Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
zwischen den beiden im Café vorgefallen war und dass Elsa durch ihren Zorn den Brand verursacht hatte. Doch brauchte er nur in ihre Augen zu sehen â und in Iolanas â, um es zu erahnen.
Iolana verweigerte Elsa jeden Blickkontakt, weshalb die Samoanerin Höllenqualen litt. Sie hatte es wirklich geschafft, alles zu zerstören, woran ihr Herz gehangen hatte, und nach und nach wurde ihr die ganze Dimension des Schadens bewusst. Nichts würde mehr wie vorher sein. Max war für immer verloren, und die Familie aus Freunden, die Elsa in der Villa um sich geschart hatte, stand vor dem Auseinanderbrechen.
Auf eine Formel gebracht: Sie war wieder allein. Nichts weniger als das war passiert, und nichts weniger als das hatte sie gefürchtet.
Es war wie ein Fluch. Immer wieder verlieà oder verstieà sie das, was das Beste für sie war. Immer wieder war sie selbst ihr gröÃter Feind und dachte sich neue Strafen für sich aus.
Nicht zum ersten Mal ging ihr der Gedanke durch den Kopf, sich das Leben zu nehmen. Schon als Kind hatte sie derartige Phantasien gehabt, allerdings waren sie flüchtig wie wandernde Wolkenschatten gewesen, und bei der Abreise aus Deutschland war die dunkle Wolke sehr viel schwerfälliger über ihr hinweggezogen als damals. Diesmal blieb die Wolke sogar über ihr hängen. Keanu wäre bei Iolana in besten Händen. Paulette käme sehr gut ohne sie aus, im Grunde kämen alle gut ohne sie aus. Sie würde ihnen das ganze Geld hinterlassen, das es nicht geschafft hatte, sie glücklich zu machen, im Gegenteil â¦
Zwei Tage lang blieben Elsa und Iolana schweigend in der Praxis. Die einzige Abwechslung waren die Besuche von Paulette. Ihr trockener Humor fiel wie Kerzenlicht in die Finsternis.
» Ihr habt es bis in den Sonntagsgottesdienst geschafft « , sagte sie. » Der Pastor hat euch nicht nur erwähnt, sondern zum Hauptgegenstand seiner Predigt gemacht und Schimpf und Schande über euch ausgekippt. Euch ist gelungen, wovon ich immer geträumt habe. Was habe ich nicht alles dafür getan! Ich war wollüstig, ehrgeizig, gierig, eitel ⦠Und ihr zündet ein Streichholz an, und schwupps. Eigentlich wart ihr es ja gar nicht, meint Pastor Malone. Wusstet ihr schon, dass Gott das Café niedergebrannt hat? Er hat ganze Arbeit geleistet, es ist fast nichts übrig. AuÃer ⦠«
Sie schmunzelte.
» Weil die Leute, die beim Löschen geholfen haben, die Eimer mit Wasser fast ausnahmslos gegen die Eingangspforte gekippt haben, steht sie noch. Dadurch sind auch unsere Aktporträts erhalten geblieben. Sie haben kaum etwas abbekommen. Gott scheint Geschmack zu haben. Was meint ihr, soll ich Pastor Malone ein entsprechendes Brieflein schreiben? «
Bei ihrem zweiten Besuch sagte sie: » Hört mal, ihr müsst eure Differenzen beilegen, egal wie. Ich lasse nicht zu, dass wir uns wegen eines Mannes zerstreiten, das ist der dümmste Grund, den es gibt. Tragt einen Ringkampf aus, wenn es sein muss. Oder veranstaltet ein Wettsaufen ⦠Ach nein, das geht nicht, da bist du ja im Vorteil, Elsa. Wie auch immer, rauft euch gefälligst zusammen. Wir haben zu viel durchgemacht, und wir haben noch zu viel vor, um uns wegen dem Schwanz von einem Doktor zu trennen. «
Als die beiden Frauen sie befremdet bis empört ansahen, musste Paulette lachen.
» Endlich bekomme ich mal eine Reaktion von euch. Ich habe schon geglaubt, ihr wärt mumifiziert, so steif wie ihr daliegt. Wenn ich morgen wiederkomme, will ich, dass ihr euch die Hand gebt, kapiert? «
Bevor Paulette den dritten Besuch absolvieren konnte, erklärte Max Elsa und Iolana für weitgehend geheilt, sodass sie die Praxis verlassen durften.
Ihr erster Weg führte sie zu dem eingestürzten, verkohlten Café, wo sie wie vor einem Grab standen, stumm. Nach einer Weile reichte Iolana Elsa die Hand.
Elsa sprach die ersten Worte seit Tagen. Noch immer heiser, sagte sie: » Nein, Iolana, das ist mir zu einfach. So billig darf ich nicht davonkommen. Ich muss dafür büÃen. «
Iolana, deren Stimme noch nicht wiederhergestellt war, verneinte stumm und mit Tränen in den Augen.
» Es muss sein « , beharrte Elsa. » Für dich ist das vielleicht nicht wichtig, aber für mich. Ich habe nur eine Bitte: Hilf mir dabei. «
Eine Stunde später trafen sie, für Paulette überraschend, in der Villa ein.
» Oh, Max hat euch
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