasser, schnell. «
Iolana lief zu den Mineralwasserflaschen, während Elsa das Feuer mit einer Tuchserviette auszuschlagen versuchte. Als Iolana mit dem Wasser kam, hatten die Flammen bereits auf eine der Säulen übergegriffen, und ätzender Rauch breitete sich aus.
» Wir müssen sofort hier raus! « , rief Iolana.
» Nein! « , schrie Elsa. » Nein. Das darf nicht sein! «
Die Tuchserviette vor den Mund gepresst, leerte sie eine Flasche nach der anderen über dem Feuer aus. SchlieÃlich schleuderte sie einige Flaschen gegen die Wand, wo sie zerbarsten und die Flammen an einigen Stellen tatsächlich löschten.
Längst brannte ein Teil der Decke, das Palmstroh loderte auf und fiel zu Boden, wo es Stuhlpolster, Tischtücher und Servietten in Brand setzte, die die Flammen sofort weitertrugen.
» Iolana? Iolana? «
Der Rauch brannte Elsa in den Augen. Ohnehin sah sie gut wie nichts mehr.
Es war vorbei. Das Feuer war nicht mehr aufzuhalten.
Sie torkelte in Richtung Ausgang und stieà dabei auf Iolanas reglosen Körper.
» Wach auf! Wach auf! «
Elsa glaubte zu ersticken. Nach einem letzten tiefen, verzweifelten Atemzug hielt sie Mund und Nase geschlossen. In ihrer Kehle brannte die heiÃe, verdorbene Luft.
Mit aller Kraft zog sie Iolanas grazilen Körper von der Stelle. Doch nach wenigen Metern schwanden auch Elsa die Sinne.
» Ich schaffe es nicht allein! Ich schaffe es nicht! Iolana, hilf mir! Du musst mir helfen. Wach auf. « Dann wiederholte sie flehentlich und immer schwächer: » Bitte, Iolana. Bitte wach auf. «
Inzwischen war aus dem Brand ein Inferno geworden. Das gesamte Palmstroh an der Decke sprühte Funken, versengte, fiel glühend zu Boden, legte sich heià auf Elsas Haut, lieà sie aufschreien â¦
Elsa musste sich entscheiden. Noch war sie bei Bewusstsein, und bis ins Freie waren es nur drei, vier Meter. Aber das hieÃe, Iolana zurückzulassen. Und für immer mit der Schuld zu leben.
Nein!
Obwohl Elsa müde, kraftlos und gebrochen war, blieb sie da. Sie legte sich neben Iolana, das Gesicht zur Erde gerichtet, die Hand auf Iolanas Hinterkopf, auf den langen, schwarzen, glänzenden Haaren, die ihr immer wie ein lackierter Rahmen für den Inbegriff von weiblicher Schönheit und Sinnlichkeit vorgekommen waren.
Iolana hustete. Dann noch einmal.
Mit letzter Kraft rappelte Elsa sich auf.
» Iolana. «
Mehr bewusstlos als bei Sinnen zog sie ihre Freundin unter deren schwacher Mithilfe ins Freie, wo einige Einheimische sie empfingen und in Sicherheit brachten.
A llein
Am Morgen nach dem Feuer erwachten Elsa und Iolana nebeneinander in der Hüttenpraxis von Max, wo der Mediziner sie über ihren Zustand aufklärte. Abgesehen von einigen leichten Verbrennungen waren sie äuÃerlich unversehrt, hatten allerdings eine Rauchvergiftung davongetragen, die nicht behandelt, sondern nur ausgestanden werden konnte. Er gab ihnen etwas, um die damit einhergehenden Krämpfe und das Erbrechen zu lindern. AuÃerdem legte er ihnen ein striktes Sprechverbot auf, da ihre Kehlen hochgradig gereizt waren. Das führte dazu, dass jede von ihnen mit ihren Gedanken allein war.
Max verhielt sich absolut professionell, er behandelte beide Frauen als gleichwertige Patientinnen. Für Iolana hatte er jedoch Berührungen übrig, die Elsa nicht zuteilwurden, und seine Stimme hatte ein zärtliches Timbre, wenn er mit der Polynesierin sprach, wohingegen sie Elsa gegenüber reserviert, beinahe metallisch klang. Er konnte nicht wissen, was
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